Leben und sterben in Ostberlin
Barbara Kennewegs kapitalismuskritischer Erstling über eine junge Frau kreist um die existenziellen Fragen des Lebens. Meistens klug, selten exaltiert.
1991 erschien Douglas Couplands Buch, dessen Titel der Generation X den Namen gab. Deren Vertreter mussten sich mit Mc-Jobs über Wasser halten. Heute scheinen sie grosso modo in einem sicheren Hafen gelandet zu sein. Wir reden längst über die Befindlichkeiten der Generation Y. Zu der gehört auch Rosa, die Icherzählerin von „Haus für eine Person“. Die Autorin des Buchs, Barbara Kenneweg, ist Regisseurin. Tatsächlich ist es eine Art Dogmafilm, der sich vor dem inneren Auge der Leser abspult.
Rosa heißt im vollen Namen Rosa Lux. Das fanden ihre Hippie-Eltern originell. Rosa mag es nicht. Die Fußstapfen der kommunistischen Märtyrerin sind zu groß. Wie vieles – das Leben mit Olaf in einem hippen Viertel, ihr Job als Sprecherin. Als Rosas Mutter stirbt – der Vater ist schon seit Jahren tot –, kauft sie mit ihrem Erbe einen verlotterten Bungalow in einer ebensolchen Gegend des einstigen Ostberlin. Das Haus hat gerade einmal 55 Quadratmeter und liegt an einem absurden Platz, eingeklemmt zwischen zwei Straßen, die sich vor dem Garten kreuzen.
Kenneweg hat ein sprachlich dichtes, bemerkenswertes Debüt geschrieben. Sie beschränkt sich nicht darauf, mit lakonischen Strichen Rosas tristen Alltag zu skizzieren, sie lässt die Protagonistin weit ausholend den Zustand der Welt analysieren – meistens klug, manchmal altklug, manchmal larmoyant, aber durchaus selbstreflektiert. cle Barbara Kenneweg: „Haus für eine Person“, Ullstein Verlag, 224 Seiten, 18,50 Euro.