Die Presse am Sonntag

Lass uns einfach alles feiern

Ob Menstruati­on, Menopause oder Scheidung: In den USA bieten mittlerwei­le die schrägsten Anlässe einen Grund zu feiern.

- VON A N N A- M A R I A WA L L N E R

Der Valentinst­ag zum Beispiel. Bei dem gibt es ein historisch­es Missverstä­ndnis. Die meisten Menschen glauben, dass er in den USA erfunden wurde. Dabei war der 14. Februar zunächst ein christlich­er Gedenktag für den Märtyrer Valentinus, erst im 15. Jahrhunder­t wurde er im angelsächs­ischen Raum zu einem Tag der Verliebten erklärt. Britische Auswandere­r verbreitet­en den Valentinsb­rauch in den USA – und erst viele Jahre später brachten ihn die Amerikaner während des Zweiten Weltkriegs nach Europa zurück.

Oder der Polteraben­d. Auch er hat seinen Ursprung nicht in den USA, sondern in Deutschlan­d und Nordeuropa. Nur die heute modernen Auswüchse der sogenannte­n Hen Nights oder Bachelor Partys, die man vor allem in vielen westlichen Ländern der Welt beobachten kann, kommen aus dem angloameri­kanischen Raum. Und werden in einschlägi­gen (Hollywood)-Komödien wie „Hangover“, „Brautalarm“oder „Das Hochzeitsv­ideo“persiflier­t. Vagina Cake und Uteruskeks­e. Trotzdem sind die Amerikaner Experten darin, aus Feiertagen – von Valentinst­ag über Halloween bis Thanksgivi­ng – ein großes kommerziel­les Fest zu machen. Und sie sind recht erfinderis­ch, wenn es darum geht, neue Partyanläs­se zu erfinden, die dann manchmal nach Europa und in andere Teile der Welt schwappen. Weniger verbreitet als die Babyparty ( siehe Artikel links) ist bislang die „Period Party“. Es soll aber Familien geben, die zur ersten Menstruati­on der Tochter ein Fest ge- ben. Im Internet finden sich dazu nicht nur Ideen für Torten (beliebte Form: Vagina), Einladungs­kärtchen („You are invited for a Girlhood to Womanhood Celebratio­n“, Deko (Uterusluft­ballone) und Party-Food (viel Rot und Weiß, viele Erdbeeren, Kekse in Uterusform). Der Trend geht mit der (ohnehin nur langsamen) Enttabuisi­erung der Menstruati­on einher. Junge Frauen sollen sich nicht schämen, dass sie ab sofort monatlich bluten, sondern das ausgiebig feiern. Es gibt auch schon das Pendant dazu, die „Menopause Party“. Bei ihr steht dann auf der Torte in Tamponform: „Bye, bye“und das Motto ist: „I am still hot, it just comes in flashes“. Zur Scheidung ein Fest. In unseren Breiten setzt sich allerdings langsam ein anderes Ritual durch: die Scheidungs­party. Je nach Grad der Harmonie zwischen den frisch Getrennten feiert das Expaar gemeinsam oder allein das Ende ihrer Beziehung. Auch in Japan und China kennt man diese Break-up-Partys. Las Vegas wandelt sich angeblich langsam von der Bachelor- zur Divorce-Party-Hauptstadt Amerikas. Wer froh ist, den Expartner los zu sein, trägt zu diesem Anlass T-Shirts mit Slogans wie „No longer a Mrs., so gimme all your kisses“oder „Free at last“und dekoriert Torten und das Buffet mit gesprengte­n Ketten oder Vögeln, die einem Käfig entfliegen. Wer noch gemeinsam feiert, verzichtet eher auf solche platten Schmähs, die auf gekränkten Stolz schließen lassen. Und sagt stattdesse­n würdig zu etwas Adieu, das man einst gemeinsam – und eben auch mit einer Party, der Hochzeit – begann.

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