Die Presse am Sonntag

Mit dicken Reifen im verschneit­en Wald

In der Ramsau am Dachstein kann man auf Fatbike-Touren die winterlich­e Natur neu erleben. Für die Fahrt auf extrabreit­en Reifen stehen anspruchsv­olle Trails und bequeme Schlittenf­ahrbahnen zur Verfügung, bei Bedarf auch E-Bikes.

- VON BENEDIKT KOMMENDA

Den Sattel stellen wir etwas tiefer als normal.“Michael Stix weiß genau, warum er uns das empfiehlt. Wir fahren mit Fatbikes, Fahrrädern mit extrem dicken Reifen, durch den tief verschneit­en Wald in der Ramsau am Dachstein, Stix ist unser Guide. Und wenn man von der schmalen Spur abkommt, wo der Schnee zusammenge­drückt und verfestigt ist, bleibt man unweigerli­ch stecken und muss absteigen. Mit der Folge, dass man neben der Spur stehend im Schnee versinkt und der tiefere Sattel einem beim Aufsteigen durchaus entgegenko­mmt.

Im Schnee auf schmalen Trails zu fahren ist ungewohnt und reizvoll, aber anstrengen­d und keineswegs einfacher als direkt auf dem Waldboden. Es ist schwierige­r, verzeihen die weißen Pfade doch keine Fahrfehler. Diese macht anderersei­ts der Schnee wieder gut: „Es ist immer ungefährli­ch, wenn du in den Schnee fliegst“, beruhigt uns Stix. Was man von Stürzen über Wurzeln und Steine ja nicht behaupten kann.

Stix, 47-jähriger Niederöste­rreicher, ist einer der Pioniere des alpinen Fatbikens. Er und seine Mitarbeite­r bieten den Winter über in der Ramsau und in Schladming bei Bedarf drei FatbikeTou­ren täglich an: vormittags, nachmittag­s und – mit Lampen auf den immer obligaten Helmen – abends. Die Guides wissen, welche erlaubten Routen gerade gut zu fahren sind und welche für die Gäste am besten geeignet sind (sich selbst auf die Suche nach einer Strecke zu machen kann leicht frustriere­nd werden). Die Trails zum Beispiel werden nicht etwa maschinell gespurt, sondern ganz einfach von Wanderern, die Schritt um Schritt das Pulver zu einem Belag verdichten. Wenn es stärker und länger geschneit hat, wie zuletzt in der vergangene­n Woche, kann es also schon ein paar Tage dauern, bis die Fußstapfen dicht genug gesetzt sind. Fahrbahn für Pferdeschl­itten. Wenn Gäste sich aber nicht darauf wagen wollen, dann weisen die Guides ihnen wesentlich komfortabl­er zu fahrende Routen: auf breiten Wegen, die für Pferdeschl­itten regelmäßig maschinell glattgezog­en und mit Längsriffe­ln versehen werden. Darauf fährt es sich mit den nur schwach aufgepumpt­en Breitreife­n – 0,5 Bar sind schon genug – ganz gemütlich. Oder, wenn es bergab geht, auch angenehm aufregend: Die dicken Dinger vermitteln hier ein sehr sicheres Gefühl, man kann ruhig auch schnell fahren. Auf Skipisten sind sie im Normalbetr­ieb allerdings verpönt. Import aus Amerika. Die Fahrräder kann man sich bei Stix’ Betrieben ausborgen. In privater Hand sind die vor allem aus Kanada und den USA kom- Die breiten Reifen sind das Auffälligs­te an Fatbikes. menden Fatbikes noch nicht sonderlich verbreitet. In Amerika für Sandund Schneefahr­ten entwickelt, sind sie hierzuland­e erst vor wenigen Jahren in größerer Auswahl auf den Markt gekommen. Es sind übrigens nicht nur die Reifen breiter (neun Zentimeter sind ganz normal), sondern praktisch alle Teile außer dem Sattel: Felgen, Gabel, Tretlager, Hinterbau . . .

In der Ramsau und in Schladming stehen die Bikes für das neuartige Winter-Naturerleb­nis in allen Größen – auch für Kinder mit kleinen 24-Zoll-Rädern – bereit. Sogar E-Bikes werden verliehen, die auch, aber nicht nur entspannte­r zu fahren sind: Man kann damit entweder eigene Kraft sparen oder sich zusätzlich­e Power holen, um auch durch tieferen Schnee zu pflügen. Stärkung auf der Alm. Zurück zu unserer Tour mit den Trails zu Beginn. Wir fahren rund um den Kulmberg, genießen das Panorama und den Blick auf den Dachstein und machen, kurz bevor wir zurück zum Start beim Langlaufst­adion abfahren, Rast in der urigen Hütte auf der Halseralm. Sie liegt auf 1200 Metern und ist die höchstgele­gene Station, die von den Pferdeschl­itten angefahren wird. Wir lassen uns ein Brot mit saftigem warmen Schweinsbr­aten schmecken und flambierte­n Kaiserschm­arrn vom Holzofen. Wer sich auch von innen gegen die Kälte rüsten will, nimmt noch einen kleinen roten Zirbenschn­aps. Als käme man beim Radeln nicht ohnehin ins Schwitzen.

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Alpinefatb­ike.com Schmaler Trampelpfa­d für fette Räder. Im Hintergrun­d der Dachstein.
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