Der rumänische Hotelkönig von Mallnitz
360 Grad Österreich: Wie in vielen anderen Tourismusorten gab es auch im kärntnerischen Mallnitz Probleme, Nachfolger für Hotels zu finden. Dann kam Ovidiu Vladu, kaufte sich ein und schuf eine kleine rumänische Enklave in Kärnten.
Mallnitz liegt in einer der schöneren Gegenden Österreichs. Rundum ragen hohe Berge in den Himmel, die Goldberggruppe und die Ankogelgruppe, der Nationalpark Hohe Tauern grenzt an, und wenn es einem hier im Mölltal in Kärnten gar nicht gefällt, dann fährt man einfach mit dem Zug in den Berg – und kommt in Böckstein im Gasteinertal in Salzburg wieder heraus. Der Tauerntunnel hat hier seinen südlichen Eingang.
Der Ort selbst, der Bürgermeister und der Tourismusdirektor mögen es verzeihen, ist wenig spektakulär. Ein paar mehrstöckige Hotels und Pensionen, ein paar schmucke Einfamilienhäuser, ein paar weniger schmucke. Das Tauernbad sticht vielleicht noch mit seiner eben um 700.000 Euro ausgebauten Saunalandschaft mit Blick auf den Ankogel heraus.
Etwas aber fehlt in Mallnitz, was in vielen kleineren Tourismusgemeinden in Österreich mittlerweile fast schon zum Ortsbild gehört: leer stehende Hotels, geschlossene Restaurants, halb verfallene Betriebsstätten. „Ja, das gibt es bei uns nicht“, meint Günther Novak, der seit 2009 Bürgermeister der 817-Einwohner-Gemeinde ist. „Da haben wir Glück.“
Das Glück hat in Mallnitz einen Namen: Ovidiu Vladu. Und wenn man durch den Ort geht, dann ahnt man, woher der Mann kommt: Man hört hier nicht nur breites Kärntnerisch. Auf den Straßen, in den Hotels und selbst im kleinen Skigebiet unterhält man sich auch in einer eher ungewohnten Sprache. „Jo“, erklärt ein Einheimischer, „wir hob’n schu ziemlich viele Rumänen da.“Es schadet jedenfalls nicht, wenn man in Mallnitz „Bunc˘ ziua“sagen kann.
»Die Arbeit im Tourismus wollen sich immer weniger antun.«
Millionen investiert. Ovidiu Vladu ist also Rumäne und der Grund dafür, dass es keine leer stehenden Betriebe gibt. Er hat fünf Hotels in der Ortschaft gekauft (ihm gehören etwa 400 der insgesamt rund 1500 Gästebetten), hat sie renoviert und die Organisation gestrafft und sorgt so dafür, dass weiterhin Hunderte Touristen in die Kärntner Gemeinde auf Urlaub kommen.
„Die früheren Betreiber hatten es nicht leicht“, meint Peter Angermann, der viele Jahre Tourismusdirektor in Mallnitz war und jetzt im Management von Vladus Edelweiss Group sitzt, die neben den Hotels in Mallnitz auch noch drei weitere in Kärnten verwaltet. Es habe das übliche Problem gegeben, dass sich keine Nachfolger gefunden hätten. „Die Arbeit im Tourismus wollen sich immer weniger antun, vor allem, wenn Kinder gesehen haben, wie viel Energie und Zeit ihre Eltern hineinstecken.“Außerdem hat der Kärntner Ort seine Glanzzeit hinter sich. „Unsere Seilbahn auf den Ankogel war in den 1960er-Jahren ein modernes Wunderwerk“, meint Angermann. Damals habe sich das Skigebiet, das bis auf 2600 Meter Seehöhe geht, mit Orten wie St. Moritz gemessen.
Doch mit Mallnitz ist es ein wenig wie mit Pörtschach. Hier wie da hat Special Olympics.
Ovidiu Vladu
war 1994 geschäftlich in der Gegend um Mallnitz und hat sich damals „in die Landschaft verliebt“. Jahre später habe er sein erstes Hotel gekauft, dem folgten bald weitere. Mittlerweile betreibt der Rumäne acht Hotels in Kärnten, fünf davon in Mallnitz.
Der 57-Jährige
besitzt in Rumänien ein IT-Unternehmen, verbringt aber die meiste Zeit des Jahres in Mallnitz. man darauf vertraut, dass die Touristen kommen, und hielt sich mit Investitionen zurück. In manchen Hotels am Wörthersee kommt man sich vor, als wäre man auf einer Zeitreise zurück in die 1970er-Jahre oder in der Kulisse eines Peter-Alexander-Films, und Roy Black kommt jeden Moment singend um die Ecke.
