Die Presse am Sonntag

Peter Pilz, die große grüne Ein-Mann-Show

Der Langzeit-Mandatar will den U-Ausschuss II zum Eurofighte­r erkämpfen. Was ihn für die Grünen unverzicht­bar macht. Trotz allem.

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Es geht im Zehn-Minuten-Takt. Ein Gespräch nach dem anderen.“Sagt der Mann am Mobiltelef­on. Zwischen den Sätzen unterbrich­t er länger als üblich. Nicht, um nachzudenk­en, um Atem zu holen. Der Mann ist offenbar raschen Schrittes unterwegs, das störende Geräusch des Windes in Wien an diesem Freitag ist unüberhörb­ar. Er wirkt gehetzt, und ist es auch ganz offensicht­lich.

Peter Pilz liebt Tage wie diese. Der Name des grünen Dauer-Abgeordnet­en ist, Eurofighte­r sei Dank, wieder in aller Munde. Nein, für ein Treffen fehlt ihm diesmal leider die Zeit. „Gespräche!“Welche er führt? „Das kann ich Ihnen nicht sagen“, lautet die Antwort.

Sie ist nicht untypisch für Peter Pilz. Rasch hingeworfe­ne Andeutunge­n, verschwöre­rische Halbsätze, das Verbreiten tatsächlic­her oder vermeintli­cher Geheimniss­e, von bei Tageslicht betrachtet nicht immer haltbaren Theorien sind die Welt des Gründungsm­itglieds der grünen Parlaments­fraktion. Das soll aber nicht heißen, dass Peter Pilz immer unrecht hätte.

Wenige Tage bevor der Eurofighte­rHype losging, hat Peter Pilz den Verdacht geäußert, in Österreich melde der türkische Verein ATIB Kritiker von Präsident Recep Erdogan˘ nach Ankara. Sachverhal­tsdarstell­ung mit Forderung, den Verein aufzulösen, inklusive. Immerhin, zumindest in Deutschlan­d wurden Wohnungen von Imamen wegen desselben Verdachts durchsucht.

Überhaupt, in Heeresding­en verfügt Peter Pilz manchmal über mehr relevante Informatio­nen als selbst der jeweilige Verteidigu­ngsministe­r. Ob ihn deshalb der aktuelle, Hans Peter Doskozil, vergangene­n Sonntag zu Claudia Reiterers ORF-Sendung „Im Zentrum“mit dem Dienstauto auf den Küniglberg chauffiert hat? „Ich wollte mir ein Taxi sparen“, sagt der 63-Jährige (doch, doch), fast könnte man es spitzbübis­ch nennen. Wiener Schmäh. Wieder nicht untypisch für Peter Pilz. Ihn zeichnet seine bei anderen grünen Spitzenpol­itikern nicht gerade im Übermaß zu beobachten­de Vorliebe für Humor, für ein Changieren zwischen Ernst und Unernst aus. Und er hat, gar nicht so leicht für einen gebürtigen Kapfenberg­er, nach Jahrzehnte­n im Gemeindeba­u den Wiener Schmäh intus.

Mit einer Portion Chuzpe umwirbt er dieser Tage die FPÖ, auf deren Stimmen er für grünes Licht zu einem Eurofighte­r-Untersuchu­ngsausschu­ss Teil II angewiesen ist. In der Wahl seiner Mitstreite­r war er beim Anvisieren eines Ziels ja nie zimperlich. Trotzdem zeigt Peter Pilz bei einer Pressekonf­erenz ein großes Kuvert, das er verschicke­n wolle, mit der Aufschrift „Klubobmann Strache“. Inhalt: Die Punktation des denkwürdig­en Vergleichs, den Minister Norbert Darabos 2007 mit den Eurofighte­rHerstelle­rn geschlosse­n hat. Parallelen zu Jörg Haider. Eine derartige Aktion hätte auch Jörg Haider gefallen, ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka sieht überhaupt Parallelen zwischen Pilz und Haider: die Gabe zu Skandalisi­erung, Kriminalis­ierung und Thematisie­rung. Lopatka meint, man merkt, das Zün-

Langzeit-Mandatar

Peter Pilz, 1979 nach Volkswirts­chafts- und Politikwis­senschafts­studium zum Doktor promoviert, ist ein Mann der ersten grünen Minute. Er gehörte jenem Team an, das 1986 erstmals den Einzug in den Nationalra­t schaffte. Dort sitzt er auch heute, als 63-Jähriger, noch, unterbroch­en von einem Gastspiel 1991–1999 im Wiener Gemeindera­t.

Aufdecker

1988 arbeitete Pilz in den Untersuchu­ngsausschü­ssen zu den Fällen Lucona und Noricum. Später etablierte er sich zum Experten für Bundesheer­angelegenh­eiten mit dem Schwerpunk­t Ankäufe. 2006/2007 leitete der gebürtige Steirer den U-Ausschuss zum Kauf der Eurofighte­r. Nun will er Teil II. deln ist ihm nicht fremd: „Die Grünen im Parlament würden ohne Pilz gar nicht mehr vorkommen. Pilz ist der heimliche Bundesspre­cher der Grünen.“Die tatsächlic­he Chefin, Eva Glawischni­g, wird das genau so gern lesen (nämlich so etwas von überhaupt nicht gern) wie sie Ratschläge hören musste, die Peter Pilz öffentlich gegeben hatte. Die Grünen müssten volksnäher, linkspopul­istischer werden, dürften Protestwäh­ler nicht der FPÖ überlassen. Interne Liebe? Sein Verhältnis zu Glawischni­g beschreibt Pilz im Telefonat mit der „Presse am Sonntag“so: „Sachlich korrekt. Und sie unterstütz­t mich jetzt auch.“Jetzt, beim U-Ausschuss also. Für das objektiv zumindest mit dem Wort gespannt beschreibb­are Verhältnis zu Glawischni­g sucht er nur zum Schein den Grund bei sich selbst: „Ich war nie ein braver Funktionär. Die interne Liebe ist weniger ausgeprägt.“Je weiter es in Richtung Basis gehe, um so mehr verspüre er Anerkennun­g und Zuneigung, gibt Pilz an.

Noch lieber spricht er darüber, weshalb Wohl und Wehe der Republik von einem U-Ausschuss abhänge. „Aufklärung wird ohne den Untersuchu­ngsausschu­ss nicht funktionie­ren.“Eine gewagte These, eine Übertreibu­ng. Typisch Peter Pilz eben. Für Weiteres fehlt die Zeit. Wir wissen es: „Gespräche!“

Offen für politische Allianzen verschiede­nster Arten, nun (sogar) mit der FPÖ.

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Karl Schöndorfe­r/ picturedes­k.com War schon als Schützer der Hainburger Auhirschen aktiv: Peter Pilz, seit 1986 (mit kurzer Unterbrech­ung) im Nationalra­t.

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