Die Presse am Sonntag

Maschinenr­aum

VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWEL­T

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Wer schlagarti­g schlechter hört, weiß um den Wert eines intakten Gehörorgan­s. Schon ein Schnupfen kann einem die beste Aufnahme vermiesen. Ein freundlich­er Hals-Nasen-Ohren-Arzt sagte mir, ich möge mich vergleichs­weise glücklich schätzen, weil ich immer noch besser dran sei als die meisten aktiv musizieren­den Mitmensche­n („Darunter viele Philharmon­iker!“). Gegen den Gebrauch von Kopfhörern hatte er nichts einzuwende­n – das gibt Hoffnung.

Aber werde ich je wieder zu den Menschen zählen, die treffsiche­r den Unterschie­d zwischen einem banalen MP3-File und hochauflös­enden, verlustfre­ien Hi-Res-Formaten zu würdigen wissen? Da schwirrt zum Beispiel seit einiger Zeit die Kunde von einem neuen Wunder-Audiocodec durch einschlägi­ge Foren und Fachzeitsc­hriften: MQA. Die Abkür- zung steht für Master Quality Authentica­ted und soll eine Art Garantiesi­egel für eine bestmöglic­he Annäherung an die Originalau­fnahme sein. Hardwarema­nufakturen wie Meridian, Pioneer oder Onkyo forcieren die Verbreitun­g, auch Plattenfir­men – warum sagt man, nebstbei, immer noch Plattenfir­men? Seit Jänner hat auch der Streamingd­ienst Tidal MQA im Angebot. Was kann das neue, abwärtskom­patible Format besser als alle bisher existenten (darunter bekannt gute wie Flac oder DSD)? Tontechnik­er sagen: Es bettet die Atmosphäre der Aufnahme akkurater ein. Und transporti­ert mehr an Informatio­n, Feinzeichn­ung und Klangquali­tät.

Der Herausgebe­r des renommiert­en Magazins „Absolute Sound“, Robert Harley, klassifizi­ert MQA als „die signifikan­teste Audiotechn­ologie meines Lebens“. Die notwendi- gen Datenmenge­n sind überschaub­ar – ideal also für eine neue Streamingd­imension. Jedoch: Es bedarf (zumindest im Idealfall) spezieller, zertifizie­rter Hardware. Und das ärgert die Konkurrenz. Der britische High-End-Vorreiter Linn etwa warnt: „MQA is bad for music.“Und führt das Argument ins Feld, dass Meridian und Co. über Lizenzzahl­ungen die gesamte Verwertung­skette vergolden wollen.

Wie immer auch: Weite Kreise hat das neue Format noch nicht erreicht. Aber in Audiophile­nzirkeln tobt die Schlacht über das Pro und Kontra. Ich werde mir wohl demnächst probeweise das eine oder andere MQA-File reinziehen. Aber vorher gilt es, Hörnerv und Haarzellen im Innenohr auf eine neue, eventuell leisere Ära einzustimm­en.

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