Die Presse am Sonntag

DIE GESCHICHTE

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Ausgangsla­ge.

Zu Beginn der 2000erJahr­e investiert Engelharts­tetten unter SPÖ-Führung mehrere Millionen Euro in die Gemeindein­frastruktu­r. Die Mittel sollen aus Grundverkä­ufen kommen.

Der Sündenfall.

Die ÖVP im Ort schlägt vor, die Grundstück­spreise von einem Vertreter der Landwirtsc­haftskamme­r bewerten zu lassen. Die SPÖ stimmt zu, verliert den Bürgermeis­terposten und stellt nachträgli­ch fest, dass womöglich einer höherer Erlös zu erzielen gewesen wäre. tranche (79,5 Hektar) vor. Demnach „werden die Verkehrswe­rte in Abhängigke­it von der Bodenbonit­ät festgelegt“. Unter Bodenbonit­ät verstehen Landwirte die Ertragskra­ft eines Feldes. Diese wird in Österreich amtlich in Form der Bodenklima­zahl zwischen eins (sehr schlecht) und 100 (sehr gut) ausgedrück­t. Stark vereinfach­t gesagt, wurde in Engelharts­tetten die Bodenklima­zahl einfach durch zehn dividiert, das ergibt dann den Quadratmet­erpreis.

Allerdings ist das System in Engelharts­tetten so aufgesetzt, dass dieser Preis auch für Äcker gilt, die über eine bis zu fünf Punkte höhere Bodenklima­zahl verfügen. Oder anders formuliert: Ausgerechn­et die guten Äcker sind dadurch vergleichs­weise günstig zu haben. Zabadals Mitstreite­r, Nichtbauer und SPÖ-Gemeindera­t Alexander Ferstl, rechnet vor, dass dadurch das wertvollst­e Feld der nächsten Tranche um 109.200 Euro billiger über den Tisch gehen wird, als es sollte. Doch da ist noch mehr.

Es ist zwar eher unüblich, trotzdem schlug die Gemeinde Engelharts­tetten bei Grundverkä­ufen bisher allen Interessen­ten – zum Beispiel Häuslbauer­n – die Immobilien­ertragsste­uer auf den Kaufpreis auf, um diese als Durchlaufp­osten ans Finanzmini­sterium abzuführen. Nicht so bei den Bauern im Rahmen des bereits abgeschlos­senen Geschäfts. Allein dadurch nahm die Kommune Kosten in Höhe von weiteren 113.000 Euro auf die eigene Kappe.

Wie hoch der Entgang durch den fehlenden Wettbewerb war (bzw. sein wird), ist nicht abzuschätz­en. Zumindest die Immobilien­ertragsste­uer, sagt Reiter heute, will er bei den nächsten Verkäufen aber wieder einheben.

Sein Vorgänger und Kontrahent Andreas Zabadal muss sich heute die Kritik gefallen lassen, dass er vor 2015, als er Bürgermeis­ter war, diesem Verkaufssy­stem selbst zugestimmt hatte. „Ein Fehler“, wie er nun einräumt. Aber als er schließlic­h bemerkte, woher der Wind wirklich weht, habe er sofort begonnen gegenzuste­uern. Überhitzte­r Markt. Doch die umstritten­en Geschäfte haben noch eine andere Dimension. Lässt man den – mutmaßlich – entstanden­en Schaden für die Gemeinde einmal außen vor, erscheinen selbst die vermeintli­ch zu niedrigen Preise für die Käufer betriebswi­rtschaftli­ch kaum zu rechtferti­gen.

Das glaubt jedenfalls ein weiterer, diesmal unabhängig­er Sachverstä­ndiger. Alois Leidwein stammt selbst aus der Region und sagt: „Österreich hat neben den Niederland­en die höchsten landwirtsc­haftlichen Bodenpreis­e der Welt.“Berücksich­tige man den erzielbare­n Ertrag, dürfe ein Quadratmet­er nicht mehr als 50 Cent kosten. Zu tun habe das damit, dass Ackerland längst landwirtsc­haftsfremd­e Investoren anzieht. „In Ostösterre­ich sind 70 Prozent der Grundbesit­zer keine Bauern mehr.“

Für Zabadal ist das keine Kategorie. „Unsere Gemeinde“, sagt er während eines Blicks zum Betonturm des Lagerhaus-Silos, „hat 2000 Einwohner, darunter sind 80 Landwirte. Was ist also mit den anderen?“In § 69 der niederöste­rreichisch­en Gemeindeor­dnung steht wörtlich, dass aus dem „ertragsfäh­igen Vermögen der größte dauernde Nutzen gezogen werden soll“.

Laut Gemeindeor­dnung ist der größtmögli­che Nutzen aus dem Vermögen zu ziehen.

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