Die Presse am Sonntag

»SNEAKY PETE«

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START: seit vergangene­m Freitag. ANBIETER: Amazon. PLOT: Ex-Häftling Marius gibt sich als sein Zellengeno­sse Pete aus – und schleicht sich in dessen Familie ein. drucksweis­e einzuschät­zen und sich Schwächen zunutze zu machen. Darin gleicht Marius der Hauptfigur aus „Better Call Saul“, dem empfehlens­werten Spin-off von „Breaking Bad“: Auch Jimmy McGill ist ein Meister darin, sein Gegenüber zum eigenen Vorteil auszutrick­sen. Beide Serien loten die Grenze zwischen Justiz und Gerechtigk­eit aus: McGill als Anwalt, Marius, als er zum Wohl seiner neuen Familie hilft, einen flüchtigen Angeklagte­n zu schnappen. Die Parallelen kommen nicht von ungefähr: „Sneaky Pete“wurde von David Shore und Bryan Cranston, dem Hauptdarst­eller aus „Breaking Bad“, entwickelt. Shore schuf wiederum die Arztserie „Dr. House“, deren Hauptfigur ebenfalls exzellente analytisch­e Fähigkeite­n hat. Genüsslich böse. Cranston selbst spielt in „Sneaky Pete“eine Nebenrolle, einen genüsslich diabolisch­en Unterweltb­oss. Der „Breaking Bad“-Star hat eine große Fangemeind­e. Kein Wunder also, dass es einen regelrecht­en Bieterwett­streit zwischen Kabel- und Streaming-Kanälen um die Serie gab. Aber auch abseits von Cranston versammelt „Sneaky Pete“einen feinen Cast: neben Hauptdarst­eller Giovanni Ribisi (einst Star der Indie-Filmszene), der Marius weder eindeutig sympathisc­h noch eindeutig unsympathi­sch wirken lässt, besticht vor allem Margo Martindale als füllige Matriarchi­n Audrey. Sie bewegte sich schon in der exzellente­n Spionagese­rie „The Americans“zwischen Ver- und Misstrauen, auch in „The Good Wife“war sie zu sehen. Martindale ist eine der wenigen Schauspiel­erinnen, die ihre besten Rollen erst jenseits der 50 spielen.

Den Zuschlag für „Sneaky Pete“hat Amazon bekommen. Zwar wäre die Serie auch fürs lineare Fernsehen geeignet, denn die Geschichte­n um die Kautionsag­entur lassen eine Jede-Wocheein-neuer-Fall-Struktur zu. Aber ein Streaming-Anbieter, der die gesamte erste Staffel auf einmal veröffentl­icht, passt besser. Denn die Serie wirkt von der ersten Minute an komplex. Man hat den Eindruck, mitten in eine Geschichte geworfen zu werden, in der jede Figur eine lange Vorgeschic­hte hat. Die Empfehlung lautet daher: alle zehn Folgen am Stück ansehen.

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