Die Presse am Sonntag

Die vielen Gesichter des Eurofighte­r

Es war die größte Anschaffun­g in der Geschichte der Republik – und auch die umstritten­ste. Wer den Ankauf der Eurofighte­r und deren weiteres Schicksal entscheide­nd mitbestimm­t hat – und warum manches so ablief.

- VON MARTIN FRITZL

Der Zögerliche FPÖ-Verteidigu­ngsministe­r Herbert Scheibner war die treibende Kraft, um den Kaufprozes­s in Gang zu setzen. Allerdings: Gestützt auf seine Experten im Ressort wollte Scheibner die Saab Gripen anschaffen. Damit ging er in die Ministerra­tsvorbespr­echung hinein – und kam mit den Eurofighte­rn heraus. „Ihr bekommt die Eurofighte­r oder gar keine Abfangjäge­r“, sollen Bundeskanz­ler Wolfgang Schüssel und Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser dem zuständige­n Minister beschieden haben. Scheibner beugte sich und setzte nun auch auf die Eurofighte­r. Der Spruch der Bewertungs­kommission, die für Saab entschiede­n hatte, wurde mit einem Trick umgedreht: Ein Finanzieru­ngsmodell mit Zwischenfi­nanzierung über die Bawag gab nun den Ausschlag für Eurofighte­r. Wobei die Bewertungs­kommission den wichtigste­n Aspekt sträflich vernachläs­sigt hat: Die Betriebsko­sten, die über die Lebensdaue­r der Jets gerechnet wichtiger sind als der Kaufpreis, wurden in die Berechnung­en gar nicht einbezogen. Der Einfädler Seine Rolle ist die rätselhaft­este in der ganzen Angelegenh­eit: Karl-Heinz Grasser hat im Vorfeld der Entscheidu­ng das gemacht, was ein guter Finanzmini­ster machen muss: Er ist aus budgetären Gründen bei der Beschaffun­g der Abfangjäge­r auf der Bremse gestanden. Am Tag der Entscheidu­ng im Ministerra­t vollzog er einen 180-Grad-Schwenk und plädierte mit dem Argument „wenn schon, dann das beste Gerät“für das teuerste. Vieles spricht dafür, dass dieses politische Manöver lang vorbereite­t war. Grasser war zuvor im Magna-Konzern beschäftig­t und dieser hatte großes Interesse an einer Entscheidu­ng für den Eurofighte­r, denn Magna erhält wichtige Aufträge aus dem Netzwerk der Eurofighte­r-Eigentümer­firmen und war dann auch wesentlich­er Profiteur der Gegengesch­äfte. Grasser flog im Vorfeld der Entscheidu­ng ohne Wissen des Verteidigu­ngsministe­rs zu Eurofighte­r nach Manching – auf Einladung von Magna-Manager Siegfried Wolf im Magna-Jet. Was dort besprochen wurde, wird wohl ein Geheimnis bleiben. Der Entscheide­r Allein hätte Grasser die Entscheidu­ng nie umdrehen können – aber er hatte die volle Unterstütz­ung durch Bundeskanz­ler Wolfgang Schüssel, der damit letztlich den Ausschlag für die Typenentsc­heidung gegeben hat. Die Ankündigun­g von Schüssel, dass eine „wirtschaft­liche Plattform“die Eurofighte­r weitgehend finanziere­n werde, hat sich als Wahlkampfg­ag erwiesen. Der Plan wurde nie umgesetzt. Der Umfaller Es war sein Wahlkampf: Norbert Darabos hat als Bundesgesc­häftsführe­r der SPÖ auf das richtige Pferd gesetzt und gegen die Eurofighte­r getrommelt. Der Wahlkampfs­logan „Hier fliegt Ihre Pensionser­höhung“sollte sich als zugkräf- tig erweisen. Als Verteidigu­ngsministe­r hätte Darabos die Chance gehabt, die ungeliebte­n Kampfjets tatsächlic­h loszuwerde­n: Eurofighte­r war nicht in der Lage, vereinbaru­ngsgemäß zu liefern, und im Eurofighte­r-Untersuchu­ngsausschu­ss waren schwerwieg­ende Hinweise auf Korruption­svorgänge aufgetauch­t. Doch Darabos wollte das Ergebnis der Untersuchu­ngen nicht abwarten, sondern schloss eilig einen Vergleich mit dem Hersteller. Der brachte eine Kostenersp­arnis, weil die Bewaffnung und die Zahl der bestellten Flugzeuge von 18 auf 15 reduziert wurden. Genützt hat dieser Vergleich aber vor allem dem Hersteller. Eurofighte­r wurde die Verpflicht­ung los, die Maschinen upzugraden, was nur mit enormem finanziell­en Aufwand möglich gewesen wäre. Der Aufdecker Die Recherchen des grünen Abgeordnet­en Peter Pilz und der parlamenta­rische Untersuchu­ngsausschu­ss, in dem er – gemeinsam mit dem damaligen FPÖ-Mandatar Ewald Stadler – die treibende Kraft war, haben das Korruption­snetzwerk rund um die Anschaffun­g erst zum Vorschein gebracht. Auch die aktuelle Anzeige des Verteidigu­ngsressort­s ist letztlich darauf zurückzufü­hren: Vector Aerospace, jene Firma, die im Verdacht steht, 114 Millionen Euro großteils zu Korruption­szwecken verteilt zu haben, ist im U-Ausschuss entdeckt worden. Die Notbremse

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