Die vielen Gesichter des Eurofighter
Es war die größte Anschaffung in der Geschichte der Republik – und auch die umstrittenste. Wer den Ankauf der Eurofighter und deren weiteres Schicksal entscheidend mitbestimmt hat – und warum manches so ablief.
Der Zögerliche FPÖ-Verteidigungsminister Herbert Scheibner war die treibende Kraft, um den Kaufprozess in Gang zu setzen. Allerdings: Gestützt auf seine Experten im Ressort wollte Scheibner die Saab Gripen anschaffen. Damit ging er in die Ministerratsvorbesprechung hinein – und kam mit den Eurofightern heraus. „Ihr bekommt die Eurofighter oder gar keine Abfangjäger“, sollen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Finanzminister Karl-Heinz Grasser dem zuständigen Minister beschieden haben. Scheibner beugte sich und setzte nun auch auf die Eurofighter. Der Spruch der Bewertungskommission, die für Saab entschieden hatte, wurde mit einem Trick umgedreht: Ein Finanzierungsmodell mit Zwischenfinanzierung über die Bawag gab nun den Ausschlag für Eurofighter. Wobei die Bewertungskommission den wichtigsten Aspekt sträflich vernachlässigt hat: Die Betriebskosten, die über die Lebensdauer der Jets gerechnet wichtiger sind als der Kaufpreis, wurden in die Berechnungen gar nicht einbezogen. Der Einfädler Seine Rolle ist die rätselhafteste in der ganzen Angelegenheit: Karl-Heinz Grasser hat im Vorfeld der Entscheidung das gemacht, was ein guter Finanzminister machen muss: Er ist aus budgetären Gründen bei der Beschaffung der Abfangjäger auf der Bremse gestanden. Am Tag der Entscheidung im Ministerrat vollzog er einen 180-Grad-Schwenk und plädierte mit dem Argument „wenn schon, dann das beste Gerät“für das teuerste. Vieles spricht dafür, dass dieses politische Manöver lang vorbereitet war. Grasser war zuvor im Magna-Konzern beschäftigt und dieser hatte großes Interesse an einer Entscheidung für den Eurofighter, denn Magna erhält wichtige Aufträge aus dem Netzwerk der Eurofighter-Eigentümerfirmen und war dann auch wesentlicher Profiteur der Gegengeschäfte. Grasser flog im Vorfeld der Entscheidung ohne Wissen des Verteidigungsministers zu Eurofighter nach Manching – auf Einladung von Magna-Manager Siegfried Wolf im Magna-Jet. Was dort besprochen wurde, wird wohl ein Geheimnis bleiben. Der Entscheider Allein hätte Grasser die Entscheidung nie umdrehen können – aber er hatte die volle Unterstützung durch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der damit letztlich den Ausschlag für die Typenentscheidung gegeben hat. Die Ankündigung von Schüssel, dass eine „wirtschaftliche Plattform“die Eurofighter weitgehend finanzieren werde, hat sich als Wahlkampfgag erwiesen. Der Plan wurde nie umgesetzt. Der Umfaller Es war sein Wahlkampf: Norbert Darabos hat als Bundesgeschäftsführer der SPÖ auf das richtige Pferd gesetzt und gegen die Eurofighter getrommelt. Der Wahlkampfslogan „Hier fliegt Ihre Pensionserhöhung“sollte sich als zugkräf- tig erweisen. Als Verteidigungsminister hätte Darabos die Chance gehabt, die ungeliebten Kampfjets tatsächlich loszuwerden: Eurofighter war nicht in der Lage, vereinbarungsgemäß zu liefern, und im Eurofighter-Untersuchungsausschuss waren schwerwiegende Hinweise auf Korruptionsvorgänge aufgetaucht. Doch Darabos wollte das Ergebnis der Untersuchungen nicht abwarten, sondern schloss eilig einen Vergleich mit dem Hersteller. Der brachte eine Kostenersparnis, weil die Bewaffnung und die Zahl der bestellten Flugzeuge von 18 auf 15 reduziert wurden. Genützt hat dieser Vergleich aber vor allem dem Hersteller. Eurofighter wurde die Verpflichtung los, die Maschinen upzugraden, was nur mit enormem finanziellen Aufwand möglich gewesen wäre. Der Aufdecker Die Recherchen des grünen Abgeordneten Peter Pilz und der parlamentarische Untersuchungsausschuss, in dem er – gemeinsam mit dem damaligen FPÖ-Mandatar Ewald Stadler – die treibende Kraft war, haben das Korruptionsnetzwerk rund um die Anschaffung erst zum Vorschein gebracht. Auch die aktuelle Anzeige des Verteidigungsressorts ist letztlich darauf zurückzuführen: Vector Aerospace, jene Firma, die im Verdacht steht, 114 Millionen Euro großteils zu Korruptionszwecken verteilt zu haben, ist im U-Ausschuss entdeckt worden. Die Notbremse