»Ich will weiterhin ein Nationalstadion«
Minister Hans Peter Doskozil bleibt in Bezug auf den Neubau des Happel-Stadions am Ball, er gab eine zweite Machbarkeitsstudie in Auftrag. Auch die neue Förder-GesmbH kommt – und mit ihr »das Ende der politischen Einflussnahme im Sport«.
Mit der Präsentation des neuen Fördergesetzes sorgten Sie für Aufregung im österreichischen Sport. Das Gros der Athleten freut sich, aber manch Funktionär bangt jetzt um seine Macht. Stimmt das? Hans Peter Doskozil: Das Gesetz ist formal fertig, wir haben es dem Innenministerium übermittelt, die Verbände alle ins Boot geholt. Mir geht es um Anliegen, historische Beschwerden, strukturelle Differenzen, um Förderprobleme. Ich will das alles bereinigt sehen, ein System schaffen, mit dem jeder leben kann. Es kann nicht sein, dass Sportler am Ende des Tages einen Steuerberater brauchen, um die Jahresabrechnung zu machen. Es gab die eine oder andere kritische Stimme, ja. Die setzte sich nicht mit der Struktur des Gesetzes auseinander, es ging um Kommissionen, deren Besetzungen. Die wichtigste Frage war: Wie und wer entsendet was in diese Kommissionen? Einigkeit herrscht trotzdem nicht, die Autonomie des Sports wird hinterfragt. Sie sind bei der Sport GesmbH als Minister der Letztverantwortliche gegenüber dem Eigentümer, der Republik. Ich will es vorsichtig formulieren. Wenn man die österreichische Sportwelt betrachtet, gibt es viele unterschiedliche Positionen im Spitzen-, im Breitensport. Es gibt viele Interessen. Es gibt Verbände, Funktionäre, Bund, Länder. Sie alle tragen sehr viel bei, man muss diese Interessen aber bündeln. Die große Herausforderung ist, das war mein Zugang, dass es ein Gesetz gibt, das ausschließlich dem Sport dient. Funktionäre machen bei vielen Verbänden und Vereinen einen guten Job; und ohne deren Einsatz könnte man in Österreich dieses Vereinswesen nicht aufrechterhalten. Aber mir geht es um eine Förderstruktur, die das macht, was sie hätte immer machen sollen: das beste Service für Sportler. Damit geben Sie zu, dass es Diskrepanzen bei Fördergeldern, System und Funktionären gegeben hat. Ich habe es oft gesagt, dass ich der Meinung bin, dass nicht jeder Fördercent beim Sportler ankommt. Mir geht es um den Sportler und um wirtschaftliche Effizienz, das Geld muss ordentlich verwendet werden. Im Hintergrund brauchen wir diese neue Systematik, davon bin ich nicht abgewichen. Was ändert sich denn in der neuen Version der Sportförderung ab 1. Jänner 2018? Die Summe, es sind in etwa 120 Millionen Euro pro Jahr, bleibt ja gleich. Die Förderperioden werden erweitert auf vier Jahre, wir bedienen damit die Wettbewerbszyklen. Das verschafft allen Planungssicherheit, auch die Autonomie des Sports bleibt gewahrt, dazu gibt es zwei Geschäftsführer. Die wesentlichste Funktion dieser Sport GesmbH nehmen die beiden dann ein, einer für Sport, der andere für Wirtschaft. Wir werden Ziele und Inhalte auch in das Gesetz schreiben. Der Sport-CEO soll die Verbände nicht führen, das ginge zu weit. Aber mit einer Art Controlling- und Planungsmechanismus muss er darauf schauen, dass Gelder gezielt eingesetzt werden. Wirklich, ohne Einflussnahme? Das ist, wenn Sie so wollen, die Entflechtung der Politik, ja. Es ist das Ende der Einflussnahme, das sage ich jetzt ganz offen. Diese Entflechtung will ich unbedingt haben, auch meinem Ministerium gegenüber. Deswegen geben wir unsere Mittel in diese GesmbH. Damit sind nicht alle Probleme in Österreich gelöst, denn . . . . . . das nächste liegt in der Infrastruktur. Ich weiß. Wie kriegen wir einen Plan, nicht nur für den Spitzensport? Wie können wir es mit den Ländern harmonisieren? Wie gelingt es mit den Olympiastützpunkten? Es muss Ab- stimmung herrschen bei Plänen und Standorten. Ob das gelingen wird, wage ich aber zu bezweifeln. Beim Punkt Standort fällt der Gedanke auf den Prater, das Happel-Stadion. Ist die Idee des Nationalstadions noch intakt oder längst abgehakt, weil das Geld fehlt und die Machbarkeit infrage gestellt wurde? Ich sehe das Projekt optimistisch, ich will es unbedingt umsetzen, soviel Selbstvertrauen habe ich. Ich habe ein gutes Einvernehmen mit der Gemeinde Wien, dem ÖFB. Wir werden es schaffen, ein Stadion zu bekommen, das zwar nicht Champions-League-, aber zumindest Europa-League-Finale tauglich ist. Das kann man für Österreich im Prater etablieren. Dazu haben wir vor drei Wochen ein renommiertes Unternehmen beauftragt, alle Facetten – mit Einbindung des Denkmalschutzes – zu prüfen. Es läuft doch bereits eine Machbarkeitsstudie? Wozu die zweite? Die wurde von einer Tochter der Gemeinde Wien in Auftrag gegeben. Wir haben einen komplett externen Unternehmer beauftragt, der mit dem europäischen Stadionbau vertraut ist. Wen? Nein, tut