Türkei: Parlament billigt Erdogans˘ Präsidialsystem
Die notwendige Dreifünftelmehrheit wurde mit den Stimmen der UltrŻnŻtionŻlisten erzielt. Im März soll das Volk darüber abstimmen.
AnkŻrŻ. Die von Staatschef Recep Tayyip Erdogan˘ angestrebte Verfassungsreform für ein Präsidialsystem in der Türkei ist in der Nacht auf Samstag vom Parlament verabschiedet worden. Die notwendige Dreifünftelmehrheit von mindestens 330 Stimmen wurde auch mithilfe von Abgeordneten aus der ultranationalistischen Oppositionspartei MHP erzielt. In Kraft treten die Änderungen aber erst, wenn das Volk in einem Referendum zustimmt.
Während der fast zweiwöchigen Parlamentsdebatte über die Verfassungsänderungen kam es zu hitzigen Auseinandersetzungen und zu Schlägereien im Parlament. Über die 18 Artikel wurde jeweils einzeln in zwei Lesungen abgestimmt. Sie alle erhielten – wie am Schluss auch das Gesamtpaket – die notwendige Dreifünftelmehrheit. 339 Abgeordnete stimmten dafür, 142 waren dagegen.
Zu der Volksabstimmung, bei der nur noch eine einfache Mehrheit notwendig ist, soll es voraussichtlich Ende März oder Anfang April kommen. Die Umsetzung der Verfassungsreform soll schrittweise erfolgen und bis Ende 2019 vollständig abgeschlossen sein. Das Präsidialsystem würde Erdogan˘ deutlich mehr Macht verleihen und das Parlament schwächen. Der Präsident würde zugleich als Staats- und Regierungschef amtieren und könnte weitgehend per Dekret regieren. Sein Einfluss auf die Justiz würde weiter zunehmen. Theoretische Amtszeit bis 2034. Die Amtszeiten des Präsidenten wären zwar weiterhin auf zwei begrenzt, die Zählung würde unter dem neuen Präsidialsystem aber mit der für November 2019 geplanten Wahl neu beginnen. Theoretisch könnte Erdogan˘ durch eine Hintertür in den Verfassungsänderungen bis zum Jahr 2034 im Amt bleiben, wenn er die jeweiligen Wahlen gewinnt.
Erdogan˘ führt an, dass das Präsidialsystem der Türkei Stabilität bringen würde. Der Chef der kleinsten Oppositionspartei MHP, Devlet Bahceli, und weitere MHP-Abgeordnete unterstützten die Reform im Parlament. Ministerpräsident Binali Yildirim sagte nach der Abstimmung, er wünsche schon im Voraus, dass die Reform Glück und Segen für die Türkei bringe.