„Von den Platzhirschen, die vor Jahrzehnten immer voll waren, gibt es heute in Mallnitz kaum noch jemanden“, sagt Uwe Penker, Tourismusobmann und Geschäftsführer der Nationalparkregion. Die, die es weniger leicht hatten, hätten investiert und stünden heute gut da. Aber das Tourismusgeschäft sei insgesamt schwieriger geworden. 1972 zählte man in Mallnitz noch 340.000 Übernachtungen, weiß der ehemalige Tourismusdirektor Angermann. Jetzt sind es etwa 155.000. „Mit unserem Skigebiet können wir im Winter nicht mit anderen Regionen mithalten“, erklärt Penker. „Was funktioniert, sind Schneeschuhwanderungen und der Nationalparktourismus im Sommer.“ Straff geführte Betriebe. Es ist also nicht nur der Zeitaufwand, der viele Einheimische vom Gang in den Tourismus abhält. Es ist auch eine ganz nüchterne wirtschaftliche Rechnung.
Die Folge wären leer stehende Hotels gewesen, hätte nicht Ovidiu Vladu zufälligerweise beruflich in der Umgebung zu tun gehabt. „Ich war 1994 mit einem Mitarbeiter hier und habe mich in die Gegend verliebt“, erzählt er. Als ein paar Jahre später das Hotel Edelweiss in Mallnitz zum Verkauf stand, schlug er zu. Dem Hotel folgte ein weiteres, dann noch eines und noch eines – bis es insgesamt acht Häuser waren, fünf davon in Mallnitz. Sechs Millionen Euro soll der Rumäne für Kauf und Renovierung ausgegeben haben. Es sei „eher etwas mehr“gewesen, sagt der Unternehmer, der laut eigenen Angaben in Rumänien ein IT-Unternehmen mit 40 bis 50 Angestellten betreibt.
Die Betriebe in Kärnten führt er mit etwa 30 bis 50 Mitarbeitern, davon etwa ein Drittel aus Rumänien. Recht straff. Es gibt beispielsweise einen zentralen Putztrupp und eine zentrale Küche, in der alle Speisen für die Hotelgruppe zubereitet werden. „Man muss effizient sein, weil die Margen im Tourismus sehr gering sind. Es ist alles eine Frage der Logistik und der Organisation.“Eines der Hotels belegt er vornehmlich mit Jugendgruppen aus Deutschland und Großbritannien, im Winter zum Ski fahren, im Sommer für Fußballcamps. Dafür hat er auch in den Sportplatz investiert – „ohne einen Cent aus der öffentlichen Hand“, wie Bürgermeister Novak betont.
Natürlich hat die Rettung einen nur hinter vorgehaltener Hand diskutierten Beigeschmack: Ein Rumäne kauft sich in Kärnten ein. In Tirol gab es einen halben Volksaufstand, als Russen in Sölden und im Zillertal Hotels kauften.
Er habe anfangs schon ein wenig Skepsis gespürt, meint Vladu. Auch Bürgermeister Novak sagt, dass einige „etwas unsicher“waren. „Aber wir sind ja vom Tourismus her viele Nationali- täten gewohnt, das hat sich schnell gelegt.“Vor allem, nachdem man sah, dass der unbekannte Rumäne viel Geld in die Hand nahm. Außerdem tat Vladu das Seine, um das Fremde in Mallnitz vertraut zu machen: Er organisierte ein Fest mit Spezialitäten aus Rumänien – unter anderem scharfes Dörrfleisch und sauer eingelegte Wassermelonen. Zudem gibt es eine Art Austauschprogramm zwischen Mallnitz und Rumänien.
Für den Ort haben Uwe Penker und Ovidiu Vladu große Pläne. Mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) will man eine Art Vorsorgetourismus entwickeln. Menschen sollen nach Mallnitz kommen, um zu lernen, wie sie dauerhaft gesund bleiben. Die Gegend mit ihrer ausgezeichneten Höhenluft und der entspannenden Landschaft sei dafür ideal. Auch könne man durch die gute Bahnanbindung die immer größer werdende Gruppe jener Touristen ansprechen, die kein Auto mehr besitzen oder ohne einen CO2-Fußabdruck zu hinterlassen auf Urlaub fahren wollen.
Apropos: Vladu erzählt, dass er oft durch den Tunnel nach Salzburg und Bad Gastein fährt. Auch dort stehen einige Hotels leer. Es seien „wunderschöne Gebäude“, meint Vladu.
»Man muss effizient sein, weil die Margen im Tourismus sehr gering sind.«