Was auf die neue Ministerin zukommt
Bis zur Wahl hat Pamela Rendi-Wagner maximal eineinhalb Jahre Zeit. Doch die To-do-Liste ist lang.
Seit über einem Jahr wird über eine Reform der Primärversorgung diskutiert. Die Ärztekammer lehnt die Pläne von Bund, Ländern und Kassen ab, weil sie eine Entmachtung fürchtet. Mit den neuen Primärversorgungszentren, in denen Allgemeinmediziner mit anderen Gesundheitsdienstleistern (Therapeuten, Pfleger, etc.) zusammenarbeiten, sollen nämlich Einzelverträge abgeschlossen werden können. Diesen Mittwoch ist eine Protestveranstaltung in Wien geplant. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Kammer gerade im Wahlkampf befindet (siehe Bericht auf Seite 6). Länder und Jugendministerium verhandeln gerade über ein Rauchverbot für Unter-18-Jährige. Ende März soll eine Vorentscheidung fallen. Die Bundesjugendvertretung ist skeptisch, Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner sprach sich aber für ein solches Verbot aus. Ab Mai 2018 tritt auch das generelle Rauchverbot in der Gastronomie in Kraft. Noch immer wehrt sich die Ärztekammer gegen die Elektronische Gesundheitsakte Elga: Sie fürchtet einen Mehraufwand, hat aber auch Bedenken wegen des Datenschutzes. Ab Mitte des Jahres soll das Projekt für niedergelassene Ärzte mit Kassenvertrag verpflichtend sein. Spitäler und Pflegeeinrichtungen arbeiten bereits seit dem Vorjahr mit der Datenbank. „Österreich gehen die Ärzte aus“, schreibt Wolfgang Schütz, ehemals Rektor der Med-Uni Wien, in seinem neuen Buch „Eintritt nur nach Aufruf“. Er schätzt, dass die ärztliche Versorgung in zwölf Jahren zusammenbricht, wenn die Politik nicht gegensteuert. Hauptgründe seien eine unattraktive Ausbildung und die Arbeitszeiten. Deshalb gingen viele Mediziner nach dem Studium ins Ausland. Die frauenpolitischen Vorhaben im Regierungspakt halten sich zwar in Grenzen. Eine Maßnahme kommt aber doch überraschend: Ab 2018 gilt für Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen sowie von Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern eine Frauenquote von 30 Prozent. Vorbild ist Deutschland: Dort wird die Wahl eines männlichen Aufsichtsratsmitglieds für nichtig erklärt, wenn die Quote nicht eingehalten wird. Die Sanktionsmöglichkeiten für Österreich sind aber noch unklar. Auch in der SPÖ wird die neue Ministerin auf ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis achten müssen: 2018 wird in vier Ländern und (planmäßig) im Bund gewählt. Die Partei hat sich zu einer Quote verpflichtet, in der Vergangenheit hielt sie sich aber nicht immer an selbst auferlegte Regeln. Die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern sinkt zwar, Österreich liegt aber trotzdem noch über dem EU-Schnitt: Hierzulande verdienen weibliche Beschäftigte um 21,7 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Im Jahr 2014 untersuchte die Statistik Austria zuletzt die Gründe dafür. Ergebnis: Merkmale wie Branche, Bildungsniveau, Alter, Vollzeit/Teilzeit oder Region sind ausschlaggebend – aber nur zum Teil. 13,6 Prozent Lohnunterschied sind nicht rational nachvollziehbar. Die SPÖ pocht unter anderem auf transparentere Einkommensberichte. Nicht nur, aber auch für Frauen ein Thema: die Kinderbetreuung. Noch immer gibt es einen Mangel an Betreuungsplätzen, vor allem auf dem Land. Nun, wo die Regierungsparteien (bzw. die Sozialpartner) über eine Arbeitszeitflexibilisierung verhandeln, wird die Frage nach den Öffnungszeiten von Kindergärten und Schulen noch akuter: Im Vorjahr investierten die Bundesländer immerhin nur 0,44 Prozent der Bundesmittel in die Ausweitung der Öffnungszeiten.