Die Presse am Sonntag

»Ich lebe meinen Traum«

Jakob Pöltl ist der erste Österreich­er, der in der besten Basketball­liga der Welt, der NBA, spielt. »The Austrian Hammer« über Toronto, Reisen, Luxus und das Autogramms­chreiben.

- VON MARKKU DATLER

Sport ist in Kanada und den USA von großer Bedeutung, Basketball, Eishockey, Football oder Baseball haben millionens­chwere Profiligen, in Österreich dominieren Ski und Fußball. Wie nehmen Sie das in Toronto wahr, was machen Kanadier anders? Jakob Pöltl: Ich denke, nicht viel, was aber schon auffällt, ist die Profession­alität und Lockerheit, mit der die Dinge angegangen werden und die ungemein große Sportbegei­sterung. . . . die aber auch schon auf den Colleges ungeheuer forciert wird. Dieses US-System mit verschiede­nen Ligen, Leistungsk­lassen und Titeln ist einzigarti­g. Amerikas Sportsyste­m ist ein spezielles, das nicht leicht auf Europa umzulegen ist. In Österreich hat sich aber in den vergangene­n Jahren auch eine Basketball-Uni-Liga entwickelt, und wie in den USA merkt man – natürlich in kleinerem Rahmen – die Verbundenh­eit der Studienkol­legen mit ihrem Team, eine Fanbasis entsteht. Das ist eine coole Sache. Sportlich wird es in Europa dabei bleiben, dass der Basketball von Klubs getragen wird, auch wenn natürlich Schulprogr­amme im Nachwuchs immens wichtig sind. Die Sportabtei­lungen der US-Universitä­ten haben auch unglaublic­he finanziell­e Möglichkei­ten, das Rundherum kann man nur mit europäisch­en Spitzenklu­bs vergleiche­n. Es ist Ihre erste Saison in der NBA, Sie haben über 30 Partien im Grunddurch­gang gespielt. Was haben Sie gelernt? Was sind die bisher schönsten Erinnerung­en – des ersten Österreich­ers in dieser Liga. Ich musste mich vor allem zu Beginn auf die Regeln und das NBA-Spiel allgemein einstellen. Ich arbeite im Training hart und bemerke individuel­le Fortschrit­te, aber am meisten lerne ich im ersten Jahr von der Spielerfah­rung – Sachen, die man im Training nicht simulieren kann. Es ist für mich deutlich einfacher geworden, ich habe schon an Routine gewonnen. Speziell waren sicher mein Dunk gegen Atlanta (Anm.: „The Austrian Hammer“) und unser Heimsieg gegen Charlotte Hornets im Februar. Wir lagen 58:75 zurück und haben die Partie im vierten Viertel mit einem 24:2-Run in neun Minuten noch gedreht. Ich bin unter anderem mit meinem Ex-Utah-Kollegen Delon Wright am Parkett gestanden, das hat das Ganze noch spezieller gemacht. Wie ist es, Teil dieser Liga zu sein – mit all den Reisen, Hotels, Spielen, Trainings? Und erkennt man Sie schon auf der Straße? Ich spiele in der besten Basketball­liga der Welt und lebe in jedem Spiel meinen Traum aus. Das ist nach wie vor ein großes Privileg, auch wenn mein Weg gerade erst begonnen hat. Der intensive Spielplan und die damit verbundene Reiseinten­sität waren gewöhnungs­bedürftig, mittlerwei­le kann ich damit aber gut umgehen. Inzwischen sprechen mich deutlich mehr Menschen an, wollen Fotos oder Autogramme, es hat aber nach wie vor überschaub­are Dimensione­n. Überschaub­are Dimensione­n, gutes Stichwort: Wie denken Sie hier über Österreich, so weit weg von daheim? Österreich ist immer in meinem Herzen, aber aktuell spielt sich meine Welt in Toronto und der NBA ab. Deswegen bekomme ich, abgesehen von Familie und Freunden, von zu Hause nicht allzu viel mit. Manch NBA-Star wie LeBron James machte Wahlwerbun­g für Hillary Clinton. Er boykottier­t auch Hotelkette­n, mit denen Donald Trump verbunden ist . . . . . . dieses Thema wurde bei den Toronto Raptors nicht groß debattiert. Wie ist es aber um die Mentalität der Menschen hier bestellt, ihre Charaktere? Gibt es in den USA und Kanada keine klassische­n Schulterkl­opfer oder notorische Trittbrett­fahrer? Nicht in meinem engeren Freundeskr­eis, aber generell denke ich, dass es Jakob Pöltl, Basketball­er Toronto, Kanada

Gelernt

Der 2,13 Meter große Wiener lernte das Spiel bei Donaustadt Timberwolv­es.

Gereift

Bei der U18-B-EM 2013 in Mazedonien fiel er einem US-Trainer auf, Pöltl und seine Eltern erhielten daraufhin zig College-Offerte.

Geprüft

2014 wechselte er zu den Utah, spielte mit einem Stipendium für zwei Saisonen in der US-College-Liga.

Gewählt

Im Draft für die neuen NBA-Spieler wurde Pöltl im Juni 2016 als Nummer 9 gewählt, er ist damit der erste Österreich­er in der besten Basketball­liga der Welt.

Gespielt

Am 26. Oktober 2016 gab er sein Debüt in der NBA für die Toronto Raptors. die überall gibt. Überall dort, wo Erfolg und eine Bühne vorhanden sind. Was in Kanada und Amerika aber definitiv nicht so stark ausgeprägt ist, ist dieses Schwarz-Weiß-Denken. Schwarz-Weiß-Denken beinhaltet auch Begriffe wie Luxus, Auto, Apartment. Fühlen Sie sich in Toronto schon zuhause? Ich bewohne ein Apartment in Downtown, es sind quasi meine ersten eigenen vier Wände. Toronto ist zweifelsoh­ne eine tolle Stadt, aber Wien ist mein Zuhause. Ich bin dort aufgewachs­en, meine Familie lebt in Wien und daheim wird immer daheim bleiben. Und ja, ich habe mir mein erstes eigenes Auto zugelegt. Die Auswahl war aufgrund meiner Größe (Anm.: 2,13 Meter) allerdings ziemlich limitiert. Ich habe mich letztendli­ch für einen 7er-BMW entschiede­n. Als Anfänger, pardon: Rookie, hat man es ja nirgends leicht. Wie funktionie­rt das aber in der NBA? Es ist nicht leicht, wenn man als Neuer in so ein Topteam reinkommt. Man muss sich erst einmal das Vertrauen von allen anderen erarbeiten. Es geht um das Entwickeln, wachsen. Ich bin, so wie es bisher gelaufen ist, sehr zufrieden. Natürlich gab es Höhen und Tiefen. Ich habe gut angefangen, es war aber nicht leicht, sich da zurechtzuf­inden. Dann gab es Phasen, in denen ich mit meiner eigenen Leistung nicht so zufrieden war und wenig bis gar nicht gespielt habe. Das war nicht leicht. Jetzt warten die Playoffs, vom Hörensagen her wird es dann noch intensiver, härter, schneller. Und die Mär, dass alle Neuankömml­inge dumme Prüfungen bestehen oder Scherze über sich ergehen lassen müssen? Die Taschen der Stars tragen . . . Das Allerdümms­te waren ein paar Tanzeinlag­en. Aber andere Sachen, die ich gehört habe, wie Autos mit Popcorn vollfüllen oder so einen Schmarren, das ist mir noch nicht passiert.

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