»Wien als Know-how-Träger positionieren«
Über den Werbewert rechnen sich die Auslandsbüros, sagt Eurocomm-PR-Geschäftsführer Markus Pöllhuber. Er sieht die Kooperation mit Städten in Zentral- und Osteuropa nicht als Einbahnstraße.
Wozu braucht die Stadt Wien überhaupt Auslandsbüros? Markus Pöllhuber: Wir machen auf der Verwaltungsebene den Austausch. Das ist für uns die Abgrenzung zu Wirtschaftskammer oder Botschaft. In den Ländern, in denen wir Auslandsbüros betreiben, gibt es einen großen Bedarf an Know-how – Wien hat dieses, etwa im Bereich U-Bahn-Bau, Müllverbrennung etc. In Sofia ist gerade ein Müllverbrennungsprojekt am Laufen. Wir bemühen uns, die Zusammenarbeit der Stadt Wien mit Sofia zu forcieren und Sofia bei der Ausschreibung einer Müllverbrennungsanlage mit unserem Know-how zu unterstützen. Gut und schön, aber was hat Wien davon? Gerade EU-Projekte sind immer stärker darauf ausgelegt, dass Städte miteinander kooperieren. Eine einzelne Stadt bekommt immer schwieriger Förderungen, es soll sich ein Städtenetzwerk bewerben. Bei Fernkälte sind etwa Krakau und Sarajevo interessiert. Gemeinsam können Förderungen lukriert werden. Also ist das nicht reine Nettigkeit? Man muss Wien auch als Know-howTräger positionieren. Wien ist berühmt für Schönbrunn usw., ja, aber auf den zweiten Blick gibt es viel Know-how, das wir transferieren und uns so auch international positionieren können. Bis 2015 hat ja der Compress-Verlag diese Aufgabe erfüllt. Was machen Sie jetzt anders als Compress? Wir haben einen gänzlichen Neustart gemacht, im Ausland aber einen Teil der Mitarbeiter übernommen. Da wir im 100-Prozent-Eigentum der Stadt Wien stehen, ist alles transparent. Es gibt keine Geheimnisse. Der Stadtrechnungshof darf Sie prüfen. Ja, wir müssen jederzeit mit einer Prüfung rechnen. Wir haben derzeit ein Budget bis Ende 2017. Ein Knackpunkt bei Compress war ja das Budget. Das ging bei Ihrer Übernahme von 14,5 Mio. auf 9,5 Mio. zurück. Es gab eine Reihe an Einsparungen, u. a. wurden die Büros in Moskau, Bukarest und Bratislava nicht mehr weitergeführt, das Flughafenmagazin „Enjoy“wurde eingestellt und Synergieeffekte in der WH-Mediengruppe wurden genutzt. Von dem her sind es rund 35 Prozent weniger Budget. Warum wurden gerade die Büros in Moskau, Bukarest und Bratislava geschlossen? Das war eine Entscheidung der Stadt. Wir sind nur der Dienstleister. Die Richtlinien, wo man wie auftritt, werden also im Rathaus gemacht? Ja. Es geht darum, Nutzen zu stiften und Wiens Stellung als Wirtschaftsstandort zu stärken. Und selbstverständlich um konkrete Projekte, mit denen man die jeweiligen Städte unterstützen kann. Gerade für den Wirtschaftsstandort Wien ist es wichtig, mit Städten zu kooperieren, die ein hohes Wirtschaftswachstum aufweisen, damit wir daran partizipieren können. Wer bestimmt, ob die Auslandsbüros in dieser Form weitergeführt werden? Es ist eine Entscheidung durch den Gemeinderat. Aus unserer Sicht ist es natürlich sinnvoll, sie auf längere Zeit weiterzuführen. Sie sagen natürlich, dass das etwas bringt für Wien. Aber wie lässt sich das beziffern? Die Eurocomm-PR ist unter anderem auch für die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Wien in Belgrad, Budapest, Krakau, Ljubljana, Prag, Sarajevo, Sofia und Zagreb verantwortlich. Wir machen viel Medienarbeit, schreiben in diesen Städten regelmäßig Presseaussendungen. Der Werbegegenwert, der letztes Jahr erzielt wurde, liegt bei 13,7 Mio. Euro. 56 Prozent aller Berichte über Wien in diesen Ländern wurden von uns initiiert. Man misst es über mediale Werte, nicht über Fördertöpfe, die man anzapft? Das ist die nächste Ausbaustufe. Aber die mediale Berichterstattung ist ja gleichzeitig auch Standortwerbung. Es kommen zum Beispiel auch immer wieder Journalistendelegationen aus unseren Zielstädten nach Wien, die sich Vorzeigeprojekte der Stadt Wien ansehen und darüber berichten. Gibt es ein zentrales Bild, das man von Wien zeichnen will − so wie Wien Tourismus etwa mit Schönbrunn arbeitet? Unsere Schwerpunkte liegen bei der Kommunikation des innovativen Wiens, des Smart-City-Konzepts. Die Themenauswahl spiegelt immer die aktuellen Schwerpunkte der Stadt Wien wider. Wir hatten etwa bei den „Wien Tagen“in Sofia den Fokus auf den Themen Mobilität und Museumsmanagement und haben hierzu Workshops organisiert. Und umgekehrt? Was kann Wien von den anderen Städten lernen? Wir versuchen, den Zugang zu vermitteln, dass es keine Einbahnstraße ist. Die Stadt Ljubljana ist etwa sehr weit mit Verkehrsberuhigung, sie haben das Zero-Waste-Konzept etc. Es ist interessant, auch einen Blick auf andere Konzepte zu werfen. Mit Prag oder Budapest kann man sich etwa im Bereich Sharing Economy austauschen. Sharing Economy dürfte überhaupt ein größeres Thema werden.
Markus Pöllhuber
ist gemeinsam mit Marcin Kotlowski Geschäftsführer der Eurocomm-PR, die seit Jänner 2016 die Auslandsbüros der Stadt Wien betreibt. Das Unternehmen ist eine Tochter der stadteigenen WienHolding. Ja, weil in diesen Ländern der Tourismus stark anzieht, etwa in Zagreb. Budapest, Prag, Krakau sind sowieso Dauerbrenner. Sie haben alle unterschiedliche Probleme und wollen wissen, wie Wien damit umgeht. Bei den „Wien Tagen“in Krakau Anfang April wird z. B. einer der Schwerpunkte sein, wie in Wien der Silvesterpfad organisiert wird. Gibt es etwas Vergleichbares wie die Auslandsbüros auch von anderen Städten? Bayern hat auch viele Niederlassungen, die sich mit unseren decken. Sie forcieren das sehr stark. Das bestärkt auch den Weg der Stadt Wien – man kann den eigenen Wirtschaftsstandort auch durch Präsenz im Ausland enorm stärken. Welche Städte in Ihrem Portfolio sind besonders wichtig? Ein Ranking macht wenig Sinn. Es sind immer unterschiedliche Themen der Zusammenarbeit. Gab es jemals Überlegungen, Büros auch weiter entfernt zu machen? Das ist mir nicht bekannt. Länder in Zentral- und Osteuropa waren schon immer wichtige Auslandsmärkte für Österreich. Ein Büro in New York wäre also wenig sinnvoll? Ja. Es muss Gemeinsamkeiten geben, man muss vergleichbare Probleme haben, sprich, wir fokussieren uns auf Städte, die ähnlich groß wie Wien sind, also etwa ab der Millionengrenze. Hier ist es wichtig, zusammenzuarbeiten und gemeinsam Lösungen zu finden.