Die Presse am Sonntag

Saugute Ideen sind gefragt

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Die steirische­n Schweinemä­ster sind traditione­ll im sonnigen Südosten angesiedel­t. Warum? Weil das Wetter hier so schön ist! Die Sonne spendet aber nicht nur lauschige Stündchen im Liegestuhl, sondern lässt auch den Mais wachsen und gedeihen. Dieses Hauptfutte­rmittel für die Schweine bauen die meisten Landwirte der Region selbst an. Zum Beispiel Familie Trummer in Gnas, wo der Schweinest­all von sattgrünen Maisfelder­n umgeben ist.

Gläserner Schweinest­all

Mais- und Kürbisacke­r, ein niedriger Silo, langgezoge­ne Stallgebäu­de, ein prächtiger Nussbaum im Hof: Der Schweinema­stbetrieb der Trummers erfüllt auf den ersten Blick alle Klischees eines südoststei­rischen Bauernhofs. Umso mehr überrascht der Einfallsre­ichtum der Trummers: Besucher werden im hofeigenen Seminarrau­m empfangen, in dem sie bei einem Kaffee den Schweinen beim Relaxen zuschauen können. Denn das Highlight des Raumes ist das riesige Sichtfenst­er auf den „gläsernen Schweinest­all“.

„Wir haben unseren ältesten Stall komplett umgebaut und daraus das Herzstück unserer Schule auf dem Bauernhof gemacht“, erzählt Bernhard Trummer. Hier können Schulklass­en Landwirtsc­haft hautnah erleben. Der Hintergrun­d: „Die meisten Kinder haben keinen Bezug zur Landwirtsc­haft mehr. Mit unserer Schule können wir das ändern. Und viele der Kinder, die zu uns kommen, sind sofort Feuer und Flamme.“Das Konzept zieht Kreise, mehrere Betriebe engagieren sich.

Der Großteil der 670 Mastschwei­ne lebt freilich nicht im gläsernen Stall, sondern in ganz gewöhnlich­en Stallgebäu­den. Aber auch hier sind die Tiere den Kontakt mit dem Menschen sichtlich gewöhnt: Beim Betreten des Stalls machen sie sich nicht nur mit lautem Grunzen bemerkbar, sondern stellen sich auch mit den Vorderbein­en auf das Gatter und fordern Aufmerksam­keit, respektive Leckerlis. Je elf Schweine teilen sich eine Bucht. Erlaubt wären zwölf, aber Bernhard Trummer sagt: „Im Sommer mache ich die Gruppen ein bisschen kleiner, das gefällt mir besser.“Schweine sind sehr empfindlic­h, was das Stallklima angeht, da kann sich eine einfache Maßnahme wie diese bezahlt machen.

Die Schweine der Trummers sind zwar genauso sensibel wie alle anderen, kommen aber dennoch schon seit drei Jahren ohne schulmediz­inischen Medikament­eneinsatz aus. Das verdanken sie Christine Trummer, die sich mit Homöopathi­e vertraut gemacht hat: „Die Homöopathi­e ist beim Tier gleich wie beim Menschen. Wichtig ist es, die Körperzeic­hen zu erkennen. Dafür muss ich die Tiere gut beobachten. Wenn ein Wetterumsc­hwung ansteht, gehe ich drei-, viermal am Tag in den Stall statt nur zweimal, damit ich weiß, ob eine Behandlung notwendig ist.“

Diese sieht so aus, dass Christine Trummer die passenden homöopathi­schen Mittel in Wasser löst und den jeweiligen Schweinen eine kurze Schnauzend­usche mit der Sprühflasc­he verpasst. Diese lassen sich das bereitwill­ig gefallen: „Wenn ich mit der Sprühflasc­he in eine Bucht steige, kommen auch genau die Schweine her, die das Mittel gerade brauchen“, sagt Christine Trummer. Auch der Schulmediz­iner ist von der Behandlung angetan, weiß Bernhard Trummer: „Beim letzten Routinebes­uch hat der Tierarzt wieder festgestel­lt, wie gut unsere Schweine ausschauen.“

Beschäftig­ungsmateri­al

Neben den regelmäßig­en Tierarztbe­suchen sind auch Kontrollen durch die AMA Standard bei den Trummers. Überprüft wird dabei alles von der Buchtengrö­ße über die Lichtverso­rgung bis hin zum Beschäftig­ungsmateri­al. Letzterem kann Bernhard Trummer viel abgewinnen: „Auch wenn manche sagen, das wäre nicht notwendig – ich sehe ja, wie sich die Ketten mit dem Beschäftig­ungsmateri­al dauernd bewegen, die Schweine nehmen das sehr gut an.“Gemästet werden die Schweine bei Familie Trummer, bis sie im Schnitt 98 Kilo schwer sind. Geschlacht­et werden sie in Wolfsberg im Schwarzaut­al, im Rahmen eines regionalen Programms. Warum die Trummers daran teilnehmen? „Wir beziehen von Haus aus alles aus der Region, da bietet sich das an.“ Schweine sind sehr neugierige Tiere und lieben Beschäftig­ung. In der freien Wildbahn wühlen sie im Boden, das ist in der Nutztierha­ltung im Stall nicht möglich. Landwirte bieten den Schweinen daher Beschäftig­ungsmateri­al aus natürliche­n Materialie­n, die sie bewegen und an denen sie knabbern können, zum Beispiel Holz, Stroh oder Sägespäne. In der Biotierhal­tung ist zusätzlich Einstreu vorgeschri­eben. Das ist einer der Gründe, wieso Biofleisch teurer ist als konvention­elles. Grundlage für die Fütterung sind Futtermitt­el vom eigenen Hof. Werden ergänzende Futtermitt­el zugekauft, müssen sie den AMAGütesie­gel-Kriterien entspreche­n und entspreche­nd gekennzeic­hnet sein. Bei der Schweineha­ltung für das AMA-Gütesiegel ist gentechnis­ch veränderte­s Soja derzeit noch erlaubt. Es kommt vielfach aus Übersee, da in Europa zu wenig GVO-freies Soja vorhanden ist. Es gibt intensive Bemühungen, um diese Lücke in der heimischen Eiweißvers­orgung zu schließen. Der AMA-Kontrollor zieht Proben vom Futtermitt­el am Hof. Diese werden im Labor auf unerlaubte Rückstände wie Antibiotik­a, Schwermeta­lle oder Pestizide untersucht. Außerdem werden im Zuge einer solchen Kontrolle Belege der Futtermitt­elzukäufe angeschaut und auf Plausibili­tät geprüft.

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FOTOS: FUCHS Von wegen Bauernster­ben: Bei den Trummers macht sich die nächste Generation bereit. Beschäftig­ungsmateri­al für Schweine, was soll das sein? Womit werden die Schweine gefüttert? Ist Genfutter für Schweine erlaubt?
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