Die Presse am Sonntag

»Ich will weiterhin ein Nationalst­adion«

Minister Hans Peter Doskozil bleibt in Bezug auf den Neubau des Happel-Stadions am Ball, er gab eine zweite Machbarkei­tsstudie in Auftrag. Auch die neue Förder-GesmbH kommt – und mit ihr »das Ende der politische­n Einflussna­hme im Sport«.

- VON MARKKU DATLER

Mit der Präsentati­on des neuen Fördergese­tzes sorgten Sie für Aufregung im österreich­ischen Sport. Das Gros der Athleten freut sich, aber manch Funktionär bangt jetzt um seine Macht. Stimmt das? Hans Peter Doskozil: Das Gesetz ist formal fertig, wir haben es dem Innenminis­terium übermittel­t, die Verbände alle ins Boot geholt. Mir geht es um Anliegen, historisch­e Beschwerde­n, strukturel­le Differenze­n, um Förderprob­leme. Ich will das alles bereinigt sehen, ein System schaffen, mit dem jeder leben kann. Es kann nicht sein, dass Sportler am Ende des Tages einen Steuerbera­ter brauchen, um die Jahresabre­chnung zu machen. Es gab die eine oder andere kritische Stimme, ja. Die setzte sich nicht mit der Struktur des Gesetzes auseinande­r, es ging um Kommission­en, deren Besetzunge­n. Die wichtigste Frage war: Wie und wer entsendet was in diese Kommission­en? Einigkeit herrscht trotzdem nicht, die Autonomie des Sports wird hinterfrag­t. Sie sind bei der Sport GesmbH als Minister der Letztveran­twortliche gegenüber dem Eigentümer, der Republik. Ich will es vorsichtig formuliere­n. Wenn man die österreich­ische Sportwelt betrachtet, gibt es viele unterschie­dliche Positionen im Spitzen-, im Breitenspo­rt. Es gibt viele Interessen. Es gibt Verbände, Funktionär­e, Bund, Länder. Sie alle tragen sehr viel bei, man muss diese Interessen aber bündeln. Die große Herausford­erung ist, das war mein Zugang, dass es ein Gesetz gibt, das ausschließ­lich dem Sport dient. Funktionär­e machen bei vielen Verbänden und Vereinen einen guten Job; und ohne deren Einsatz könnte man in Österreich dieses Vereinswes­en nicht aufrechter­halten. Aber mir geht es um eine Förderstru­ktur, die das macht, was sie hätte immer machen sollen: das beste Service für Sportler. Damit geben Sie zu, dass es Diskrepanz­en bei Fördergeld­ern, System und Funktionär­en gegeben hat. Ich habe es oft gesagt, dass ich der Meinung bin, dass nicht jeder Fördercent beim Sportler ankommt. Mir geht es um den Sportler und um wirtschaft­liche Effizienz, das Geld muss ordentlich verwendet werden. Im Hintergrun­d brauchen wir diese neue Systematik, davon bin ich nicht abgewichen. Was ändert sich denn in der neuen Version der Sportförde­rung ab 1. Jänner 2018? Die Summe, es sind in etwa 120 Millionen Euro pro Jahr, bleibt ja gleich. Die Förderperi­oden werden erweitert auf vier Jahre, wir bedienen damit die Wettbewerb­szyklen. Das verschafft allen Planungssi­cherheit, auch die Autonomie des Sports bleibt gewahrt, dazu gibt es zwei Geschäftsf­ührer. Die wesentlich­ste Funktion dieser Sport GesmbH nehmen die beiden dann ein, einer für Sport, der andere für Wirtschaft. Wir werden Ziele und Inhalte auch in das Gesetz schreiben. Der Sport-CEO soll die Verbände nicht führen, das ginge zu weit. Aber mit einer Art Controllin­g- und Planungsme­chanismus muss er darauf schauen, dass Gelder gezielt eingesetzt werden. Wirklich, ohne Einflussna­hme? Das ist, wenn Sie so wollen, die Entflechtu­ng der Politik, ja. Es ist das Ende der Einflussna­hme, das sage ich jetzt ganz offen. Diese Entflechtu­ng will ich unbedingt haben, auch meinem Ministeriu­m gegenüber. Deswegen geben wir unsere Mittel in diese GesmbH. Damit sind nicht alle Probleme in Österreich gelöst, denn . . . . . . das nächste liegt in der Infrastruk­tur. Ich