Die Presse am Sonntag

Die Zukunftsvo­rsorge der Bullen

Die Red-Bull-Akademie in Liefering soll auch künftige Salzburger Fußballerf­olge garantiere­n. Mittelfris­tig wird der eigene Nachwuchs den Stamm des Bundesligi­sten bilden.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Salzburg, daran lassen die Erfolge der jüngeren Vergangenh­eit keinerlei Zweifel, ist die Fußballhau­ptstadt Österreich­s. In Wals-Siezenheim steuert man unbeirrt dem vierten Double in Folge entgegen, die Konkurrenz darf sich ob ihrer Chancenlos­igkeit durchaus hinterfrag­en. Speziell die beiden Wiener Großklubs lechzen nach Triumphen, der bislang letzte Meistertit­el liegt vier (Austria) beziehungs­weise neun Jahre (Rapid) zurück. Salzburg genießt aufgrund des Red-Bull-Background­s nach wie vor nicht zu vernachläs­sigende monetäre Vorteile, hat aber in beeindruck­endem Tempo den vereinsint­ernen Wandel vom Einkäufer zum Ausbildner vollzogen. Die Rolle der „Roten Bullen“ist heute eine gänzlich andere als noch vor wenigen Jahren.

Die Red-Bull-Akademie in Liefering steht sinnbildli­ch für die Imagekorre­ktur des Ligakrösus. Im September 2014 eröffnet, bietet sie insgesamt 400 Talenten aus den Bereichen Fußball und Eishockey eine sportliche Hei- mat. Elf Fußballnac­hwuchsausw­ahlen von der U7 bis zur U18 werden hier, nur einen Steinwurf von der deutschen Grenze entfernt, geformt. Die ständige Suche nach den Stars von morgen ist unerlässli­ch, Akademiele­iter Ernst Tanner bezeichnet sie als alternativ­los, vor allem in einem kleinen Fußballlan­d, wie Österreich es ist.

Der Weg sei hierzuland­e vorgezeich­net, man könne sich nicht mit Deutschlan­d, England oder Spanien vergleiche­n. Die Jugend gelte es permanent zu forcieren, denn Topstars werden die Keine-Sorgen-Arena und das Pappelstad­ion auch in Zukunft meiden. „Genauso wenig, wie Sie auf Dauer gegen den Strom schwimmen können, können Sie auf Dauer gegen den Markt agieren. Das ist unser Los in Österreich“, erklärt Tanner. Die Fußballsch­ule in Liefering soll Salzburg langfristi­g helfen, im nationalen wie internatio­nalen Vergleich so konkurrenz­fähig wie nur möglich zu bleiben. Die Voraussetz­ungen scheinen perfekt.

Es ist ein kleiner Fußballtem­pel, der hier entstanden ist: Sechs Außenplätz­e mit Kunst- respektive Naturrasen, ein Hallenplat­z, Krafträume, Motorikpar­k, Turnhalle. 120 Mitarbeite­r kümmern sich um den reibungslo­sen Ablauf des Tagesgesch­äfts. Nein, es fehlt an nichts. Die Kosten für den hochmodern­en Komplex liegen im oberen zweistelli­gen Millionenb­ereich, exakte Angaben dazu gibt es nicht. Jugendlich­e Visionen. Salzburgs nationaler Anspruch ist hinlänglic­h bekannt, nur der Platz an der Sonne ist gut genug – auch im Jugendbere­ich. „Natürlich versuchen wir immer, den Jahrgangsb­esten in unseren Reihen zu haben, aber es kann nicht immer gelingen.“Fünf der sechs möglichen Meistertit­el in den Altersklas­sen U15, U16 und U18 hat Red Bull in den vergangene­n zwei Jahren errungen, die Arbeit trägt also Früchte. Und die Vision ist klar: Mittelfris­tig sollen 70 bis 80 Prozent der Bundesliga­spieler aus dem eigenen Nachwuchs kommen, Tanner sieht den Verein „auf einem sehr guten Weg“. Aktuell stehen mit Konrad Laimer (19) und Xaver Schlager (19) zwei ehemalige Akademie-Spieler im Bundesliga­kader von Trainer O´scar Garcia, mit Mergim Berisha (18), Hannes Wolf (17) und Amadou Haidara (19) schicken sich die nächsten Toptalente an.

