»Ich genieße große Freiheiten«
Der amerikanische Regisseur und Schöpfer von »The Sixth Sense«, M. Night Shyamalan, spricht über seinen neuen Film, »Split«, die Performance seines Hauptdarstellers, James McAvoy, und sein Verhältnis zu Kritikern. Außerdem verrät er, wie er mit dem Erfolg
Mit „The Sixth Sense“wurde er 1999 schlagartig zum Regiesuperstar. Nach weiteren kommerziell erfolgreichen Filmen wie „Unbreakable“, „Signs“und „The Village“folgten einige Flops, darunter „Das Mädchen aus dem Wasser“, „The Happening“und „After Earth“mit Will Smith. 2015 gelang M. Night Shyamalan ein viel beachtetes Comeback mit dem günstig produzierten Horrorfilm „The Visit“. Mit seinem aktuellen Streifen, „Split“(Kinostart: 26. Jänner), kehrt er gewissermaßen zurück zu seinen Wurzeln. Wie er das macht, wird erst in der allerletzten Szene verraten. Obwohl viele Ihrer Filme so etwas wie ein offenes Ende haben, bietet sich in diesem Fall eine Fortsetzung ganz besonders an. Planen Sie eine? M. Night Shyamalan: Tatsächlich ist das meine Absicht. In zwei, drei Jahren sollte es hoffentlich so weit sein. Das wäre aber alles andere als eine gewöhnliche Fortsetzung, sondern eher eine Art Superheldenfilm. Ihre eigene „Justice League“sozusagen. Ja, das kann man so sagen. Mit diesem Gedanken spiele ich schon lang. Den Charakter von James McAvoy habe ich vor rund 15 Jahren kreiert. Die Leistung von McAvoy als einem Mann mit mehreren Persönlichkeiten ist unglaublich. Ich weiß. War er von Anfang an Ihre erste Wahl? Nein, anfangs hatte ich niemanden im Kopf. Mir fallen auch nicht mehr als vielleicht zehn Schauspieler ein, die diese Rolle spielen könnten. Es erfordert sehr viel Mut, ein Kind, eine Frau und die anderen Persönlichkeiten seiner Rolle zu verkörpern. Zudem spielen Stars von seinem Format am liebsten in Biografien mit, weil sie sich in diesen Rollen mehr Freiheiten herausnehmen und sich profilieren können. In einem Film wie „Split“hingegen sind sie extrem verwundbar. Eine der Stärken Ihres Films ist der Soundtrack. Haben Sie großen Wert darauf gelegt? Interessanterweise hatte ich anfangs überhaupt keine Vorstellung von dem Soundtrack des Film und habe ihn daher vielen Freunden ohne Musik gezeigt. Bis ihn Komponist West Dylan Thordson gesehen und mich mit seinen Ideen überzeugt hat. „Split“ist übrigens sein erster Film.
1970
wurde M. Night Shyamalan in der Stadt Mah´e an der Südwestküste Indiens geboren, wuchs aber in den USA auf.
1999
gelang ihm mit „The Sixth Sense“der internationale Durchbruch. Der Mysterythriller mit Bruce Willis brachte ihm eine Oscarnominierung als Bester Regisseur ein. Es folgten Erfolgsfilme wie „Unbreakable“und „Signs“, aber auch Flops wie „After Earth“. Sein neuer Film, „Split“, kommt am Donnerstag ins Kino. Was ist aus James Newton Howard, Ihrem Stammkomponisten, geworden? Um ehrlich zu sein, kann ich ihn mir nicht mehr leisten. (lacht) Er arbeitet nur noch an großen Filmen wie „Die Tribute von Panem“. Und ihn anzurufen und zu fragen, ob er für sehr wenig Geld einen Soundtrack für meinen Film komponieren will, wollte ich nicht. Denn wahrscheinlich hätte er es getan, wir sind eng befreundet. Apropos Geld. Es ist immer schwer, den finanziellen Erfolg eines Films vorauszusagen. Dennoch haben Sie sicher Erwartungen. Es fühlt sich alles sehr positiv an, obwohl wir einige Risken eingegangen sind. Beispielsweise beginnt die Geschichte mit einem Antagonisten, der später zum Protagonisten wird und für den man Empathie entwickeln soll. Das ist gefährlich für den kommerziellen Erfolg eines Films. (lacht) Aber große Sorgen mache ich mir dennoch nicht, weil wir verantwortungsbewusst produziert haben und ich nach dem Erfolg von „The Visit“große Freiheiten genieße. Dadurch kann ich es mir leisten, sehr originelle Geschichten und Charaktere zu schreiben, die das Publikum zu schätzen weiß. Mit „Die Legende von Aang“und „After Earth“haben Sie zwei extrem hoch budgetierte Filme gedreht. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Ich brauche das nicht unbedingt. Bei manchen Regisseuren wie Peter Jackson, Steven Spielberg und James Cameron gehört es einfach dazu, mit Spezialeffekten und 1000 Leuten zu arbeiten. Ich konzentriere mich lieber auf die Konversationen und das Schauspiel. In „Das Mädchen aus dem Wasser“gab es einen großartigen Charakter: einen Filmkritiker, der ständig den Film kommentiert und am Ende einen grausamen Tod stirbt. Wünschen Sie einen solchen Tod allen Kritikern? Ja, das tue ich. Das wollen Sie doch hören. (lacht) Nein, ich habe kein Problem mit Kritikern. Ich mochte einfach die Idee, dass jemand die Handlung und auch seine eigene Rolle kommentiert. Und dabei meistens danebenliegt. Etwa dann, als er getötet wird, weil er nicht glauben kann, dass so ein wichtiger Charakter wie seiner sterben muss.