Die Kunst des Käseaffineurs
Bernhard Gruber veredelt in seiner Fromagerie zu Riegersburg Käse. Er füllt etwa Blauschimmelkäse mit Zotter-Kuvertüre und Gölles-Schokolikör oder ummantelt Cheddar mit Asche und Zigerklee.
Auch wenn es ein Wortungetüm ist, das nach vielem, aber nicht gerade nach gutem Käse klingt. Bernhard Gruber nennt es schnell einmal, wenn er beschreibt, was er beruflich macht: Käsedesign. Natürlich gibt es einen anderen, weitaus hübscheren Begriff dafür, der auch darauf hinweist, dass dieses Handwerk – der Genussnation Frankreich sei dank – Tradition hat. Bernhard Gruber kann man nämlich auch als Maˆıtre fromager affineur bezeichnen, einen Spezialist also für das Veredeln (oder Affinieren) von Käse. Wobei Gruber nicht nur Käse veredelt, sondern ihn auch herstellt, pflegt und lange reifen lässt.
Vor fünf Jahren hat der gebürtige Salzburger im steirischen Riegersburg hier seine Käserei namens Fromagerie zu Riegersburg gegründet. Käse hat den gelernten Koch schon lange fasziniert. Immer, wenn es ihm in der Gastronomie zu stressig war, hat er in den Schweizer Alpen Ruhe gesucht und dort das Käsemachen gelernt und perfektioniert. Irgendwann – die Familiengründung war ausschlaggebend – war er dann auf der Suche nach einem Haus, für private Zwecke, aber auch, um dort eine Käserei zu betreiben. „Aber was tust du in Westösterreich, wenn du nichts geerbt hast. Das kannst du vergessen, das kann sich niemand leisten“, sagt Gruber, der auch eine Ausbildung zum Käsesommelier absolviert hat. Er wurde im Südosten der Steiermark fündig, ausgerechnet in Riegersburg, das sich dank Produzenten wie Zotter, Gölles, Vulcano Schinken und anderen Betrieben, zur „Futterstraße Österreichs“, wie er es nennt, entwickelt hat. „Ich hab nicht gewusst, dass die alle hier sind. Ich hab nur den Zieser mit seinen Edelbränden gekannt und mir gedacht, wenn er es hier mit einem hochwertigem Produkt schafft, schaff ich es auch.“ Mobile Käserei. Also hat sich Gruber in Riegersburg, genau genommen in Bergl, direkt an der Bundesstraße 66 – und mit Blick auf die Burg – niedergelassen. Die Entscheidung hat sich offenbar als richtig erwiesen. Beim Be- such der „Presse am Sonntag“haben seine beiden Kinder gerade eine riesige Freude mit den großen Kartonschachteln und bauen sich daraus ein Haus. Herr Gruber hingegen ist mit dem Inhalt der Verpackung beschäftigt. Er baut sich nämlich den zweiten Käsereiferaum. Auf die Frage, wie viel Käse er denn verkauft, wird er später nur sagen: „Die Bank ist zufrieden.“
Gruber arbeitet derzeit mit 16 Bauern zusammen und produziert mit deren Milch Weich-, Schnitt- oder Hartkäse. „Wenn du eine Landwirtschaft hast, komme ich zu dir auf den Hof und kreiere mit dir einen Rohling, im Fachjargon nennt man das grünen Käse“, erklärt Gruber. Wie genau die Zusammenarbeit funktioniert, hängt davon ab, wie gut der jeweilige Hof ausgestattet ist. Gruber agiert also durchaus auch als mobile Käserei und kommt mit dem ganzen Equipment inklusive Käsekulturen auf den Hof. Grobe Naturrinde. Die Lagerarbeit und Pflege des Käses übernimmt dann Gruber in seinen eigenen Reiferäumen. Der älteste Käse, der hier reift, stammt aus dem Jahr 2009, erklärt er und führt in den Reiferaum. Kühle 14 Grad Celsius und eine Lufttemperatur von knapp 90 Prozent sind für die großen Käselaibe die ideale Umgebung. Hier lagert nur Almkäse, kein Bergkäse, wie er stolz erklärt. „Bei Bergkäse geht es nur um die Machart, Almkäse muss aber aus Milch vom Berg sein. Das eine ist also ein Wildpferd, das andere standardisierte Ware.“Drei Mal in der Woche wird der Käse im Altlager mit Salzwasser geschmiert. Im Junglager werden die Käselaibe vier Mal die Woche mit Salzwasser und Rotweinkultur gepflegt.
