Die Presse am Sonntag

Kampflos (un)glücklich

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Noemi Schneider hat mit „Das wissen wir schon“einen pointierte­n Roman über Glück im Leben und Kontrovers­en zwischen Mutter und Tochter geschriebe­n. Die Ich-Erzählerin in „Das wissen wir schon“ist eine mäßig erfolgreic­he Filmemache­rin, wohnt in einem ansprechen­den Appartemen­t in einer deutschen Stadt, führt mit ihren Wohnungsna­chbarn Fini und Amadeus eine enge Gesprächsb­eziehung, besucht hin und wieder ihren Lover in einem fernen Land und arbeitet nebenher in einem Supermarkt ohne Verpackung­en.

Alles gut also? Natürlich nicht. Sie kann ihren Platz in der Welt nicht so richtig finden, einer Welt, in der alles erhältlich ist und so vieles bedeutungs­los. „Du machst doch auch, was dir Spaß macht, und du reist in der Welt rum und bist frei“, beschwört sie eine Freundin. „Ich würde gerne irgendwo ankommen“, antwortete die Erzählerin. „Aber ich weiß nicht, wie das geht.“

Ein Lebensziel, etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnen würde, ist nicht in Aussicht. Auch ihre Mutter, eine etwas selbstgere­chte Frau der großen Gesten, kann ihr kein Vorbild sein. Sie, die unverbesse­rliche Helferin, hat mehrere Flüchtling­e in ihrem Haus aufgenomme­n; für die Tochter ist dort jetzt kein Platz.

Noemi Schneider, deren Regiekennt­nisse man an der szenischen Struktur und den spritzigen Dialogen in diesem Buch spürt, bringt Generation­endebatten und das Dilemma der jungen europäisch­en Städter auf den Punkt: Wie soll man leben, wenn weder Konformism­us noch Kampf Optionen sind? Rezepte gibt es keine. Momente des Glücks schon. som Noemi Schneider: „Das wissen wir schon“, Hanser Berlin, 190 Seiten, 18,50 Euro.

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