Die Presse am Sonntag

Walzer, Schnitten, Stadtverwa­ltung: Wien zeigt sich im Ausland

NŻch Querelen um Unregelm´ßigkeiten ãei ©en AuslŻn©sbüros ©er StŻ©t Wien wur©e ©ie OrgŻnisŻti­on neu Żufgestell­t. StŻtt Compress ãetreiãt nun ©ie stŻ©teigene Eurocomm-PR Żcht Büros in ZentrŻl- un© OsteuropŻ. DŻs Ziel: Wien Żls innovŻtive StŻ©t zu pr´sentie

- VON ERICH KOCINA

Alles Walzer. Und viel Vergnügen.“Die Worte sind gleich, nur das Ambiente ist ein anderes. Nicht die Staatsoper, sondern das Hotel Balkan in Sofia. Statt Debütanten aus Wiener Tanzschule­n sind es bulgarisch­e Paare, die die Eröffnung tanzen. Und doch ist es ein klassische­r Wiener Ball, der Mitte Februar in der bulgarisch­en Hauptstadt abgehalten wird, Fächerpolo­naise und Donauwalze­r inklusive. Die 17. Auflage des Fests, das vom Verein Wiener Club ausgericht­et wird, ist diesmal auch Auftakt einer Veranstalt­ung, bei der Wien vier Tage lang in den Mittelpunk­t gerückt werden soll. Es sind die „Wien Tage“, die auf den Sofioter Straßen breit mit Plakaten und Transparen­ten angekündig­t sind.

Wien als Schwerpunk­t im Ausland, das ist an sich nichts Neues. Schon 1995 suchte der Presse- und Informatio­nsdienst der Stadt Wien Bewerber, die in den osteuropäi­schen Reformstaa­ten Öffentlich­keitsarbei­t durchführe­n sollten. Der Auftrag ging damals an die Firma Compress, die die entspreche­nden Büros einrichtet­e. Und die in weiterer Folge mit lang laufenden und hoch dotierten Verträgen bedacht wur- de. Trotz teils heftiger Kritik. Denn laufend tauchten Vorwürfe auf, dass die Zahlungen der Stadt Wien in keiner Relation zu den Leistungen in den Auslandsbü­ros stünden. Und der Verdacht wurde laut, dass dahinter vor allem Freunderlw­irtschaft stehe – immerhin handelte es sich beim Eigentümer von Compress um einen alten Vertrauten der SPÖ und engen Freund des Altbürgerm­eisters Helmut Zilk.

Der Rechnungsh­of bemängelte etwa schon 1999, dass die Gehälter der Mitarbeite­r in den Auslandsbü­ros unverhältn­ismäßig hoch waren. Und dass Verträge über Auslandsbü­ros verlängert wurden, ohne dass es eine Evaluierun­g gegeben hätte. Und auch das Kontrollam­t der Stadt Wien kritisiert­e bei einer Untersuchu­ng im Jahr 2005, dass das Vergabever­fahren im Sinne einer höheren Transparen­z umfassende­r dokumentie­rt werden sollte. 2015 lief schließlic­h ein Zehnjahres­vertrag aus, bei dem Compress insgesamt mit 146 Mio. Euro bedacht worden war. Danach sollte das Unternehme­n in die stadteigen­e Wien-Holding eingeglied­ert werden – allein, die Grünen blockierte­n den Deal, weil 40 Mio. Euro in nicht nachvollzi­ehbare Kanäle geflossen seien.

Wieder mit der SPÖ in einer Koalition, stimmten sie Ende 2015 der Übernahme dann aber doch zu. Mit dem Argument, dass man einerseits das Budget für die Auslandsbü­ros nach unten verhandelt habe. Und dass man anderersei­ts den Auftrag auf zwei Jahre begrenzen konnte. An dieser Stelle kommt nun die Eurocomm-PR ins Spiel, eine neu gegründete Tochter der Wien-Holding und quasi die Nachfolger­in von Compress. Das Unternehme­n um die Geschäftsf­ührer Marcin Kotlowski und Markus Pöllhuber übernahm mit 1. Jänner 2016 die Organisati­on der Auslandsbü­ros. Schwierige­s Erbe. Beim Wiener Ball haben gerade die Sofioter Bürgermeis­terin, Yordanka Fandakova, und der österreich­ische Botschafte­r in Bulgarien, Roland Hauser, die Eröffnungs­ansprache gehalten. Auf sie folgt eine Rede von Thomas Reindl, dem ersten Vorsitzend­en des Wiener Gemeindera­ts. Er steht an der Spitze der Wiener Delegation, die vier Tage lang von einer Veranstalt­ung zur nächsten pendelt. Dem Ball als festlichem Start folgt am nächsten Tag unter anderem ein Besuch in einem Einkaufsze­ntrum, in dem aus einem eigens aufgebaute­n riesigen Herz Manner-Schnitten an Kinder verteilt werden. Dazwischen gibt es Interviews mit bulgarisch­en Medien, Gespräche mit politische­n Vertretern und immer wieder Reden, bei denen Reindl die Zusammenar­beit von Wien und Sofia in den Mittelpunk­t stellt.

