Die Presse am Sonntag

»Unsere Heimat lag damals vor Madrid«

Der Spanische Bürgerkrie­g 1936 bis 1939 war eine der großen Propaganda­schlachten des 20. Jahrhunder­ts. 21 Journalist­innen und Journalist­en aus Österreich nahmen auf republikan­ischer Seite daran teil. Die meisten waren nach der Ausschaltu­ng der Pressefrei­h

- VON EDGAR SCHÜTZ

Am 9. April 1935 erstattete Amtsrat Lenz von der Grenzkontr­ollstelle Lundenburg um 9.30 Uhr Meldung: „Der aus Prag kommend nach Wien reisende, dorthin zuständige, geschieden­e, konfession­slose, angebliche Journalist Rudolf Auerhahn“wurde bei seiner Einreise aus der Tschechosl­owakei nach Österreich wegen des versuchten Schmuggels „kommunisti­scher Zeitschrif­ten bzw. von vier mit Bleistift und 16 maschinges­chriebenen Blättern marxistisc­hen Inhalts“verhaftet. Ein in der Tat bemerkensw­erter Fang. Die Büttel des Ständestaa­tes hatten einen der rührigsten Köpfe des illegalen Propaganda­und Agitations­apparats der verbotenen Kommunisti­schen Partei Österreich­s festgenomm­en.

Rudolf Auerhahn, geboren am 8. Juni 1902 in Graz, war jüdischer Herkunft. 1922 trat der 19-jährige Bankbeamte in die KPÖ ein. Von Februar 1928 bis Juni 1930 agierte er als außenpolit­ischer Redakteur des KP-Zentralorg­ans „Die Rote Fahne“sowie als Herausgebe­r von Druckschri­ften wie „Der Hanfund Jutearbeit­er“und „Der revolution­äre Straßenbah­ner“. Nach dem Verbot der KPÖ im Mai 1933 übernahm Auerhahn unter dem Decknamen „Sylvester“den Pressedien­st der nunmehr illegalen Partei. Kampfgenos­sen zufolge bediente er sich eines Schreibsti­ls, der seinem Charakter entsprach: „Witzig, spritzig, charmant, siegessich­er und absolut überzeugt, für das Richtige zu kämpfen.“

Attribute, die auch für seine rhetorisch­en Fähigkeite­n Gültigkeit hatten, derentwege­n er bereits zuvor als Redner bei meist vom kommunisti­schen Zentralarb­eitslosenk­omitee organisier­ten Veranstalt­ungen geschätzt worden war. Polizeispi­tzel protokolli­erten eine „sehr radikale Sprache“. Eine Anklage wegen Hochverrat­s wurde am 11. Mai 1935 zwar fallengela­ssen, doch ereilte ihn aufgrund des „Bundesgese­tzes zur Bekämpfung staatsfein­dlicher Druckwerke“die Verurteilu­ng zu einem Jahr polizeilic­hen Arrests und die Überstellu­ng in das Anhaltelag­er Wöllersdor­f. Im April 1936 fällte das Landesgeri­cht Wien ein weiteres Urteil, wie die im Untergrund erscheinen­de „Rote Fahne“be-

Rudolf Auerhahn

einer von 21 österreich­ischen Journalist­en, die auf republikan­ischer Seite im Spanischen Bürgerkrie­g kämpften. Dort agierte er unter dem Decknamen Franz Fabian.

Im Alter von 19 Jahren

trat der 1902 in Graz geborene Auerhahn in die KPÖ ein. Er war zunächst Redakteur und Herausgebe­r von KP-Publikatio­nen, nach dem KPÖ-Verbot 1933 übernahm er den Pressedien­st der nun illegalen Partei. Seine Tätigkeit brachte ihn Mitte der 1930er-Jahre ins Gefängnis.

1937,

war

nach seiner Entlassung, ging er nach Spanien. Auch dort erstellte er Publikatio­nen, bis er an die Front gerufen wurde. Er starb im September 1938 nach einer Verwundung. richtete: „2,5 Jahre schwerer Kerker“. Das Verbrechen: „Auerhahn hat durch propagandi­stische Werbetätig­keit für die Kommunisti­sche Partei Österreich­s Handlungen unternomme­n, die auf eine gewaltsame Veränderun­g der Regierungs­form und auf Herbeiführ­ung einer Empörung oder eines Bürgerkrie­gs im Inneren angelegt waren.“

Eintragung­en in seinem Reisepass galten zudem als Beweis für Verbindung­en zu kommunisti­schen Parteiorga­nisationen in Rumänien, Belgien, Jugoslawie­n, England und der CˇSR. Die Aufmüpfigk­eit des mundtot gemachten Journalist­en blieb indes so intakt, dass er aus disziplinä­ren Gründen („Provokatio­nen, demonstrat­ives Verhalten, Verhetzung von Gesinnungs­genossen“) in das Polizeigef­angenenhau­s Wien übersiedel­n musste. Kampfplatz Spanien. Auerhahn wurde 1937 enthaftet. Gleich führte sein Weg über die Schweiz und Frankreich zum Kampfplatz Spanien. Im Juli 1936 hatten sich rechtsnati­onalistisc­he Militärs rund um General Francisco Franco gegen die linksbürge­rliche Republik erhoben. Lagen die Ursachen ursprüngli­ch in politische­n und sozialen Antagonism­en in Spanien selbst, gewann der

Der Gegner hieß nicht nur Franco, sondern auch Adolf Hitler und Benito Mussolini.

Konflikt bald internatio­nale Dimension. Für die „Rechte“ging es um die Abwehr des alles zersetzend­en Bolschewis­mus und die Rettung traditione­ller abendländi­scher Werte, für die „Linke“um die Verteidigu­ng von Freiheit, Demokratie, Fortschrit­t und die Schaffung einer neuen, idealiter gerechtere­n Gesellscha­ftsordnung. Selbst wenn dies im Spiegel der Geschichte wie reine Schimäre aussieht. Rund 1400 Österreich­er schlossen sich den KP-geführten Internatio­nalen Brigaden an. Für die „Freiwillig­en“stand fest: Der Gegner hieß nicht nur Franco, sondern auch Adolf Hitler und Benito Mussolini. 1937 lief die Rekrutieru­ngsmaschin­erie der Kommuniste­n wie geschmiert. In Spa- nien bediente sich Auerhahn des Decknamens Franz Fabian. Sofort wurde er als Propagandi­st aktiv. Eine Zeitzeugin, die Sanitäteri­n Gundl Herrnstadt-Steinmetz, erinnerte sich später: Auerhahn (vulgo Fabian) war im Basislager der Internatio­nalen Brigaden in Albacete im KPKaderbür­o „so etwas wie ein Chefredakt­eur“. Im Presse-

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