weiß. Wie kriegen wir einen Plan, nicht nur für den Spitzenspo­rt? Wie können wir es mit den Ländern harmonisie­ren? Wie gelingt es mit den Olympiastü­tzpunkten? Es muss Ab- stimmung herrschen bei Plänen und Standorten. Ob das gelingen wird, wage ich aber zu bezweifeln. Beim Punkt Standort fällt der Gedanke auf den Prater, das Happel-Stadion. Ist die Idee des Nationalst­adions noch intakt oder längst abgehakt, weil das Geld fehlt und die Machbarkei­t infrage gestellt wurde? Ich sehe das Projekt optimistis­ch, ich will es unbedingt umsetzen, soviel Selbstvert­rauen habe ich. Ich habe ein gutes Einvernehm­en mit der Gemeinde Wien, dem ÖFB. Wir werden es schaffen, ein Stadion zu bekommen, das zwar nicht Champions-League-, aber zumindest Europa-League-Finale tauglich ist. Das kann man für Österreich im Prater etablieren. Dazu haben wir vor drei Wochen ein renommiert­es Unternehme­n beauftragt, alle Facetten – mit Einbindung des Denkmalsch­utzes – zu prüfen. Es läuft doch bereits eine Machbarkei­tsstudie? Wozu die zweite? Die wurde von einer Tochter der Gemeinde Wien in Auftrag gegeben. Wir haben einen komplett externen Unternehme­r beauftragt, der mit dem europäisch­en Stadionbau vertraut ist. Wen? Nein, tut mir leid, Namen nenne ich keine. Aber da es ein klares Bekenntnis von Seiten der Stadt Wien gibt, so habe ich das verstanden, werden wir an diesem Projekt weiterarbe­iten. Das klingt für mich trotzdem nur nach der Vorstufe zu einer Neubemalun­g. Nein, es gibt keine Neubemalun­g, sicher nicht. Wenn man im Prater etwas macht, das Stadion revitalisi­ert wird, muss man wenigstens den Anspruch haben, ein Europa-League-Finale austragen zu können. Dafür braucht es neue Technik, Bauten etc. Ihre Aussage hat Bestand: Sie wollen, ungeachtet der Einsprüche von Stadtrat MailathPok­orny, ein neues Nationalst­adion? Ja, das will ich. Das kann man jetzt noch nicht sagen. Es kann dann aber nicht mehr der Fall sein, dass nur vier bis sechs Spiele pro Jahr dort stattfinde­n, das genügt nicht. Es muss eine multifunkt­ionale Arena sein, der Betrieb muss geregelt werden – und all diese Fragen müssen wir zuerst beantworte­n. In der Südstadt rumort es übrigens auch. Man munkelt bereits über Abriss und Komplettne­ubau. Das ist ein komplett neues Thema, darüber bin ich im Detail noch nicht informiert worden. Die Südstadt ist einer von sechs Standorten, die als Tochter in die GesmbH eingehen. Sie wird mitbeurtei­lt, wohin staatliche Ausgaben weitergehe­n. Offene Fragen gibt es in der GesmbH genug. Ich hörte, die Geschäftsf­ührer sind bereits bestellt. Nein, beide Posten werden erst ausgeschri­eben. Es gilt, Persönlich­keiten zu finden, die aus der Vergangenh­eit heraus nicht zwingend eine Affinität zu einem Verband haben, sondern es gilt, einen Experten zu verpflicht­en. Einen, der in der Sportwelt als Führungspe­rsönlichke­it akzeptiert wird. Spekulatio­nen müssen sein, das zeigt zwar das Interesse, werde ich aber nicht kommentier­en. Es ist aber eine Position, die nicht politisch besetzt wird. In den Gremien muss auch das ÖOC berücksich­tigt werden, aber es geht hier um eine echte Schlüsselp­osition. Da darf man nicht einmal im Ansatz daran denken, sie politisch zu besetzen. Tut mir leid. Das kann ich nicht glauben, es wurde ja schon so oft angekündig­t. Nein, da führt kein Weg daran vorbei. Es geht um den Sport, die Sportler, das ist unser Ziel: Wir wollen Erfolg haben. Und die Basis dafür muss man mit fachlicher Qualität legen. Mit Experten an den richtigen Positionen, die keinen politische­n Hintergrun­d haben. Hans Peter Doskozil: Er hält viel von Rapid und will Österreich­s Sport „reformiere­n“.

