REINHOLD MITTERLEHNER
über das Nichtakzeptieren der Ressortverantwortlichkeit seitens der SPÖ. Der Trend trifft aber auch auf Österreich zu, wenn man sich die vergangenen Landtagswahlen ansieht. Aber man muss schon sagen: Das ist ein Problem von Volksparteien an sich in Zeiten, in denen es nichts zu verteilen gibt. Aber es ist eben auch die Zeit, den Bürgern zu erklären, was an Umstrukturierungen notwendig ist, da die anfängliche Bereitschaft, hier mitzugehen, doch überschaubar ist. Da wir bereits von Trump geredet haben: Es gibt Überlegungen der Trump-Administration, eine Art Schutzzoll in Form von neuen Unternehmenssteuern für in die USA importierte Produkte einzuführen. Was würde das Exportland Österreich in diesem Fall tun? Wenn, dann werden wir gesamthaft im Rahmen der Europäischen Union vorgehen. Sollte das wirklich umgesetzt werden, dann wäre das ein sehr unfreundlicher und den bisherigen internationalen Gepflogenheiten zuwiderlaufender Akt. Und könnten auch wir mit Schutzzöllen reagieren? Das wäre eine Möglichkeit. Aber es würde eine gemeinsame europäische Reaktion geben. Auch die WTO wäre dann gefordert. Wie soll man aus der Sicht des Wirtschaftsministers mit der Türkei umgehen? Differenziert. Man muss eine klare Orientierung haben, was Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und andere Prinzipien anbelangt. Da hat die EU eine solide Vorgangsweise entwickelt. Dennoch muss ich die Gesprächsfähigkeit im wirtschaftlichen Bereich aufrechterhalten. Das versuchen wir zu tun. Als Wirtschaftsminister haben Sie sich auch medienwirksam für die Betreiberin eines Waxingstudios eingesetzt, die sich vom Arbeitsinspektorat schikaniert gefühlt hat. Nun hat sie ihr Geschäft geschlossen. Wie sehen Sie das? Ich sehe auch das differenziert. Es gibt einige problematische Entscheidungen der Behörde. Aber: Das ist gar nicht der springende Punkt, da gibt es Rechtsmittelverfahren und anderes. Aus meiner Sicht ist es so, dass das ganze Gesetz derartige Facetten und Feinheiten aufweist, dass die Anwendung existenzielle Probleme für diese Unternehmerin verursacht hat. Da ist also anzusetzen: Sind die Normen noch praxisgerecht? Ist die Vollziehung zweckentsprechend? Um dem zu dienen, was beide wollen: dass der Arbeitnehmer bei der Erbringung seiner Arbeit geschützt wird. Und der Unternehmer überleben und Jobs sichern kann. Übertreibt das Arbeitsinspektorat? Wahrscheinlich nicht. Außer dass der Eindruck entsteht, dass man recht rege kontrolliert. Es wird wohl eine korrekte Anwendung aller Vorschriften erfolgt sein. Aber allein die Häufung und Auslegung ergibt offensichtlich genug Spielraum, um jemandem, der noch dazu aufmüpfig in der Öffentlichkeit geworden ist, zu zeigen, wo der Gesetzgeber die Normen gesetzt hat. Frage an den Wissenschaftsminister: Die Studienplatzfinanzierung mit den Zugangsbeschränkungen – wie fix ist das, wann kommen sie? Das steht im Regierungsprogramm und soll 2019 kommen. Das ist ein ganz wichtiger Schritt, um die Universitäten zukunftsorientiert weiterzuführen. Im Mittelpunkt steht nicht, dass wir jemanden beschränken wollen, sondern Ziel der ganzen Aktion ist es, die Betreuungsrelation von Studierenden zu Lehrenden so zu entwickeln, dass wir international vergleichbare Standards haben. Jetzt haben wir in manchen Fächern 1:140. Mit der Studienplatzfinanzierung streben wir einen Schnitt von 1:40 an. Wir werden damit mehr Studienabschlüsse haben und nicht weniger. Soll die Eurofighterflotte stillgelegt werden? Das ist eine Idee, die der Verteidigungsminister selbst verantworten und prüfen muss. Im Endeffekt muss die Luftraumüberwachung gesichert sein. Wenn das Verteidigungsministerium befindet, dass die Kosten nicht mehr verantwortet werden können, die dadurch entstehen, dass man wissentlich die Tranche eins, also die qualitativ schlechtere, bestellt hat, dann muss man das budgetär selbst einplanen und die Umstellung veranlassen. Das ist aber Sache des Verteidigungsministers. Haben Sie mit Wolfgang Schüssel je darüber gesprochen, wie das seinerzeit mit der Anschaffung war? Nein. Auch weil er im U-Ausschuss dazu ja Rede und Antwort gestanden ist. Ist es beim Kopftuchverbot denkbar, dass man noch weiter geht und es generell auf alle öffentlichen Einrichtungen wie in Frankreich ausdehnt? Unser aktueller Weg ist es, dass wir das Verbot dort realisiert sehen wollen, wo es um die Ausübung der staatlichen Hoheitsgewalt geht. Wenn jemand etwa als Beamter, als Richter oder als Polizist einer anderen Person gegenübertritt. Ein Argument für das Kopftuchverbot war, dass es die Integration hemmt. Das würde für eine Ausweitung sprechen. Damit haben wir weniger beim Kopftuch, sondern vielmehr bei der Burka argumentiert. Weil man da die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht nicht führen kann. Unter Linken ist es derzeit en vogue, Reinhold Mitterlehner gut zu finden – jetzt, da Sebastian Kurz möglicherweise bald vor der Tür steht. Wie empfinden Sie denn das? Die Frage impliziert jetzt mehreres. Ich kann Ihnen nur zur Antwort geben, dass Sebastian Kurz und ich in inhaltlichen Belangen sehr koordiniert miteinander vorgehen. Sie sind wahrscheinlich der umgänglichere Koalitionspartner für die SPÖ. Den Eindruck möchte ich nicht befeuern. Bei allen Themen, ob es um Fremdenrecht oder die Familienbeihilfe geht, werden Sie keinen Unterschied zu Parteikollegen finden. Dass ich einen gepflegten Umgang habe und niemanden persönlich abqualifiziere, ist ebenfalls Tatsache.