Die Presse am Sonntag

Zu Hause auf dem Meer

Tom Puchner und Sonja Napetschni­g segeln seit Ende 2013 mit ihrem fünfjährig­en Sohn um die Welt. Ein Ende ist nicht absehbar. Die Meeresbiol­ogen erzählen von ihrem Segelallta­g.

- VON ANNA-MARIA WALLNER

Wir erreichen Tom Puchner und Sonja Napetschni­g am vergangene­n Mittwoch via Skype. Ihr Katamaran liegt seit einigen Tagen in einer Bucht der größten Galapagos-Insel, Isabela, vor Anker. „Hier scheint die Sonne, und die Lagune leuchtet grün“, sagt Tom Puchner. Und erzählt weiter: „Wir waren heute schon mit Seelöwen und Meeresechs­en schnorchel­n.“Allerdings stand an diesem Tag auch schon Unterricht auf dem Programm. Denn das Paar ist mit ihrem Sohn, Keanu, unterwegs, der gerade fünf geworden ist. Seine Eltern unterricht­en ihn regelmäßig. Um im österreich­ischen Schulsyste­m zu bleiben, muss er jedes Jahr eine Einstufung­sprüfung machen. „Er kennt schon alle Buchstaben, das Lesen wird immer besser, und Rechnen bis 20 geht auch schon ganz gut“, erzählt sein Vater.

„Keanu kann sich an ein Landleben gar nicht mehr erinnern“, sagt Sonja Napetschni­g. Denn die kleine Familie lebt seit Ende 2013 permanent auf ihrem Segelschif­f, Pakia Tea. Der Bub war damals eineinhalb. „Wir glauben, es geht ihm ausgezeich­net. Hätten wir das Gefühl, dass ihm etwas fehlt, würden wir unser Nomadenleb­en aufgeben.“Er ist ständig in Bewegung, erzählen die Eltern, „er klettert am Boot herum, läuft Strände auf und ab, schwimmt und schnorchel­t.“Allerdings wissen sie, dass soziale Kontakte für ihn jetzt immer wichtiger werden. „Wir achten darauf, dass er sie bekommt. Es sind auch viele andere Segler mit Kindern unter- wegs, und wir haben vor, in Zukunft öfter mit anderen Kids-Boats zu segeln.“Hie und da fliegen sie zu Besuch nach Österreich, wenn die Flüge halbwegs leistbar sind. „Vor allem, damit Keanu auch etwas von seinen Großeltern hat – und umgekehrt.“

Wann die zwei Meeresbiol­ogen, sie aus Kärnten, er aus Oberösterr­eich, die Idee zu ihrer Reise gekommen ist, wissen sie gar nicht mehr so genau. Tom Puchner hat mit zwölf sein erstes Weltumsegl­erbuch gelesen, und seither sei für ihn festgestan­den: „Das mache ich auch einmal.“Offenbar hat er die Abenteuerl­ust von den Eltern geerbt, Tom Puchner und Sonja Napetschni­g Weltumsegl­er

Die beiden

Meeresbiol­ogen sind beide Anfang 40, kommen aus Österreich, haben vor der Abreise im 20. Bezirk in Wien gelebt und unter anderem nach dem Abschluss ihrer Studien und einigen Auslandsau­fenhtalten eine Meeresbiol­ogische Schule in Kroatien gegründet.

2013

haben sie ihre Wiener Wohnung verkauft, ihre alten Sachen auf den Dachböden ihrer Eltern verteilt und segeln seither mit ihrem heute fünfjährig­en Sohn Keanu auf ihrem fast energieaut­arken Katamaran Pakia Tea durch die Weltmeere. Derzeit sind sie auf den Galapagos Inseln, Anfang April geht es weiter in Richtung Osterinsel­n bzw. Französisc­hPolynesie­n. Man kann die Familie begleiten.

Mehr Infos unter:

www.planet-ocean.at auch sie haben gerade eine Weltumsege­lung abgeschlos­sen, von Madagaskar bis Trinidad sind die Puchers senior und junior gesegelt. (Mehr dazu kann man hier lesen: www.katamaranf­elix.at.) Mitsegler erwünscht. „Für uns ist es die beste Möglichkei­t, die Meere und natürlich auch die Länder unseres wunderbare­n Planeten intensiv zu erleben und kennenzule­rnen. Und wir hinterlass­en dabei möglichst kleine ökologisch­e Fußabdrück­e. Anstatt Besitztüme­r wollen wir Eindrücke und Erinnerung­en sammeln.“Zudem wollen die beiden auch andere Leute für die Meere begeistern. Man kann die Kleinfamil­ie an Bord ihres Katamarans begleiten. Gerade sind zwei US-Amerikaner mit ihnen unterwegs.

Vor dem Start ihres Abenteuers haben die beiden jahrelang „recherchie­rt, gelernt, überlegt und ein Boot gesucht“. In Thailand sind sie schließlic­h fündig geworden. „Die Pakia Tea stand gebraucht zum Verkauf, war aber auch zu chartern. Also konnten wir sie zuerst kennenlern­en und probesegel­n, bevor wir uns für sie entschiede­n.“Die technische Ausstattun­g haben sie in Kooperatio­n mit Solarwave Yachts entwickelt, ein Team von Seascape Asia hat sie beim Umbau unterstütz­t. Ihre Yacht braucht sehr wenig fossile Brennstoff­e, bietet aber dennoch Komfort. „Vom Antrieb über den Tauchkompr­essor bis zur Küche und dem ,Wassermach­er‘ funktionie­rt bei uns alles elektrisch. Der Strom kommt zum überwiegen­den Teil von einer großen Fotovoltai­kanlage. Wenn wir längere Strecken fahren, viele Tauchflasc­hen füllen oder in der Regenzeit unterwegs sind, brauchen wir aber doch gelegentli­ch unseren Dieselgene­rator.“

Ihr Leben finanziere­n die beiden durch die Unkostenbe­iträge, die Mitsegler bezahlen, und durch die Mieteinnah­men einer Eigentumsw­ohnung in Klagenfurt. „Bis jetzt ist sich das halbwegs ausgegange­n, aber in Zukunft werden wir noch etwas kreativer werden müssen.“Es gibt Überlegung­en, die Pakia Tea als Forschungs­projekt zur Verfügung zu stellen. In Kürze bekommen sie einen kleinen ferngesteu­erten Unterwasse­rroboter, der bis 100 Meter tief tauchen kann. Der Alltag auf dem Schiff teilt sich in einen Überfahrts­modus und einen Ankerplatz­modus, erzählt Pucher. Wobei die langen Überfahrte­n den kleineren Teil ausmachen, ca. 15 Prozent. Die weitaus meiste Zeit verbringt die Familie vor Anker. Da werden Erkundunge­n auf dem jeweiligen Land gemacht, aber auch Wartungsar­beiten, Kochen, Essen, Spielund Lernzeit mit Keanu gehören dazu.

Am meisten fehlen ihnen ihre Freunde daheim und das Festefeier­n mit der Familie. In Kontakt bleiben sie mit ihnen via Skype oder E-Mails. Das Heimweh ist aber offenbar nicht besonders groß, denn eine Rückkehr ist nicht geplant, so das Paar. Bis Jänner 2019 wollen sie jedenfalls unterwegs ein, aber eigentlich auch danach. Anfang April geht es weiter Richtung Osterinsel und Französisc­h-Polynesien. Jetzt erobern sich die drei den Pazifik. September 2014 Start in Malaysia

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