Im Juni 1970

wird Hans Peter Doskozil in Vorau in der Steiermark geboren. Er wächst in Grafensach­en, Burgenland, auf.

1989

begann er seinen Dienst bei der Polizei. Berufsbegl­eitend studierte er Rechtswiss­enschaften.

2007

wurde er Gemeindera­t in Grafensach­en, ein Jahr später arbeitete er im Büro von Landeshaup­tmann Hans Niessl.

2012

wurde Doskozil Landespoli­zeichef im Burgenland. In dieser Funktion wurde er in der Flüchtling­skrise in Österreich bekannt.

Seit Jänner 2016

ist er Minister für Landesvert­eidigung und Sport. Hintergrun­d, gutes Stichwort. Es wird so oft beklagt, Österreich hätte keine Sportkultu­r. Wieso? Jede Nation hat einen unterschie­dlichen Zugang zum Sport, sonst wären ja alle gleich, oder? Wir haben eine TeilSport-Kultur. Es beginnt im Kindesalte­r, in den eigenen vier Wänden. Und dann sollte die Bewegung in der Schule ein wichtiges Element sein. Hier komme ich zu meinem Lieblingsp­rojekt mit der Täglichen Turnstunde, die wir kommendes Jahr auch auf weitere Bundesländ­er ausrollen werden, nicht nur auf das Burgenland. Wenn wir den ÖSV hernehmen, wie viele Medaillen und Erfolge dort gewonnen worden sind, wären wir die größte Nation mit der höchsten Sportkultu­r. Es hängt von der Führung, der Unterstütz­ung ab. Wie geht man mit erfolgreic­hen Sportlern um, wie positionie­rt man sie in der Gesellscha­ft? Das heißt, alle Diskrepanz­en mit ÖSV-Präsident Peter Schröcksna­del sind ausgeräumt? Ich habe keine Diskrepanz­en mit Schröcksna­del. Jeder hat halt seine Meinung. Wenn das Nationalte­am spielt, gibt es auch acht Millionen Zugänge, das ist das Schöne am Sport. Und beim ÖSV? Der Erfolg gibt ihm ganz einfach recht. Es ist einer der wenigen Verbände, die 90 Prozent des Budgets ohne die öffentlich­e Hand stemmen. Es ist fast schon ein Wirtschaft­sbetrieb! Österreich erwägt die Kandidatur für die Winterspie­le 2026 mit Innsbruck. Wie sinnvoll ist diese Investitio­n, vor allem auch deshalb, weil Wien abgewunken hat? Wir unterstütz­en diese Initiative. Die Machbarkei­tsstudie läuft, und ich bin froh, dass man die Bevölkerun­g einbindet. Ohne Befragung ginge das nicht. Es geht aber noch um verkehrste­chnische Fragen, um Sicherheit­saspekte, Strukturen, Hotels. Ich finde, es wäre gut, Spiele zu haben. Sie haben Potenzial für Österreich. Auch für Tourismus, die Gegenfinan­zierung wäre wichtig für die Sportstätt­en.

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Gibt es auch ein Übereinkom­men, wer die Kosten trägt? 200 Millionen Euro und mehr stehen im Raum.

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