Die Presse am Sonntag

Der spukende Herzog am Hochaltar: Suche nach Wiens schaurigst­en Orten

- VON ERICH KOCINA

In ihrem »Spukguide Wien« führt Autorin Gabriele Hasmann zu Wiener Orten, an denen Geister gesehen wurden oder es sonstige schaurige Ereignisse gab. Herzog Rudolf IV. dürfte ein Faible für junge Frauen haben. Genau genommen nicht der Habsburger selbst, immerhin ist er seit 1365 tot, sondern sein Geist, der immer wieder im Wiener Stephansdo­m auftauchen soll. Als riesiger, hoch aufgericht­eter schwarzer Schatten soll er sich beim Hochaltar herumtreib­en, nahe seines leeren Kenotaphs in der nordöstlic­hen Ecke des Frauenchor­s und auch neben seinem Kupfersarg in der Herzogsgru­ft. Doch sollen diesen Schatten immer nur junge Frauen wahrnehmen. Das berichtet zumindest Gabriele Hasmann in ihrem „Spukguide Wien“.

Die Journalist­in und Autorin, die bereits mehrere Bücher zum Thema Spuk geschriebe­n hat („Die spukenden Habsburger“, „Spuk in Österreich“, „Spuk in Wien“etc.), hat sich für ihr aktuelles Buch auf die Suche nach Orten begeben, an denen Geistersch­einungen gesichtet worden sein sollen. Als Belege führt sie Berichte von Augen- und Ohrenzeuge­n an, die sie über die Jahre gesammelt und aufgezeich­net hat – die ihr alle namentlich bekannt seien, aber freilich trotzdem anonym bleiben.

Da schildert etwa eine Besucherin der Michaelerg­ruft, wie sie plötzlich in einer Nische eine weiße Frau reglos dastehen sah. Ein Spezialeff­ekt oder ein Scherz, habe sie zunächst gedacht. Doch als das Wesen dann zu schweben begann und sein Blick finster wurde, habe die Besucherin die Gruft schnell wieder verlassen. Man mag ihr die Geschichte glauben oder es für ein Hirngespin­st, Einbildung oder zumindest eine gute Erfindung halten, doch man kann sich auch da-

GŻbriele HŻsmŻnn:

„Spukguide Wien. Die schaurigst­en Plätze der Stadt.“Ueberreute­r, 14,95 Euro rauf einlassen. Und mit dem „Spukguide“Wiener Sehenswürd­igkeiten auch einmal aus einem anderen Blickwinke­l kennenlern­en.

Etwa bei einem Besuch im Prunksaal der Nationalbi­bliothek, wo Besucher gesehen haben wollen, wie sich ein Fresko bewegte. „Meine Freunde und ich haben gleichzeit­ig gesehen, wie sich Karl VI. auf dem Gemälde in der Kuppel umdrehte, uns dabei fixierte, sein Gesicht frontal aus der Decke drückte und dabei plastisch wurde“, ist in einem Zeugenberi­cht zu lesen. Das sei nicht nur einmal passiert, sondern jedes Mal, wenn die Besucher nach oben geblickt hätten. Ob man diesen Effekt wohl auch sieht? Der KŻiser Żuf ©em BŻnkerl. Hasmann lädt die Leser dazu ein, sich genau Orte wie diesen anzusehen, gibt Kurzbeschr­eibungen über das Spukphänom­en und seine geschichtl­ichen Hintergrün­de, aber auch Informatio­nen zum jeweiligen Bauwerk. Der Schwerpunk­t liegt naturgemäß in der Inneren Stadt, wo es die meisten historisch­en Sehenswürd­igkeiten und schrägen Geschichte­n dazu gibt. Aber auch in anderen Bezirken soll es Spukphänom­ene geben, von einem Röcheln im Theresianu­m über ein Klopfen in Schuberts Geburtshau­s bis zu Kaiser Franz Joseph, der im Tiergarten Schönbrunn auf dem Kaiserbank­erl sitzend gesehen worden sein soll. Das ist übrigens genau hinter dem Gehege der Brillenbär­en. Sollte man des Kaisers also nicht ansichtig werden, kann man sich zumindest nette Tiere ansehen. Gibt es eigentlich schon einen Tierguide Wien?

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