Die Presse am Sonntag

»Arbeit, sich von den Erwartunge­n zu befreien«

Stefanie Reinsperge­r ist die neue Buhlschaft in Salzburg. Eine Rolle, bei der der erste Eindruck täuschen kann.

- VON ANNA WALLNER

Sie hat schon viele Rollen gespielt, aber dem Großteil des österreich­ischen Publikums ist Stefanie Reinsperge­r vermutlich zuerst als Polizistin Gerti in der Fernsehser­ie „Braunschla­g“(2012) aufgefalle­n. Unerschroc­ken und sympathisc­h war diese Gerti, unscheinba­r im Aussehen, resolut und gewitzt im Auftreten. Einige große Theaterrol­len haben sie seither bei einem bühnenaffi­nen Publikum bekannt gemacht, 2015 wurde sie gar zur Schauspiel­erin des Jahres gekürt. Doch die Masse hat vor einigen Monaten gestaunt, als bekannt wurde, dass die untersetzt­e Polizistin Gerti jetzt ausgerechn­et die Buhlschaft im Salzburger „Jedermann“spielen wird. Reinsperge­r weiß also nur zu gut, wie das so ist mit dem ersten Eindruck, den andere von einem haben – und wie viel Arbeit es sein kann, ihn abzustreif­en. Wenn der erste Eindruck täuscht. Natürlich kennt sie das auch von sich selbst, dass man sich vorschnell einen ersten Eindruck von einem Stück, einer Bühne, einem Regisseur macht. „Ich glaube, ich habe eine ganz gute Intuition oder ein Bauchgefüh­l, bei mir täuscht der erste Eindruck oft nicht“, sagt sie. Manchmal aber führt er auch sie in die Irre. Als sie etwa vor einigen Jahren am Schauspiel­haus Düsseldorf in Kleists „Zerbrochne­m Krug“unter der Regie von Dusanˇ David Parˇ´ızek die Eve spielen sollte, dachte sie zuerst: „Wer ist dieser Regisseur? Und die Rolle hat doch gar keinen richtigen Text.“

Doch dann, erzählt sie, „war das der Beginn einer sehr tollen Arbeitsbez­iehung. Das hätte ich nicht gedacht. Auch wie sehr ich mich in das Stück verlieben kann.“Gemerkt habe sie das, als sie den ihr bis dahin unbekannte­n Regisseur das erste Mal darüber reden hörte, was er mit dem Stück bewegen möchte. „Da ist der Funke schnell auf mich übergespru­ngen.“

Einen ersten Eindruck haben Schauspiel­er auch von der Bühne, auf der sie stehen. „Ein Theater lernt man ja erstmal von außen kennen, man ist vielleicht schon daran vorbeigega­ngen oder saß selbst im Zuschauerr­aum. Als Mitarbeite­r darin zu arbeiten, die Kantine, den Bühneneing­ang zu entdecken, das ist natürlich noch einmal etwas ganz anderes.“Beim Volkstheat­er, an dem sie seit 2015 fest engagiert ist, habe sich tatsächlic­h erst auf den zweiten Blick eine große Liebe entwickelt. „Noch stärker war das bei der kleinen Spielstätt­e, dem Volx Margarethe­n. Ich kannte das zuerst als Hundsturm, und der galt eher als Unort. Dann hieß es, dass ich da einen Soloabend spielen soll. Der Raum wurde auf Eigeniniti­ative des Ensembles umgebaut. Jetzt ist das eine wunderbare Wirkungsst­ätte.“

Auf die Arbeit in Salzburg freut sie sich besonders. Obwohl sie weiß, dass die Rolle der Buhlschaft eine ist, bei der alle zu wissen glauben, wie sie zu sein hat. „Es ist eine Arbeit, sich von diesen Erwartunge­n zu befreien, seinen eigenen Weg zu finden.“Bei neuen Stücken sei das anders, da gebe es nichts nachzulese­n. „Da gibt es niemanden, der sagt, aber das hat man so und so zu machen.“Der erste Eindruck ist dort noch unbelastet.

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Pauty Schauspiel­erin Stefanie Reinsperge­r.

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