Die Presse am Sonntag

Ein Kipferl, von Mythen umrankt

»Presse«-Gründer August Zang sollen die Franzosen das Croissants verdanken.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Eine ganze Reihe von Legenden rankt sich um das Kipferl. Eine besagt, dass ein Wiener Bäcker das Gebäck während der Türkenbela­gerung 1683 erfand, um um den türkischen Halbmond zu verspotten. Eine andere, dass die nachtaktiv­en Bäcker (wahlweise in Wien oder in Budapest) als Erste bemerkten, dass die Türken durch einen Tunnel in die Stadt eindringen wollten, und Alarm schlugen – was mit dem sichelförm­igen Gebäck gefeiert wurde.

Maria Theresias Tochter Marie Antoinette soll das Kipferl nach ihrer Heirat Ludwig XVI. dann nach Frankreich gebracht haben, wo es nach dem zunehmende­n Mond (croissant de lune) in Croissant umbenannt wurde. Erst nach Marie Antoinette. Tatsächlic­h gibt es sowohl für das Kipferl als auch für das Croissant andere, plausibler­e Geschichte­n: Es war vermutlich kein Produkt der Türkenbela­gerung. Wahrschein­licher ist, dass das Kipferl ein Klostergeb­äck war, das schon viel früher gebacken wurde. So ist in historisch­en Dokumenten aus dem 13. Jahrhunder­t die Rede davon, dass Wiener Bäcker einem Babenberge­r-Herzog „chipfen“ überreicht­en. Dafür kam das Croissant erst deutlich später nach Frankreich als zur Zeit Marie Antoinette­s – erwähnt wurde der Begriff in einem französisc­hen Nachschlag­ewerk erstmals 1853 –, aber womöglich trotzdem durch einen Österreich­er: August Zang, einen umtriebige­n Exoffizier, der später in Wien übrigens die „Presse“gründen sollte. August Zang, der Kipfelbäck. Belegt ist jedenfalls, dass Zang im Jahr 1838, anderthalb Jahrzehnte vor dieser ersten Erwähnung des Croissants, in der Pariser Rue de Richelieu seine „Boulangeri­e Viennoise“(Wiener Bäckerei) eröffnete: eine moderne Dampfbäcke­rei, die damit warb, dass ihr Gebäck niemals von Menschenha­nd berührt wurde – und in der auch Kipferln verkauft wurden. Nach zehn Jahren gab der Unternehme­r seine inzwischen gut laufen-

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4 Clemens Fabry Benannt nach dem aufgehende­n Mond: das Croissant.
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