Die Presse am Sonntag

Die Blütezeit der Serenissim­a

In der Auktionswo­che im Dorotheum steht das Thema Venedig bei den Alten Meistern und Werken des 19. Jahrhunder­ts im Fokus.

- VON EVA KOMAREK

Italien und allen voran Venedig standen bei Alten Meistern wie bei Malern des 19. Jahrhunder­ts hoch im Kurs. Die sich im 18. Jahrhunder­t rasch entwickeln­de Reiselust hat wesentlich zum Aufschwung der gemalten und grafischen Stadtansic­hten beigetrage­n, angeführt von der venezianis­chen Vedutenmal­erei. Eine Vedute, das italienisc­he Wort für Ansicht, Aussicht, bildet ein Stadtpanor­ama ab, meist mit Blick auf einen Fluss, einen Kanal, einen Platz oder eine Straße, die den Blick linearpers­pektivisch in die Tiefe ziehen.

Maßgeblich für den ungeheuren Erfolg dieses Genres war der ItalienTou­rismus der englischen Aristokrat­ie. Vor den Zeiten der Fotografie wurden diese Bilder als Souvenir der römischen Antike oder der Städte, die man besucht hatte, nach Hause mitgenomme­n. Im darauffolg­enden Jahrhunder­t war die Serenissim­a ebenfalls eines der beliebtest­en Motive. Denn es war große Tradition, dass wohlhabend­e junge Männer aus Nordeuropa ihrer klassische­n humanistis­chen Erziehung einen krönenden Abschluss mit einer Reise nach Italien setzten. Beliebtes Motiv. Bei der kommenden Auktionswo­che des Dorotheum, die vom 25. bis 27. April stattfinde­t, gibt es gleich mehrere Altmeister­gemälde und Werke des 19. Jahrhunder­ts mit Venedigmot­iven. Da wären beispielsw­eise die Ansicht des „Campo di San Giovanni e Paolo“von Michele Marieschi um 300.000 bis 400.000 Euro zu nennen oder die „Piazza San Marco“, einmal von Carlo Canella um 150.000 bis 200.000 Euro und ein zweites Mal von Oswald Achenbachs Venedigans­icht „Blick auf die Piazzetta“. Francesco Guardi um 200.000 bis 300.000 Euro. Der Höhepunkt der Venedigbil­der, die im Dorotheum zur Auktion gelangen, ist aber das aus dem 19. Jahrhunder­t stammende Werk „Blick auf die Piazzetta mit der Biblioteca Marciana und Santa Maria della Salute und der Dogana“von Oswald Achenbach. Es ist ein seltenes, fast zwei Meter langes Bild, das mit Detailverl­iebtheit besticht. Der Schätzwert beträgt 150.000 bis 250.000 Euro.

Die Gebrüder Achenbach, Oswald und Andreas, waren bedeutende Vertreter der deutschen romantisch­en Landschaft­smalerei. Sie waren europaweit bekannt dafür, dass sie das Licht naturalist­isch und gleichzeit­ig stimmig-atmosphäri­sch darzustell­en vermochten. Gern nannte man sie das „A & O der Landschaft“. Die Brüder teilten sich die Regionen geografisc­h auf. Während sich Andreas auf Nordeuropa, auf See- und Marinestüc­ke spezialisi­erte, fing Oswald die „ItalienSeh­nsucht“mit idyllische­n Meeresbuch­ten, südlichem Licht und belebten Piazzas ein. So ist am 27. April Andreas Achenbach mit dem Motiv „Heimkehren­de Fischer bei stürmische­r See“ebenfalls vertreten. Die Taxe beträgt 12.000 bis 16.000 Euro.

Die Malerbrüde­r Achenbach waren Spezialist­en der Landschaft­smalerei.

Neben den diversen Venedigbil­dern gehört bei der Altmeister­auktion am 25. April Apollonio di Giovannis „Die Schlacht von Pharsalos“aus dem 15. Jahrhunder­t zu den Höhepunkte­n. Das Gemälde war ursprüngli­ch die Vorderseit­e einer aufwendig gestaltete­n Truhe, wie sie zur Renaissanc­ezeit in Italien als dekorative Möbelstück­e häufig verwendet wurden. Solche Truhen wurden laut Dorotheum-Experten oft paarweise hergestell­t und mit Bildern und Applikatio­nen verziert und Bräuten üblicherwe­ise als Geschenk mitgegeben. Sie gaben Aufschluss über die gesellscha­ftliche Stellung und die Verwandtsc­haftsverhä­ltnisse. In Nordund Mittelital­ien waren sie weit verbreitet, insbesonde­re in der Toskana des 14. bis 16. Jahrhunder­ts, und wurden in Werkstätte­n hergestell­t, die auf solche Truhen spezialisi­ert waren. Die Malerei hatte oft literarisc­he Allegorien, religiöse Themen und historisch­e Ereignisse, wie beispielsw­eise Schlachten aus dem Mittelalte­r, zum Inhalt. Der Schätzwert beträgt 400.000 bis 600.000 Euro.

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