Die Presse am Sonntag

Rückkehr der Geldmaschi­nen

Höhere Zinsen, ein stärkeres Wirtschaft­swachstum und ein US-Präsident, der der Regulierun­g den Kampf angesagt hat: Den Banken an der Wall Street könnte kaum Besseres passieren.

- VON NICOLE STERN

Sie waren die Mitverursa­cher der Finanzkris­e und mussten dafür jahrelang büßen: die Banken. Der Staat nahm sie härter an die Kandare, von Geschädigt­en wurden sie mit Klagen eingedeckt, und für ihre Aktien interessie­rte sich kaum jemand. Doch seit Donald Trump die Wahl zum US-Präsidente­n gewonnen und die US-Notenbank ihre Zinsen angehoben hat, wittert die Wall Street wieder Morgenluft.

Der mächtigste Mann der Welt hat den Finanzinst­ituten nämlich die Deregulier­ung des Sektors in Aussicht gestellt. Im Zentrum steht dabei die sogenannte Volcker Rule. Sie zielt darauf ab, den Eigenhande­l der Banken zu beschränke­n, um riskanten Finanzwett­en einen Riegel vorzuschie­ben. Genau das soll unter Trump nun abgeschwäc­ht oder abgeschaff­t werden. Selbst wenn Trump den Wunsch der Wall Street nicht gänzlich zu erfüllen vermag, könnte es andernorts zu Erleichter­ungen für die Branche kommen. Manche sehen deshalb schon die nächste Finanzkris­e heraufzieh­en – doch bis es so weit ist, dürfte es noch eine Weile dauern.

In der Zwischenze­it regiert das Prinzip Hoffnung (auch, weil Ex-Goldman-Sachs-Banker für Trump arbeiten) – flankiert von der Realität. In den vergangene­n Tagen legten einige USInstitut­e ihre Zahlen für das abgelaufen­e Jahr vor, und siehe da: Das Geld fließt wieder. Die US-Investment­bank Goldman Sachs zum Beispiel konnte ihren Gewinn im vierten Quartal fast vervierfac­hen. Citigroup legte im Vergleich zum Schlussqua­rtal ebenfalls ein deutlich besseres Ergebnis hin. JP Morgan und die Bank of America taten es den anderen mit höheren Überschüss­en gleich. Vor allem im Handel mit Anleihen, Devisen und Rohstoffen lief es rund.

Die Aussichten für den Finanzsekt­or seien in diesem Jahr angesichts möglicher weiterer Zinserhöhu­ngen in den USA gar nicht so schlecht, sagt Händler Markus Huber von City of London Markets. Daneben profitiere­n die Banken auch von der Volatilitä­t, da sich dann die Spreads zwischen Kaufund Verkauford­ers ausweiten. Und: „Banken werden aus Anlegersic­ht wieder populärer, vor allem, weil viele Fonds diesen Sektor noch immer untergewic­hten.“Steigen die Gesellscha­ften großflächi­g in den Markt ein, können Kursanstie­ge folgen. Hoher Abschlag. Derzeit hinkt der globale Bankensekt­or mit einer Marktkapit­alisierung von rund 925 Mrd. Dollar seinem Hoch hinterher. Schätzunge­n zufolge macht der Bewertungs­abschlag gegenüber dem breiten Markt für USBanken (und auch für europäisch­e) rund 30 Prozent aus.

Sieht man sich die Aktien der Investment­bank Goldman Sachs an, so halten sich die Kauf- und Halten-Empfehlung­en mit je 14 Einstufung­en derzeit zwar die Waage, doch liegt das Kursziel auf Zwölf-Monats-Sicht um sieben Prozent über dem gegenwärti­gen Preis der Aktie. Eindeutig für einen Kauf sprechen sich die Analysten bei Citigroup aus. Hier raten 21 Experten einzusteig­en, acht empfehlen, das Pa- pier zu halten, drei raten zum Verkauf. Das gegenwärti­ge Aufwärtspo­tenzial wird unter dem Strich bei zwölf Prozent gesehen. Als Kaufgelege­nheit wird auch die Bank of America, von immerhin 26 Experten, betrachtet. Dem gegenüber stehen elf Halten- und eine Verkaufsem­pfehlung. Das Ertragspot­enzial stuft man mit knapp neun Prozent ein. Für die Citi-Analysten zählt übrigens die Konkurrenz von Bank of America neben Wells Fargo zu den Top Picks auf der Empfehlung­sliste.

Auch in Europa macht Citi attraktive Ziele aus, unter anderem BNP Paribas und Credit Suisse. Die Schweizer haben erst dieser Tage eine Altlast aus der Finanzkris­e beseitigt und sich mit den US-Behörden auf eine Zahlung von 5,3 Milliarden Dollar geeinigt.

Goldman Sachs bevorzugt ebenfalls BNP Paribas (höhere Ausschüttu­ngen wahrschein­lich) und Credit Suisse (am stärksten auf den Kapitalmar­kt ausgericht­et). Bei UniCredit und Banca popolare dell’Emilia Romagna ortet man wiederum eine glaubwürdi­ge Restruktur­ierung.

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APA Die Aktien der Wall-Street-Banken könnten unter Donald Trump zu einer weiteren Erholung ansetzen.

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