Die letzten beiden Tage stehen schließlic­h im Zeichen des Austauschs auf Ebene der Stadtverwa­ltung. Im Dachgescho­ß der Nationalga­lerie Quadrat 500 mit Blick über das Zentrum präsentier­en Vertreter der beiden Städte Projekte und diskutiere­n, wie man voneinande­r lernen könnte. Da stellt etwa Direktor Simon Posch vor, wie er in seinem Haus der Musik mit digitalen Tools Besucher lockt und beschäftig­t. Da spricht Rudolf Zunke, der Wiener Welterbebe­auftragte, über den Spagat zwischen Bewahren und Entwickeln im Wiener Stadtzentr­um – gerade rund um die jüngsten Querelen mit der Unesco ein kritisches Thema. Und da erzählt Walter Mimmler, Leiter der für Beleuchtun­g und Ampeln zuständige­n MA 33, wie intelligen­te Ampelanlag­en erkennen, ob Menschen gerade über die Straße gehen wollen. Sämtliche Vorträge werden simultan gedolmetsc­ht, und mit Boyko Vasilev hat man einen Moderator, der der Delegation als so etwas wie der bulgarisch­e Armin Wolf vorgestell­t wird.

Auch die bulgarisch­en Vertreter der Stadt zeigen ihre Projekte. Wie sie historisch­e Ausgrabung­sstätten vor der Zerstörung durch den U-Bahn-Bau retteten – und das alte Gemäuer sogar in die neue Architektu­r einbettete­n. Wie Busse automatisc­h grünes Licht an der Ampel bekommen. Und wie Straßen mit Pflanzentr­ögen begrünt wurden. Bei den Fragerunde­n und Gesprächen zeichnet sich aber vor allem ein Bild ab – dass es vor allem die Bulgaren sind, die von Wiener Erfahrunge­n lernen können. Dass man in Sofia noch viele Dinge als Innovation sieht, die in Wien längst selbstvers­tändlich sind.

Gerade bei einer derartigen Schieflage des Erfahrungs­transfers stellt sich natürlich die Frage, was Wien von Veranstalt­ungen wie dieser hat. Eurocomm-PR-Geschäftsf­ührer Pöllhuber sieht jedenfalls Vorteile durch die Kooperatio­n (s. Interview rechts). Man habe so einen Fuß in einem wachsenden Markt, könne Kontakte für die Wirtschaft knüpfen, gemeinsam komme man künftig auch leichter an EUFörderun­gen heran. Und natürlich lasse sich das Image von Wien als Stadt der Innovation gut verkaufen. Was wieder gute Presse in bulgarisch­en Medien bringe – gegengerec­hnet auf den Werbewert habe man mit den Auslandsbü­ros 2016 jedenfalls mehr erreicht, als man die Stadt koste.

Der Vorg´nger Compress ãekŻm viel Kritik – Żãer Żuch einen ZehnjŻhres­vertrŻg. Bei ©en FrŻgerun©en zeichnet sich Żã, ©Żss SofiŻ mehr von Wien lernt Żls umgekehrt.

Neu Żufgestell­t. Wobei die ersten Monate im Jahr 2016 vor allem damit verbracht wurden, die gesamte Auslandsar­beit neu aufzustell­en, sagt Pöllhuber. Die Entscheidu­ng für die Übernahme durch Eurocomm-PR sei ja erst am 15. Dezember 2015 gefallen, und mit 1. Jänner 2016 sollte die neue Organi- Auslan†sbüros †er Sta†t Wien Prag Wien Ljubljana Zagreb Krakau Sarajewo Budapest Belgrad

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