mir leid, Namen nenne ich keine. Aber da es ein klares Bekenntnis von Seiten der Stadt Wien gibt, so habe ich das verstanden, werden wir an diesem Projekt weiterarbeiten. Das klingt für mich trotzdem nur nach der Vorstufe zu einer Neubemalung. Nein, es gibt keine Neubemalung, sicher nicht. Wenn man im Prater etwas macht, das Stadion revitalisiert wird, muss man wenigstens den Anspruch haben, ein Europa-League-Finale austragen zu können. Dafür braucht es neue Technik, Bauten etc. Ihre Aussage hat Bestand: Sie wollen, ungeachtet der Einsprüche von Stadtrat MailathPokorny, ein neues Nationalstadion? Ja, das will ich. Das kann man jetzt noch nicht sagen. Es kann dann aber nicht mehr der Fall sein, dass nur vier bis sechs Spiele pro Jahr dort stattfinden, das genügt nicht. Es muss eine multifunktionale Arena sein, der Betrieb muss geregelt werden – und all diese Fragen müssen wir zuerst beantworten. In der Südstadt rumort es übrigens auch. Man munkelt bereits über Abriss und Komplettneubau. Das ist ein komplett neues Thema, darüber bin ich im Detail noch nicht informiert worden. Die Südstadt ist einer von sechs Standorten, die als Tochter in die GesmbH eingehen. Sie wird mitbeurteilt, wohin staatliche Ausgaben weitergehen. Offene Fragen gibt es in der GesmbH genug. Ich hörte, die Geschäftsführer sind bereits bestellt. Nein, beide Posten werden erst ausgeschrieben. Es gilt, Persönlichkeiten zu finden, die aus der Vergangenheit heraus nicht zwingend eine Affinität zu einem Verband haben, sondern es gilt, einen Experten zu verpflichten. Einen, der in der Sportwelt als Führungspersönlichkeit akzeptiert wird. Spekulationen müssen sein, das zeigt zwar das Interesse, werde ich aber nicht kommentieren. Es ist aber eine Position, die nicht politisch besetzt wird. In den Gremien muss auch das ÖOC berücksichtigt werden, aber es geht hier um eine echte Schlüsselposition. Da darf man nicht einmal im Ansatz daran denken, sie politisch zu besetzen. Tut mir leid. Das kann ich nicht glauben, es wurde ja schon so oft angekündigt. Nein, da führt kein Weg daran vorbei. Es geht um den Sport, die Sportler, das ist unser Ziel: Wir wollen Erfolg haben. Und die Basis dafür muss man mit fachlicher Qualität legen. Mit Experten an den richtigen Positionen, die keinen politischen Hintergrund haben. Hans Peter Doskozil: Er hält viel von Rapid und will Österreichs Sport „reformieren“.
Im Juni 1970
wird Hans Peter Doskozil in Vorau in der Steiermark geboren. Er wächst in Grafensachen, Burgenland, auf.
1989
begann er seinen Dienst bei der Polizei. Berufsbegleitend studierte er Rechtswissenschaften.
2007
wurde er Gemeinderat in Grafensachen, ein Jahr später arbeitete er im Büro von Landeshauptmann Hans Niessl.
2012
wurde Doskozil Landespolizeichef im Burgenland. In dieser Funktion wurde er in der Flüchtlingskrise in Österreich bekannt.
Seit Jänner 2016
ist er Minister für Landesverteidigung und Sport. Hintergrund, gutes Stichwort. Es wird so oft beklagt, Österreich hätte keine Sportkultur. Wieso? Jede Nation hat einen unterschiedlichen Zugang zum Sport, sonst wären ja alle gleich, oder? Wir haben eine TeilSport-Kultur. Es beginnt im Kindesalter, in den eigenen vier Wänden. Und dann sollte die Bewegung in der Schule ein wichtiges Element sein. Hier komme ich zu meinem Lieblingsprojekt mit der Täglichen Turnstunde, die wir kommendes Jahr auch auf weitere Bundesländer ausrollen werden, nicht nur auf das Burgenland. Wenn wir den ÖSV hernehmen, wie viele Medaillen und Erfolge dort gewonnen worden sind, wären wir die größte Nation mit der höchsten Sportkultur. Es hängt von der Führung, der Unterstützung ab. Wie geht man mit erfolgreichen Sportlern um, wie positioniert man sie in der Gesellschaft? Das heißt, alle Diskrepanzen mit ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel sind ausgeräumt? Ich habe keine Diskrepanzen mit Schröcksnadel. Jeder hat halt seine Meinung. Wenn das Nationalteam spielt, gibt es auch acht Millionen Zugänge, das ist das Schöne am Sport. Und beim ÖSV? Der Erfolg gibt ihm ganz einfach recht. Es ist einer der wenigen Verbände, die 90 Prozent des Budgets ohne die öffentliche Hand stemmen. Es ist fast schon ein Wirtschaftsbetrieb! Österreich erwägt die Kandidatur für die Winterspiele 2026 mit Innsbruck. Wie sinnvoll ist diese Investition, vor allem auch deshalb, weil Wien abgewunken hat? Wir unterstützen diese Initiative. Die Machbarkeitsstudie läuft, und ich bin froh, dass man die Bevölkerung einbindet. Ohne Befragung ginge das nicht. Es geht aber noch um verkehrstechnische Fragen, um Sicherheitsaspekte, Strukturen, Hotels. Ich finde, es wäre gut, Spiele zu haben. Sie haben Potenzial für Österreich. Auch für Tourismus, die Gegenfinanzierung wäre wichtig für die Sportstätten.