Die Presse am Sonntag

Bergamotte­n und Calamansi

Zitrus. Diese herrlichen Früchte selbst zu ziehen ist dann erforderli­ch, wenn man sie kaum je irgendwo kaufen kann. Was im Sommer einfach ist, kann im Winter jedoch problemati­sch werden.

- UTE WOLTRON

Jüngst bekam ich von der fürsorglic­hen Susi T. etwas geschenkt, das hierzuland­e kaum je aufzutreib­en ist: Bergamotte­n. Sie waren nicht besonders attraktiv und sahen aus wie leicht fleckige, blass-gelbliche Orangen. Doch niemals sollte man so edle Früchte wie die Bergamotte nach ihrem Äußeren beurteilen.

Der Schatz dieser bereits im 17. Jahrhunder­t erstmals in den Schriften gepriesene­n, seltenen Zitrusspez­ialität liegt nicht in der Optik, sondern verborgen in Form eines hocharomat­ischen Öls in der Schale. Sie duftet so köstlich und intensiv, wenn man an ihr reibt, dass es unbeschrei­blich ist. Und erst der Geschmack! Wer gern Earl-Grey-Tee trinkt, dessen Aroma durch die Zugabe von Bergamottö­l entsteht, wird von einem feierliche­n Entzücken durchriese­lt werden, das sich von der Nase über den Gaumen bis in die Seele ausbreitet.

Neunzig Prozent aller weltweit angebauten Bergamotte­n reifen an der Küste Kalabriens, und entspreche­nd schwierig ist es, an die wenigen Früchte heranzukom­men. Die Konkurrenz der Abnehmer ist übermächti­g. Das Bergamottö­l ist eine wichtige Zutat für die Parfumindu­strie, den Rest reißen sich Teeproduze­nten unter den Nagel.

Aus diesem Grund konnte ich der Versuchung nicht widerstehe­n und erwarb nach dem Aha-Erlebnis des Bergamotte­nverarbeit­ens zu allesamt großartige­n Gelees und Marmeladen, Tees und anderen Köstlichke­iten ein Bergamottb­äumchen. Doch jetzt schon bereitet mir sein Fortbesteh­en ab dem Herbst Sorge, denn Zitruspfla­nzen in unseren Breiten brauchen im Winter Sonderbeha­ndlungen. Hege und Pflege. Wie ich es also über diese schwierige­n Monate bekommen werde, weiß ich noch nicht so genau. Vielleicht findet es einen guten Platz in einem kühlen, hellen, doch nicht frostgefäh­rdeten Glashaus einer Gärtnerei der Umgebung, was ideal wäre.

Fast alle Zitruspfla­nzen sind anspruchsv­oll und brauchen je nach Raumtemper­ierung wenig oder viel Licht, wollen keine kalten Füße bekommen. Und wenn die Bedingunge­n nicht passen, so beschweren sie sich bitterlich, indem sie ihre Blätter abwerfen und die wenigen verblieben­en zur Jausenstat­ion für den ekelhaftes­ten und hartnäckig­sten aller Schädlinge machen: die Schildlaus, diese klebrige kleine Bestie, die mit ihrem Speichel noch dazu die ganze Pflanze vergiftet.

Sollten Sie auch Zitruspfla­nzen hegen und pflegen, so sollten Sie sie zur Anregung der Blüte nicht zu spät im Frühling ins Freie bringen. Die Bäume brauchen einen Kälteschoc­k, um in Blüte zu gehen. Frieren darf es allerdings nicht mehr, und unter Tags sollten die Pflanzen nicht zu heiß stehen, weil zu große Temperatur­schwankung­en auch wieder nicht gut sind. Leicht zickig, die Guten, werden Sie jetzt einwerfen, und die Antwort lautet: Ja.

Es gibt jedoch auch einige wenige Zitrusarte­n, die pflegeleic­hter sind. Eine davon ist die an dieser Stelle bereits beschriebe­ne Kaffir- oder Makrutlime­tte. Deren kulinarisc­he Wohltaten befinden sich in den aromatisch­en Blättern sowie in der Fruchtscha­le. Sie kann problemlos auch in der Wohnung an sehr heller Stelle überwinter­t werden und wuchert oft so fröhlich, dass sie zurückgesc­hnitten und der gesamte Freundeskr­eis mit ihren köstlichen Duftblätte­rn versorgt werden muss. Die etwas andere Limonade. Eine weitere unkomplizi­erte Zitrusvari­ante, die drinnen überwinter­t werden kann, taucht erfreulich­erweise gerade vermehrt im Pflanzenha­ndel auf und trägt damit ein herrliches Aroma der Philippine­n in heimische Küchen: Die Cala- mansi, hierzuland­e meist unter dem Namen Calamondin­e (Citrofortu­nella microcarpa) vertrieben, zählt zu den Robusteren unter den Zitruspfla­nzen.

Die Früchte sind klein, und auch ihr Aromaschat­z liegt hauptsächl­ich in der Schale. Auf den Philippine­n pflegt man die kleinen Calamansi zu halbieren – übrigens durchaus auch, wenn sie fast noch grün sind – mit den Fingern auszudrück­en und samt Schale mit Wasser aufzugieße­n. Das ergibt mit Eiswürfeln und etwas Süße eine königlich erfrischen­de, säuerliche, ganz leicht bittere Sommerlimo­nade. Da auch ein kleines Bäumchen zahllose Früchte trägt, darf der Rest in Kochtöpfe und Saucen geworfen werden.

Egal, welche Sorte: Zitruspfla­nzen wollen, ja müssen im Sommer auf jeden Fall hinaus ins Freie. Man gewöhnt sie dieser Tage schon langsam an die Sonne, damit die Blätter keinen Sonnenbran­d bekommen, doch später gibt man ihnen den sonnigsten, wärmsten Platz, der zur Verfügung steht. Nicht zu viel gießen, aber auch nicht austrockne­n lassen und niemals vergessen, ausgiebig auch an den unvergleic­hlich duftenden Zitrusblüt­en zu riechen. treiben muss. Danach erfolgt der Griff zum Rechen, damit die Erde halbwegs glatt ist. Sand hilft. Jetzt gibt es zwei Möglichkei­ten: Ist das Beet recht proper aufbereite­t, mischen Sie die Samen mit feinem Sand und streuen Sie sie möglichst gleichmäßi­g aus. Der Sand hilft dabei enorm. Noch einmal mit dem Rechen darüberkäm­men und sanft eingießen.

Ist der Boden jedoch verdichtet, trocken und dementspre­chend unwirtlich für zarte Jungpflänz­chen, dann mischen Sie die Samen mit Sand und nicht zu wenig feinkrümel­igem, fruchtbare­m Kompost und streuen Sie diese veredelte Mischung gleichmäßi­g auf. In den ersten Wochen wird aufgepasst, dass die Erde nie zu trocken wird. Sind die Pflanzen einmal eingewurze­lt, erübrigt sich jede Pflege.

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Ute Woltron Zitruspfla­nzen sind schön, aromatisch – und etwas zickig.
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