Gruber ist besonders stolz auf die Exemplare mit Naturrinde, also jene, die nur mit Salzwasser (ohne Käsekultur) gepflegt werden. „Das ist sehr selten in Österreich. Das machen nur zwei Käsereien“, sagt er und führt auf Nachfrage den Gailtaler Almkäse an. „Durch das Salzbad ist der ph-Wert sauer, es docken also Hefen an. Der Käse nimmt Mikroklima aus der Umgebung auf, das Salz konserviert.“Das Ergebnis ist eine besonders grobe, raue, eben natürlich wirkende Rinde. „Im Supermarkt unverkäuflich“, sagt der Käseexperte. Vor allem jener alte Käse aus dem Jahr 2009 hat eine bereits von der Käsemilbe zerfressene Rinde.
Gelagert wird der Käse in einem ehemaligen Bauernhaus. „Hinter der
Riegersburg sei dank Zotter, Gölles, Vulcano und Co. die »Futterstraße Österreichs«.
Bernhard Gruber produziert in seiner Käserei an die 40 verschiedenen Käsesorten. Der Großteil davon wird mit Gewürzen, Kräutern, Ölen, Likören, Tee oder getrockneten Früchten veredelt. Fromagerie zu Riegersburg Bergl 2, 8333 Bergl, Ab-Hof-Verkauf und Führungen mit Verkostung: Dienstag bis Samstag 10 bis 18 Uhr, Sonn- und Feiertag 10.30 bis 17 Uhr. www.thecheeseartist.at
0660/25 21 811 Mauer war ein Kartoffelkeller“, sagt Gruber. Dem Käse sei es relativ egal, wo er gelagert wird, solange Temperatur und Luftfeuchtigkeit passen. „Raumregulierend ist nur Sandstein und Ton, alles andere schaut einfach nur klass’ aus. Es bildet sich immer ein Mikroklima, das der Käse aufnimmt.“
Der älteste Käse stammt von 2009. Gruber ist besonders stolz auf die Naturrinde.
Weiter geht es in den nächsten Raum, den Gruber seine „Hexenküche“nennt, in der er jeden Vormittag vier Stunden lang werkt. Hier werden verschiedene Käsesorten mit Tee, Schokolade, Öl, Kräuter, Gewürzen oder getrockneten Früchten verfeinert. Daraus entstehen Produkte wie KuhrohmilchCamembert mit Muskatellerhonig, Kornblume, Ringelblume und Cranberry. Blauschimmelkäse, der mit Zotter-Schokolade und Gölles-Schokolikör gefüllt wird. Mit Kürbiskernöl gefüllter und mit Kürbiskernen ummantelter Rotschmierekäse, Vulkanland-Cheddar mit Asche und Zigerklee. Oder einen „Busenkäse“mit schwarzer Nuss und Apfel, wie Gruber den spitzen Käsegupf nennt. Export bis auf die Bahamas. Verkauft wird der Käse ab Hof oder via OnlineVersand an Privatkunden. Der Ab-HofVerkauf funktioniere ganz gut, „weil da einer in der Nähe Schokolade verkauft“, sagt Gruber in Hinblick auf Josef Zotters Schokoladenmanufaktur. Auch Gastronomie und Hotelerie sind dankbare Abnehmer. Sogar ein Kreuzfahrtschiff, das in den Bahamas unterwegs ist, führt seine Produkte, erklärt Gruber und zeigt zuletzt noch den gerade im Bau befindlichen Reiferaum. Hier soll Platz sein für neue Kreationen. Eine Rohmilchbutter schwebt ihm vor, etwa mit Safran oder mit Sardellen, getrocknete Tomaten und Meersalz. Gruber nennt das dann Kreativbutter.