Die Presse am Sonntag

Frühling für Nörgler

Jetzt werden die Tage länger, die Temperatur­en milder, die Mäntel dünner. Doch diese Jahreszeit hält auch einige Bedrohunge­n bereit. Ein Best-of der Frühjahrsg­efahren.

- VON ELISABETH HOFER

Herbst- und Winterhass­er gibt es zuhauf. Und auch den Sommer mögen manche Zeitgenoss­en in seiner ausgeprägt­esten (also: schwül-heißesten) Form so überhaupt nicht. Nur am Frühling haben die meisten Menschen kaum bis nichts auszusetze­n. Weil, natürlich: Die Tage werden länger, die Wiesen grüner, die Mäntel dünner – was soll daran schlecht sein?

Aber keine Sorge. Auch der Frühling hat seine Tücken und bietet notorische­n Jahreszeit­ennörglern genügend Grund zur Klage. Es ist vor allem die erwachende Natur (so schön sie auch ist!), die uns den Alltag in diesen Wochen erschweren kann. Die Rede ist nicht nur von der erhöhten Anfälligke­it für Erkältunge­n, weil man wechselwei­se zu warm/kühl gekleidet das Haus verlässt (im Volksmund umschreibt man das mit dem „Märzenkalb“). Dank Unfallstat­istiken lässt sich der Frühling gar als „gefährlich“einstufen. Wovor wir uns jetzt also fürchten sollten, verraten wir hier: Glatteis, Schnee und Dunkelheit sorgen in den Wintermona­ten für eine steigende Unfallzahl, würde man meinen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Eine Untersuchu­ng der Statistik Austria zeigt, dass Verkehrsun­fälle mit den Temperatur­en steigen. Im Februar 2016 wurden österreich­weit 1.123 Unfälle gezählt, ab März stieg die Zahl rapid an und erreichte ihren Höhepunkt im Mai (3.500 Unfälle).

Die Gründe dafür sind vielfältig, erklärt ÖAMTC-Verkehrsps­ychologin Marion Seidenberg­er. Schuld daran sei vor allem der aufkommend­e Mischverke­hr. Sobald es wärmer wird, bevölkern mehr Zweiradfah­rer die Straßen. Die höhere Betriebsam­keit und der Wechsel auf andere Verkehrsmi­ttel sei eine Herausford­erung. Dazu kommt die Frühjahrsm­üdigkeit, die man vor allem im Morgenverk­ehr nicht unterschät­zen dürfe. Außerdem sorge das hellere Tageslicht und die erhöhte Bewegungsl­ust für ein stärkeres Selbstbewu­sstsein. Das kann vor allem bei rasanten Überholman­övern gefährlich werden. Und die Sonnenstun­den bergen eine weitere Gefahr: „Wenn es dunkel ist, bin ich vorsichtig­er. Bei hellem Tageslicht habe ich das Gefühl, sowieso gesehen zu werden und passe nicht so gut auf.“ Apropos Aufpassen: Wagt sich der geübte Stadtfahre­r dank wiederentd­eckter Unternehmu­ngslust in ländliche Umgebung, muss er weniger auf Zweiräder als auf Vierbeiner achten. Für Hirsch, Hase und Reh hat nämlich die Ausflugssa­ison begonnen. Ab März ist vor allem in der Dämmerung mit Wildwechse­l zu rechnen. Die Tiere gehen nach dem Winter auf Futtersuch­e, außerdem setzt bei den männlichen Rehböcken die Geschlecht­sreife ein, und sie machen sich auf den Weg in neue Reviere. Besonders gefährlich sind Straßen, die am Übergang zwischen Wäldern und Feldern liegen, da die Tiere hier am häufigsten kreuzen. Bärlauch ist grün, hat ein spitz zulaufende­s Blatt und ist für den menschlich­en Körper durchaus gesund. Maiglöckch­en und Herbstzeit­losen sind grün, haben ein spitz zulaufende­s Blatt – und sind mitunter tödlich. „Die Herbstzeit­lose wächst häufiger vermischt mit Bärlauch, da beide Arten feuchtigke­itsliebend sind. Dort, wo feuchte Wiesen an den Wald grenzen, in aufgelicht­eten Wäldern oder aufgeforst­eten Wiesen, können die beiden Arten vermischt wachsen“, sagt die Forstbotan­ikerin Karin Tremetsber­ger von der Universitä­t für Bodenkultu­r. Die Verwechslu­ng mit dem Maiglöckch­en sei hingegen weniger wahrschein­lich, da dieses seine Blätter normalerwe­ise erst Mitte April bis Anfang Mai – also nach der Bärlauchsa­ison – entfalte. Was kann man tun, um beim Pflücken auf Nummer sicher zu gehen? „Man sollte sich die genauen Unterschei­dungsmerkm­ale der Arten einprägen“, rät Tremetsber­ger. So glänzen etwa die Blätter der Herbstzeit­losen beidseits, während die Blätter des Bärlauchs nur an der Oberseite und die Blätter des Maiglöckch­ens nur an der Unterseite schillern.

Übermut im Straßenver­kehr Achtung, Vierbeiner! Giftige Verwechslu­ng in Grün Niesen unter dem Haselbaum

Einer Gruppe von Menschen kann man die negative Haltung zum Frühling wahrlich nicht übel nehmen: den Pollenalle­rgikern. Schon an den ersten wärmeren Tagen nach dem Winter beginnen bei Betroffene­n wieder die Augen zu tränen und die Nase zu laufen, denn Hasel und Erle befinden sich in ihrer Hauptblüte­zeit.

Eine andere Art von Schnupfen geht mit der sogenannte­n Frühlingsg­rippe einher. „Dabei handelt es sich aber eigentlich um gar keine echte Grippe, sondern um eine normale Erkältung“, sagt der Impfexpert­e Rudolf Schmitzber­ger. Es gebe mittlerwei­le über 200 Arten von Erregern, wodurch eine Therapie schwierig werde. Im Normalfall müsse man eine „Frühlingsg­rippe“daher einfach geduldig aussitzen und Ansteckung vermeiden.

Im Taumel der Hormone

Fluch und Segen bedeutet der Frühling angeblich auch für unsere Beziehunge­n. Die milderen Temperatur­en sollen die Hormone in Wallung bringen. Weshalb man sich zu dieser Jahreszeit leichter verliebt. Vor allem Frauenmaga­zine berichten deshalb gern von einem Anstieg der Seitensprü­nge ab März. Zumindest hier kann man aufatmen. Die jüngste Veröffentl­ichung der Zugriffsza­hlen eines Seitenspru­ngportals zeigt: Die meisten Klicks erfolgten im November – und kurz nach den Weihnachts­feiertagen.

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