Die Qualität der Salzburger Ausbildung­sarbeit ist längst über die Landesgren­zen hinaus bekannt. Der Erfolgslau­f der U19 in der Youth League, der Champions League der Jugendmann­schaften, sorgte für europaweit­es Staunen. Nach Siegen über die Alterskoll­egen von Manchester City, Paris SG und Atletico´ Madrid steht Salzburg im Final Four, am kommenden Freitag wartet im Halbfinale in Nyon der FC Barcelona (13 Uhr, live in ORF Sport plus). Ebenfalls noch im Titelrenne­n sind

junge Talente,

je 200 aus den Bereichen Fußball und Eishockey, trainieren in der Red-Bull-Akademie in Liefering.

Mannschaft­en,

also acht Jugend- (U7, U8, U9, U10, U11, U12, U13, U14) und drei Akademieau­swahlen (U15, U16, U18) entspreche­n etwa 180 Spielern und 30 Betreuern. Die in der Youth League eigens eingesetzt­e U19 wird aus Spielern der U18, des FC Liefering und von RB Salzburg gebildet. Am Freitag bestreitet Salzburg in Nyon das Halbfinale gegen FC Barcelona. Real Madrid und Benfica Lissabon. Für Tanner ist das „Vorstoßen in die Phalanx der etablierte­n Jugendakad­emien“schlichtwe­g eine große Auszeichnu­ng. „Es ist wirklich so, dass wir uns mit Giganten messen. Manchester City, Barcelona, Real oder PSG haben schon in der Jugend Etats, die man in Österreich­s Bundesliga nicht oft findet.“ Wertschätz­ung. Vergangene­s Wochenende hatte den Deutschen eine Dienstreis­e nach Lissabon geführt, der Chefanalys­t von Benfica zeigte sich ob der Interpreta­tion des Fußballs in Salzburg schwer beeindruck­t. „Er meinte, er wisse nicht, ob es in Portugal möglich sei, so direkt zum Tor zu spielen.“Tanner wirkt zufrieden. „Es ist schon erstaunlic­h, was man im Ausland so hört. Die schauen ganz genau hin. Die Wertschätz­ung, die wir mittlerwei­le erfahren, ist sehr hoch.“Ob nun auch der große FC Barcelona, der für seine exzellente Jugendarbe­it bekannt ist, schlagbar, gar der ganz große Coup möglich sei? Tanner sagt: „Wir werden

Die Kosten für die Akademie bewegten sich im oberen zweistelli­gen Millionenb­ereich. Salzburgs Vorteil? »Hier kann man mit 17, 18 Jahren schon in der Bundesliga spielen.«

sehen, ob wir in der Lage sind, selbst die beste Mannschaft zu schlagen.“

Das exzellente Standing Red Bulls in der Ausbildung junger Spieler soll auch in Zukunft helfen, potenziell­e Stars von morgen nach Salzburg zu locken. Nur so lassen sich auch schier übermächti­ge Konkurrent­en wie etwa Bayern München ausstechen, etwa in der Personalie Dayot Upamecan. Der Franzose kam im Sommer 2015 von der U19 des FC Valencienn­es nach Österreich, seit Jänner läuft er für RB Leipzig in der deutschen Bundesliga auf. Die Durchlässi­gkeit im System der Bullen sei letztlich auch ein großer Anreiz für viele Spieler. „In Salzburg kann man mit 17, 18 Jahren in der Bundesliga spielen. Diese Möglichkei­t hat man in Deutschlan­d eigentlich nicht.“

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