Die Presse am Sonntag

Mediale Schockwell­en in Trumpland

Die ÄrŻ ©es neuen Pr´si©enten l´utete eine Frontversc­hieãung in ©er US-Medienbran­che ein. Megyn Kelly un© GretŻ VŻn Susteren verst´rken Fox News’ linksliãer­Żle Konkurrenz, ©er MŻrkt für rechtspopu­listische BuchŻutore­n könnte schrumpfen.

- VON OLIVER GRIMM

Für die Fans des konservati­ven amerikanis­chen Nachrichte­nsenders Fox News begann das neue Jahr mit einer herben Überraschu­ng. Die zwei prominente­sten Frauen des rechtskons­ervativen Nachrichte­nsenders machten ihren Wechsel zur linksliber­alen Konkurrenz bekannt. Megyn Kelly, jahrelange Quotenbrin­gerin und knallharte Interviewe­rin, gab überrasche­nd ihr Engagement bei NBC News bekannt. Kurz darauf lief auf dem linksliber­alen Schwesters­ender MSNBC – sozusagen dem Anti-Fox-News – die erste Folge von „For the Record with Greta“, der neuen Abendnachr­ichtenscha­u mit Greta Van Susteren, die 14 Jahre lang in einem gleicharti­gen Format auf Fox News Politiker beider Parteien knochentro­cken ausgefragt hatte.

Beide Male dürften die Folgen der im vorigen Jahr aufgedeckt­en zahlreiche­n Fälle sexueller Nötigung und Erpressung durch Fox-News-Gründer Roger Ailes eine Schlüsselr­olle gespielt haben. Ailes wurde von den Fox-Eigentümer­n, dem Murdoch-Clan, zwar mit einer Millionena­bfertigung die Tür gewiesen. Doch die chauvinist­ische Firmenkult­ur, die Ailes geschaffen hatte, in der Moderatori­nnen bloß als Blickfang in kurzen Röcken hinter transparen­ten Schreibtis­chen drapiert werden und man auch den lässig aus dem Är- mel geschüttel­ten Herrenwitz live auf Sendung nicht scheut, blieb erhalten. Männer wie Bill O’Reilly oder Sean Hannity, der sich stolz als „gottlob kein Journalist“bezeichnet und Wahlpropag­anda für Donald Trump machte, haben bei Fox News das Sagen. Für starke Frauen wie Kelly und Van Susteren, denen man trotz politische­r Schlagseit­e hohe Profession­alität zugestehen muss, war der Moment gekommen, in dem ein Absprung sich aufdrängte.

Trumps überrasche­nder Wahlsieg eröffnete diese Gelegenhei­t. Denn bei den Mainstream­medien begann man noch in der Wahlnacht darüber zu grübeln, wie man den großen Zuspruch zu einer nationalis­tisch-protektion­istischen Politik übersehen konnte, die dezidiert auf die Behutsamke­iten der politische­n Korrekthei­t verzichtet. Gerade für NBC News und MSNBC ist es redaktione­ll und kaufmännis­ch dringend erforderli­ch, sich für einen Teil des Publikums interessan­t zu machen, der doch größer ist als oft angenommen. Die 46-jährige Kelly, die sich mit ihrer unerschütt­erlichen Befragung Trumps landesweit Respekt erarbeitet, aber auch Morddrohun­gen von Trump-Fans eingehande­lt hat, ist für diese strategisc­he Neuausrich­tung ein Glücksgrif­f. Sie hatte schon länger den Wunsch geäußert, abends weniger zu arbeiten, um mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen zu können. NBC lässt sie nun eine Nachmittag­ssendung gestalten und will sie situativ für Großereign­isse einsetzen. Kelly nimmt dafür vermutlich Gehaltsein­bußen in Kauf, denn NBC News kann ihr sicher nicht die Jahresgage von 20 Millionen Dollar anbieten, die ihr der Branchenpr­imus Fox News für einen unterschri­ftsreifen neuen Vertrag gezahlt hätte. Ohne Clintons kein Absatz. Auch der Markt für politisch-polemische Sachbücher, der in den USA deutlich größer ist als in Europa, wird angesichts Trumps Präsidents­chaft einen Wandel erfahren. Der Abtritt der Clintons von der politische­n Bühne beraubt Heerschare­n rechtspopu­listischer Autoren ihrer Zielscheib­e. Zwar hat der extrem rechte Internetpr­ovokateur Milo Yiannopoul­os kürzlich einen sechsstell­ig dotierten Vertrag bei einer Tochterfir­ma von Simon & Schuster erhalten. Doch mit einem Republikan­er im Weißen Haus und den Clintons im politische­n Abseits lassen sich Streitschr­iften über die angebliche linksliber­ale Elitenvers­chwörung schwerer verkaufen. „Die Stimmung in unserem Markt ist ganz, ganz anders mit Trump als Präsident, als sie es mit Hillary Clinton gewesen wäre“, sagte Marji Ross vom rechtskons­ervativen Verlag Regnery neulich zur „New York Times“.

Viele US-Me©ien reŻgieren ©ŻrŻuf, ©Żs Ph´nomen Trump üãersehen zu hŻãen.

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ImŻgo Megyn Kelly hat sich im jüngsten US-Wahlkampf auch bei Gegnern von Fox News Anerkennun­g für ihren Widerstand gegen Donald Trump erarbeitet.

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