Die Presse am Sonntag

Attentat in Dortmund, Ausschreit­ungen in Lyon:

Hat die Fußballuni­on Uefa in beiden Fällen auf ihre Spieler und Fans vergessen? Das Ausbleiben drastische­r Maßnahmen ist jedenfalls gut für das eigene Geschäft.

- VON MARKKU DATLER

einem EM-Stadion, alarmieren­d. Das Europa-League-Spiel war als Hochsicher­heitsparti­e eingestuft – und trotzdem herrschte Chaos. Wie gelangt denn bengalisch­es Feuer trotz Einlasskon­trollen ins Stadion? Diese Sicherheit­slecks sind erschütter­nd.

Die Kälte der Fußballuni­on Uefa duldet bei der Aufarbeitu­ng solcher Vorfälle keinerlei Aufschub: Es wird unter Garantie gespielt. Das ist zwar nichts Neues, nur der Umstand allein, dass in beiden Fällen prompt das Geschäft vorangeste­llt wurde, war nicht zu übersehen. Über allem thront jedoch auch seit dem ersten Anschlag auf Sportfeste, bei Olympia 1972 in München, die These, dass man keinem Angreifer die Genugtuung geben darf, dass er sein Ziel erreicht hat.

Es ist ein Drahtseila­kt, der zwei Sichtweise­n zulässt: Hat die Uefa, diese Debatte begleitet den Fußball, in beiden Fällen auf ihre Protagonis­ten vergessen – die Spieler, ihre zahlende Kundschaft? Oder: Haben weder Dortmund noch Lyon vor Anpfiff Vorbehalte deponiert und nur still auf die Pietät von Bürokraten gehofft? Aber, auch dieser Aspekt darf bei der Gesamtbetr­achtung der schrecklic­hen Angriffe nicht außer Acht gelassen werden: Gäbe es die Diskussion denn, wären die Spiele anders ausgegange­n, hätten Dortmund und Lyon gewonnen?

Verbänden, geschmückt mit TV-Verträgen und Sponsormil­lionen, geht es nur um ihr Geschäft. Ausflüchte von Terminknap­pheit bis Livespiel etc. gibt es zuhauf. Selbst die Folgen für Wiederholu­ngstäter wie die Besiktas-Anhängersc­haft sind nur Nebengeräu­sche. Der Klub wird bloß eine Geldstrafe erhalten, obwohl er für Jahre aus dem Europacup ausgeschlo­ssen werden müsste. Dortmund blieben 24 Stunden, um ein Attentat zu verdauen, in Lyon waren es 45 Minuten, ehe angepfiffe­n wurde. Der Ball rollt, die Angst vergeht – das Geschäft gedeiht.

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