Die Presse am Sonntag

Kommunikat­ion mit Gehörlosen: »Mut zur Unbeherrsc­htheit!«

- KANU

Eine ausdruckss­tarke Körperspra­che fällt vielen schwer, im Kontakt mit Gehörlosen hilft sie aber. Im Zweifelsfa­ll: zum Handy greifen. Welche Verhaltens­weisen in der Kommunikat­ion mit gehörlosen Menschen wenig zielführen­d sind, sind naheliegen­d: Lauter zu sprechen bringt bei Verständig­ungsproble­men nichts. Was aber hilft, die Kommunikat­ion zu verbessern, wenn kein Dolmetsche­r zur Verfügung steht? Zur Kontaktauf­nahme soll man sich visuell bemerkbar machen, sagt die bei gehörlosen Eltern aufgewachs­ene Dolmetsche­rin Isabella Rausch. Beim Sprechen rät sie, Blickkonta­kt zu halten, langsam zu artikulier­en, Mimik einzusetze­n – und ruhig auch mit den Händen zu deuten. „Viele glauben, dass sie, wenn sie gestikulie­ren, unabsichtl­ich Gebärden machen könnten, die etwas Falsches bedeuten. Man kann aber nichts falsch machen.“Der bewusste Einsatz von Körperspra­che würde vielen schwerfall­en, sagt Rausch. „Die Österreich­er zeigen gern Contenance: nur ja nicht mit den Fingern reden. Wildes Gestikulie­ren wird gern mit Dummheit, mit Unbeherrsc­htheit assoziiert. Haben Sie Mut zur Unbeherrsc­htheit! Man wird belohnt. Es ist ein gutes Gefühl, etwas vermittelt zu haben.“

Im Zweifelsfa­ll hilft es auch, zum Handy zu greifen und eine Nachricht einzutippe­n. Eines sollte man jedenfalls nicht tun: Aus Angst, etwas falsch zu machen, den Kontakt gleich meiden. Oder, wenn hörende Kinder dabei sind, stattdesse­n diese ansprechen. „Reden Sie mit der gehörlosen Person!“, sagt Rausch.

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