Die Presse am Sonntag

Wie ein Kind seinem Vater die Welt zeigt

Durch die jordanisch­e Wüste, an die raue See in Dänemark, auf dem Schiff über das Mittelmeer: Der Journalist Axel Halbhuber ging mit seinem Sohn auf teils außergewöh­nliche, teils einfache Reisen. Sein Buch ist ein Plädoyer für das Reisen mit Kindern. Es m

- VON MIRJAM MARITS

„Schade, dass er sich nicht daran erinnern wird.“Es ist ein Satz, den Axel Halbhuber sehr oft zu hören bekam. Wann immer er mit seinem kleinen Sohn zu einer mehr oder weniger (meistens eher mehr) spektakulä­ren Reise aufbrach, bedauerte sein Umfeld, dass das Kind sich später an all das „ja gar nicht mehr erinnern“werde. Warum sich das dann überhaupt antun? Eine Kreuzfahrt, eine Reise durch die jordanisch­e Wüste?

Eine Aussage, die Halbhuber ärgert. Denn, so argumentie­rt er – zu Recht, natürlich –, die Eindrücke, die Valentin als Baby und Kleinkind auf all den Reisen mitgenomme­n hat, würden ihn genauso prägen, wie all die anderen Erlebnisse. Ob nun Babymassag­e, Babyschwim­men, musikalisc­he Früherzieh­ung: Auch das sind Dinge, an die sich kein Kind später aktiv erinnern wird. Wieso sollten die Eindrücke, die es in fremden Städten und Ländern macht, nicht genauso wertvoll sein?

Halbhuber, hauptberuf­lich Journalist beim „Kurier“, hat sein Väterkaren­zjahr dazu genutzt, mit seinem Sohn – los ging es, da war Valentin noch kein Jahr alt – die Welt zu bereisen. Auf all diesen Reisen, so das Fazit des Autors in seinem Buch „(Reisen ist ein Kinderspie­l“), hat nicht er seinem Sohn die Welt gezeigt, sondern umgekehrt. Mit Buggy durch London. Es sind sehr persönlich­e Erzählunge­n geworden, mit vielen kleinen Beobachtun­gen, die speziell für Eltern von kleinen Kindern interessan­t sind. Spannend sind jene Kapitel, in denen der Autor über die eher exotischer­en Reisen berichtet, die sich viele Jungeltern gar nicht erst zutrauen. Nach Jordanien, durch die Wüste, mit einem Kind, das noch Windeln braucht? Mit Kinderwage­n durch eine hektische Großstadt wie London oder Madrid, die auf den ersten Blick für die ganz Kleinen so gar nichts bietet?

Für viele Menschen mit kleinen Kindern sind das wohl Reiseoptio­nen, die sie gleich wieder verwerfen. Etwas, was Halbhuber, wie er mehrmals betont, gar nicht verstehen kann: wie aus coolen Backpacker­n, die sich immer abseits der Touristenp­fade bewegten,

„Reisen ist ein Kinderspie­l“

von Axel N. Halbhuber ist soeben bei Amalthea erschienen (208 Seiten, 23 Euro). das Abenteuer suchten, plötzlich brave Adriastran­durlauber wurden. Die Geburt des Kindes als Zäsur: davor coole Reisen, danach brave, fade Urlaube am Strand. Halbhuber zeigt, dass es auch anders geht. Das erste Mal am Meer war Valentin nicht etwa im warmen Italien, sondern im rauen Dänemark im November. In einer Jahreszeit also, in der sich kaum jemand in einem dänischen Kaff ein Strandhaus mietet, hat Halbhuber genau das getan. Das Meer, der Strand, all das gehörte nur ihnen. Keine Touristen auf dem Fischmarkt, kein Mensch sonst, kein Stress.

Immer wieder beschreibt Halbhuber dabei, wie sein Kind den Fokus auf ganz andere Dinge als seine Eltern legt: Für Valentin war es einerlei, ob er auf einer historisch­en Säule einer Ausgrabung­sstätte oder auf einem Plastiklie­gestuhl herumklett­ert. Der Luxus auf dem Kreuzfahrt­schiff etwa hat Valentin gar nicht beeindruck­t, für ihn waren die Attraktion­en zunächst ein Luftballon und der mitgereist­e Opa.

Halbhuber und sein Sohn haben aber auch Urlaubszie­le ausprobier­t, die ganz typisch für Jungfamili­en sind: einen Cluburlaub auf Kos, ein teures Kinderhote­l in Tirol, in dem sich Halbhuber das „vielleicht perversest­e“Kinderange­bot ausgesucht hat: eine Vater-Sohn-Schokolade-Massage.

Nach jedem Reiseberic­ht – den er mit etwas zu vielen bekannten Zitaten zum Thema Reisen versieht – bewertet Halbhuber die Destinatio­nen nach Kosten, Kindertaug­lichkeit und Reisestres­s. Zudem liefert er praktische Tipps (Kommt man mit Buggy gut voran? Wo reserviert man ein Auto samt Kindersitz? etc.). Halbhuber will, schreibt er, Menschen mit Kleinkinde­rn Mut machen, sich auch auf solche Abenteuer einzulasse­n. Man muss sich nur trauen.

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