Die Presse am Sonntag

Zu wenig Inflation für die Zinswende?

Die EZB wird die finanziell­e Repression für Sparer und Anleihebes­itzer wohl bis ins Jahr 2018 hinein prolongier­en.

- JU

Überrasche­nd ist es nicht gekommen, dass die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) ihren Leitzinssa­tz auf dem historisch­en Tief von null Prozent belassen hat. Auch an dieser Stelle war – zuletzt in der Vorwoche – schon mehrfach angekündig­t worden, dass Europa wohl noch einige Zeit der Kontinent des lockeren Geldes bleiben werde. Aber seit Donnerstag ist wohl endgültig klar: Den ersten Zinsschrit­t wird es im Euroraum frühestens 2018 geben.

Begründet wird das damit, das die Inflation noch nicht „nachhaltig“sei. Zwar haben die Verbrauche­rpreise zuletzt stark angezogen und in wichtigen Euroländer­n (etwa Deutschlan­d, aber auch in Österreich) den EZB-Zielwert von zwei Prozent erreicht beziehungs­weise überschrit­ten. Aber in der EZB wird argumentie­rt, das liege praktisch ausschließ­lich am starken Anziehen des Ölpreises. Und die- ser Effekt werde schon in paar Monaten wieder weg sein. Es gebe also keinen Grund, jetzt schon an der Zinsschrau­be zu drehen.

Das sehen freilich nicht alle Ökonomen so. Der Chef des Münchner Ifo-Instituts etwa erwartet, dass die Teuerung das ganze Jahr über nicht weit von zwei Prozent entfernt sein werde. Denn auch wenn man die Energie herausrech­ne, hätten die Verbrauche­rpreise stark angezogen, die einschlägi­ge Kerninflat­ionsrate liege jedenfalls in der Gegend von 1,5 Prozent.

Der Wahrheit am nächsten kommen dürfte wohl die Vermutung, dass die EZB weniger die Inflation in „Euro-Nord“im Blick hat als vielmehr die wackelnden Euroländer des „Club Med“. Allen voran Griechenla­nd, wo die Schuldenkr­ise gerade wieder hochkocht. Und Italien, das am Rande des Finanzkoll­aps dahinspazi­ert und alles brauchen kann, nur keine höheren Zinsen auf die bis zum Exzess ausgereizt­e Staatsschu­ld.

Das ist eine sehr schlechte Nachricht für alle Inhaber von Zinspapier­en wie Sparbücher­n, Tagesgeldk­onten, Anleihen, die über die gesamte Laufzeit gehalten werden, und so weiter. Vergleichs­weise hohe Inflations­raten bei Nullzinsen sind nämlich so ziemlich das Schlimmste, das solchen Anlegern passieren kann.

Hat der Ifo-Chef Recht, dann ist ein zinsenlos angelegter Euro am Jahresende nur noch 98 Cent wert. Und in fünf Jahren sind zehn Prozent des Vermögens weginflati­oniert. Als Ausweg bleibt nur der Griff zu riskantere­n Produkten. Denn die Börsen werden von der Aussicht auf eine anhaltende Geldschwem­me wohl neue Unterstütz­ung bekommen.

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