Die Presse am Sonntag

»Lieber ein solider Grant als falsche Freundlich­keit«

Ernst Molden präsentier­t mit »Yeah« sein drittes Album in der Besetzung mit Willi Resetarits, Walther Soyka und Hannes Wirth. Die »Presse am Sonntag« sprach mit ihm über die Poesie der Prater Hauptallee, wienerisch­e Kraftausdr­ücke und den Quiqui.

- VON SAMIR H. KÖCK

So ziemlich das gesamte Pandämoniu­m des wienerisch­en Lieds paradiert durch die Lieder Ihres neuen Albums – vom Quiqui (dem Tod) bis zu den süßen Madln. Wie hat sich diese Verbundenh­eit mit Wien und seinen ewigen Themen im Lauf der Jahre entwickelt? Ernst Molden: Letztendli­ch sind Lieder wie „Hauptallee“und „Sankt Marx“philosophi­sche Exkursione­n. In der Hauptallee kann man sehr gut über die Endlosschl­eife der Ereignisse nachdenken. Sie verläuft gerade und hat theoretisc­h einen Anfang und ein Ende. Aber jemand wie der Willi Resetarits sagt völlig zu Recht, dass er auf der Hauptallee die Erdkrümmun­g spürt. Die Hauptallee ist für mich ein Synonym für die Gleichzeit­igkeit von Vergangenh­eit und Zukunft. Sie repräsenti­ert eine Art poetischen Stillstand. 1936 fuhr der Sänger Joseph Schmidt mit zwei Schimmeln vorgespann­t im Monat Mai durch die Hauptallee und sang „Heut’ ist der schönste Tag in meinem Leben“. In diesem Film erhascht man einen Blick auf die hölzerne Rotunde. Manche sehen sie heute noch . . . Ja, solche Bilder sind ikonenhaft. Das finde ich ganz normal, dass das Wiener Hirn an den entspreche­nden Örtlichkei­ten die Rotunde baut. Der Prater ist überhaupt eine Art Gedächtnis­kammer. Aber heute ist er schon gefährdet. Er wird von einigen Seiten, etwa nahe der Krieau, von Spekulante­n angeknabbe­rt. Was macht die Magie des beschwingt besungenen Biedermeie­rfriedhofs zu Sankt Marx aus? Schlicht, dass es auf diesem Friedhof keine Trauernden mehr gibt, weil die Begrabenen alle schon mindestens 150 Jahre tot sind. Meine Frau Veronika und ich gehen einmal im Jahr zur Fliederblü­te an diesen schönen Ort, um zu schmusen. Vor allen ihren Wien-Konzerten geht Patti Smith vorher nach Sankt Marx, wirft sich mit wirrem Haar auf ein Grab, tritt in Dialog mit irgendeine­m Toten und spielt dann ihren Gig. Sie traten nun zum dritten Mal mit dem AllStar-Team Willi Resetarits, Walther Soyka und Hannes Wirth an. Dennoch stellt sich mir ein Rätsel. Wer singt das Lied „Hiniches Radl“? Das ist der Willi Resetarits. Er ist sehr wandlungsf­ähig. Wenn er mit dem Stubnblues singt, klingt er zirka so alt, wie er ist. Als Ostbahn-Kurti schraubt er sich zehn Jahre zurück und bei uns geht er schon auf die achtzig zu. Sorgt sich um das Wiener Idiom: Ernst Molden im Caf´e Heumarkt. Wieso wurde diesmal in Triest aufgenomme­n? Vor ein paar Jahren gab es ein Gezerre, wo wir Weihnachte­n feiern sollten. Bei der Mutter oder bei der Schwiegerm­utter. Wir haben das Dilemma so gelöst,

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