Profileben als Fußballerin – in der Karenz
Für den Traum der ersten EM-Endrunde wagte ÖFB-Rekordschützin Nina Burger den Sprung nach Deutschland.
Mitte Juli gibt Österreichs Frauenfußball-Nationalteam in den Niederlanden seine Premiere bei Europameisterschaften. Es war die Aussicht auf diese Endrunde gewesen, die Nina Burger im Sommer 2015 zum Wechsel ins Ausland anspornte. „Ich wollte mich persönlich weiterentwickeln und sportlich noch einmal verbessern, um dem Nationalteam zu helfen. Dafür war dieser Schritt notwendig“, erklärt die 29-Jährige. Nach fast zehn Jahren, acht Meistertiteln, sieben Cupsiegen und sechs Torjägerkronen verließ die Stürmerin also Neulengbach und heuerte beim deutschen Bundesligisten SC Sand an. Seither ist Kehl in Baden-Württemberg die neue Heimat der ÖFB-Rekordschützin.
Die Eingewöhnung in die 35.000Einwohner-Stadt direkt an der französischen Grenze fiel Burger nicht schwer, hat sie doch kaum Unterschiede zwischen deutscher und österreichischer Lebensart festgestellt. Einzige Ausnahme: das Essen. „Gleich am Anfang gab es bei einem Sportfest Schnitzel mit Bratensaft und Brot. Das war schrecklich – ein echter Kulturschock“, erzählt sie im Gespräch mit der „Presse“. Die Kommunikation zwischen Badisch und Niederösterreichisch funktioniert inzwischen, „ich versuche mehr nach der Schrift zu sprechen“. Natürlich gebe es in der Kabine hin und wieder die obligatorischen ÖsiWitze zu hören, davon bleibe jedoch keine der zehn im Kader vertretenen Nationen verschont.
Wesentlich drastischer empfand Burger den Kontrast bei ihrem ersten Kurzgastspiel in der Fremde. 2014 wagte sie eine viermonatige Leihe zu Houston Dash in die US-Liga. „Ich komme vom Land, da ist alles familiär, und Houston ist eine riesengroße Stadt“, beschreibt sie ihre Eindrücke. Die Amerikaner seien zwar immer freundlich gewesen, echte Freundschaften hätten sich jedoch kaum entwickelt. „Viele machen einen auf Kumpel, aber wenn es tiefer gehen soll, wird es schwierig.“Dafür sei die Wahrnehmung von Frauenfußball in den USA eine ganz andere. 5000 Zuschauer pro Partie und bessere Gehälter als in Deutschland, „da merkt man schon, dass der Stellenwert höher ist“.
Jetzt führt Burger ein Profileben, konzentriert sich ganz auf den Sport. In Neulengbach war Fußball nur der Nebenberuf, ihren Lebensunterhalt verdingte sie sich als Polizistin. Für das Auslandsabenteuer hat sich die gebürtige Tullnerin karenzieren lassen und sogar finanzielle Einbußen akzeptiert. Finanzielle Fragen. Halb so viel wie in Österreich hat sie im ersten Jahr bei Sand verdient, in den Verhandlungen zur Verlängerung haben sich dann ihre guten Leistungen niedergeschlagen. „Es ist noch sehr viel Luft nach oben“, findet die 84-fache Nationalspielerin dennoch. Die Sphären der Männer sieht sie ohnehin Reichweite.
Burger ist deshalb froh über die Absicherung durch den Job bei der Polizei und will nach Karriereende auf jeden Fall zu ihrer Dienststelle in den neunten Wiener Gemeindebezirk zurückkehren. Ein dauerhaftes Leben im Ausland ist für die 29-Jährige kein Thema, schon jetzt nutzt sie Spielpausen zu Besuchen in der Heimat. „Freunde und Familie, die Zeit zu Hause ist mir wichtig“, bekennt sie. Der Vertrag mit Sand läuft bis zum Sommer, über die EM hinaus hat sie noch nicht geplant. Vielleicht ist es ja erneut die Endrunde, die das nächste Kapitel in Burgers Karriere öffnet. langfristig außer