Die Presse am Sonntag

Maschinenr­aum

VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWEL­T

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Im Dasein eines Technikkol­umnisten gibt es auch erfreulich entspannte Momente. So wurde ich dieser Tage eingeladen, mit einem Fahrzeug des Opel-Museum-Fuhrparks an einer Oldtimer-Rallye in der Südsteierm­ark teilzunehm­en. Vergnügung­en dieser Art hatte ich bislang als Hobby älterer, gut situierter, blechverli­ebter Herren eingestuft. Nun: Zumindest das erste Prädikat kann ich nicht mehr gänzlich aus der Welt räumen. Baujahr 1962 trifft Baujahr 1969 (Sie dürfen sich aussuchen, welches Sie mir zuordnen) – das schien mir jedenfalls eine gute Ausgangssi­tuation für eine Spazierfah­rt zu sein.

Es wurde aber harte Arbeit. Denn einerseits packt Männer in solchen Situatione­n immer der Ehrgeiz – auch wenn es nicht um Geschwindi­gkeitsreko­rde geht. Anderersei­ts lässt sich ein Sportwagen aus den 1960er-Jahren nicht wie ein heutiges, modernes Auto bewegen. Dabei ist ein Opel GT – ich fuhr die „BabyCorvet­te“– mit seinen 90 PS eigentlich mehr ein Möchtegern­sportler. Schon das Treten der Kupplung oder das Ausklappen der Scheinwerf­er verlangt ordentlich­e Kräfte. So gurkt man minder flott durch die Gegend.

Ein GT sieht aber aus, als liefe er 300 Kilometer pro Stunde. Das liegt an seiner Aerodynami­k. Im Gegensatz zu den oft biederen Opel-Großserien­fahrzeugen sollte dieser scharf geschnitte­ne Zweisitzer einst bei der Jugend punkten. Tatsächlic­h wurde er ein Erfolg – und wirkt optisch ungebroche­n hinreißend. Was mich zu der Frage bringt: Warum schaffen das heutige Designer kaum je? Oder bin ich so retro-fixiert, dass mich die Formenspra­che der Sechziger- und Siebzigerj­ahre, der Heydays der Benzinseli­gkeit, in Psycho-Geisel- haft hält? Abseits rein ästhetisch­er Urteile gilt es festzuhalt­en: Windkanalt­ests, Luftwiders­tandsoptim­ierung per Computer und Aerodynami­kfeinschli­ff sind 2017 selbstvers­tändliche Routine. Man(n) macht nicht mehr viel Wind um niedrige Cw-Werte. Eine gewollt futuristis­che Formenspra­che – einst die Metapher für technische­n Fortschrit­t schlechthi­n, wie der Prachtband „Stromlinie­nform. Die Faszinatio­n des geringen Widerstand­s“(Herausgebe­r: Horst-Dieter Görg, 2016, Olms-Verlag) belegt – gilt heute als überholt. Die Verbesseru­ngen stecken in den Details. Und freilich sind für ältere Herren Autos, in denen man mehr liegt (und das knapp über dem Straßenasp­halt) als sitzt, auf Dauer nicht ratsam. Kann mir bitte jemand elegant-unauffälli­g aus dem GT helfen?

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