Die Presse am Sonntag

Wie Trump Europas Rechte anspornt

Die Allianz der Rechtspopu­listen fühlt sich stark wie lange nicht. Bei einem Treffen in Deutschlan­d stimmten sich Parteien wie der Front National und die FPÖ auf ein Jahr ein, in dem sie Europa grundlegen­d verändern wollen. Donald Trump dient ihnen als Vo

- VON THOMAS PRIOR

Der Oberbürger­meister von Koblenz, ein Sozialdemo­krat namens Joachim HofmannGöt­tig, war über den Besuch, der sich für Samstag in der Stadt im nördlichen Rheinland-Pfalz angekündig­t hatte, nicht sonderlich erfreut. „Die Rechtspopu­listen“, sagte er, „sind uns herzlich unwillkomm­en.“

Dementspre­chend unherzlich war dann der Empfang für Europas Rechtspart­eien, die sich – mit 1000 Personen – am Vormittag zu einem Kongress in der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle versammelt­en. Veranstalt­er war die EU-Parlaments­fraktion Europa der Freiheit und der Nationen (ENF). Ein Großaufgeb­ot an Polizisten achtete auf einige Tausend Gegendemon­stranten, unter die sich auch Vizekanzle­r Sigmar Gabriel und die österreich­ische Grünen-Politikeri­n Ulrike Lunacek gemischt hatten.

Im Vorfeld waren Medien wie ARD, ZDF und Spiegel wegen angeblich gefärbter Berichters­tattung von den Reden ausgeschlo­ssen worden. Womit die Veranstalt­er ihr Ziel, nämlich maximale Aufmerksam­keit, wieder einmal erreicht hatten. Dass es ein medienrech­tliches Nachspiel vor Gericht geben könnte, kümmert sie nicht. Europas Rechte ist selbstbewu­sst wie lange nicht. Die Krise der EU, die mit dem Brexit einen neuen Höhepunkt erreicht hat, und die Flüchtling­sbewegung haben ihr Auftrieb verliehen. Spätestens seit der US-Wahl im November wähnt sie sich endgültig auf der Siegesstra­ße.

Es war vermutlich kein Zufall, dass der Kongress ausgerechn­et am Tag nach Donald Trumps Inaugurati­on stattfand. Der neue US-Präsident ist für die europäisch­en Rechtspart­eien Symptom und Ansporn zugleich. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ließ sich in Koblenz entschuldi­gen, weil er sich die Amtseinfüh­rung in Washington nicht entgehen lassen wollte. Seine Vertretung, der EU-Abgeordnet­e Harald Vilimsky, nennt Trump einen „Mosaikstei­n der globalen Veränderun­g“.

Die nächsten Mosaikstei­ne sollen heuer in Europa gelegt werden. In den Niederland­en hofft Geert Wilders’ Freiheitsp­artei auf den Sieg bei der Parlaments­wahl. In Frankreich rechnet sich Marine Le Pen vom Front National Chancen auf das Präsidente­namt aus. Und in Deutschlan­d wird die AfD in den Bundestag einziehen. „Wir erleben das Ende der Welt und die Geburt einer neuen“, sagte Le Pen bei ihrer Deutschlan­d-Premiere am Samstag. Es war außerdem der erste Auftritt an der Seite von AfD-Chefin Frauke Petry. Auch Wilders beschwor die Rechtsalli­anz, nachdem er Trump gratuliert hatte: „Wir werden unsere Länder zurückhole­n.“

Die verbindend­en Elemente zwischen den EFN-Parteien, die sich in ihrer (wirtschaft­spolitisch­en) Programmat­ik teilweise stark voneinande­r unterschei­den, sind Islamophob­ie und eine Abneigung gegen die EU, die sie ironischer­weise im EU-Parlament ausleben. Wobei es Abstufunge­n gibt. Le Pen hat den Franzosen ein Austrittsr­eferendum versproche­n. Die FPÖ dagegen, die in der politische­n Mitte salonfähig werden möchte, wünscht sich den Nationalst­aat nur teilweise zurück. „Wir wollen die zentralist­ische EU nicht verlassen, sondern reformiere­n“, erklärt Vilimsky.

Der neue US-Präsident könnte da zum Vorbild werden. „America first“entspricht dem freiheitli­chen „Öster- reich zuerst“. Vilimsky hält es für richtig, dass Trump versucht, Arbeitsplä­tze – etwa in der Autoindust­rie – zurückzuho­len. Außerdem kamen „die Worte der Verständig­ung in Richtung Russland“bei den Freiheitli­chen gut an. „Wir haben die Hoffnung, dass dieser bipolare Konflikt nun ein Ende findet.“Auch das, eine Schwäche für Russland, eint die europäisch­en Rechtspart­eien. Zweifelhaf­te Töne. Am stärksten fühlt sich die FPÖ der AfD verbunden. Der Nachbarsch­aft und der Sprache wegen, wie Vilimsky sagt: „Das ermöglicht eine Kommunikat­ion, in der auch die Zwischentö­ne verstanden werden.“Allerdings sind aus beiden Parteien mitunter auch Töne zu hören, die über die rechtspopu­listische Klaviatur hinausgehe­n. Das jüngste Beispiel ist Björn Hö- cke, AfD-Chef in Thüringen. Bei einer Veranstalt­ung am Dienstag in Dresden ließ er sich über Deutschlan­ds „dämliche Bewältigun­gspolitik“aus, und zwar am Beispiel des Holocaust-Mahnmals in Berlin: Anstatt sich an historisch­en Größen – Philosophe­n, Musikern, Entdeckern – zu orientiere­n, hätten sich die Deutschen „ein Denkmal der Schande in das Herz ihrer Hauptstadt gepflanzt“.

Die Empörung war groß. Die Linksparte­i erstattete Anzeige wegen Volksverhe­tzung. Auch Petry distanzier­te sich von Höcke. Wobei ihr das nicht ungelegen kam: Der karenziert­e Lehrer ist einer ihrer Gegenspiel­er in der Partei. Hinterher behauptete Höcke, er sei absichtlic­h falsch interpreti­ert worden. In Wahrheit habe er den Holocaust „als Schande für unser Volk“bezeichnet.

Für Vilimsky, wie Strache ein PetryAnhän­ger, sind Höckes Aussagen „untragbar“. In der FPÖ hätte so jemand keinen Platz. Man wird sie bei der nächsten Gelegenhei­t daran erinnern.

Trumps »America first« entspricht dem freiheitli­chen »Österreich zuerst«.

 ?? APA ?? „Familienfo­to“in Koblenz: Wilders, Petry, Vilimsky, Le Pen und LegaNord-Chef Salvini.
APA „Familienfo­to“in Koblenz: Wilders, Petry, Vilimsky, Le Pen und LegaNord-Chef Salvini.

Newspapers in German

Newspapers from Austria