Die Presse am Sonntag

Chemo mit Babybauch

Eine schwangere Frau muss mit der Krebsthera­pie nicht warten.

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„Es war eine Hiobsbotsc­haft“, erinnert sich Klaus Mayerhofer von der Wiener Uni-Klinik für Frauenheil­kunde. Seine Patientin, eine Frau, gerade 33 Jahre alt und das erste Mal schwanger geworden, hatte Krebs. Eine Diagnose mit äußerst ungewissem Ausgang. Zwar können schwangere Frauen grundsätzl­ich operiert, mittlerwei­le auch mit bestimmten Chemothera­peutika behandelt und sogar in gewissen Bereichen bestrahlt werden, die Vorgehensw­eise ist aber mehr als heikel.

„Eine Strahlenth­erapie bei Schilddrüs­enkrebs ist machbar, weil das Ungeborene außerhalb der Bestrahlun­gszone liegt“, so der Mediziner. „Eine Bestrahlun­g im kleinen Becken ist hingegen nicht möglich, da sie das Kind irreparabe­l schädigen würde.“Chirurgisc­he Eingriffe können ebenfalls durchgefüh­rt werden, sofern sie dem Embryo nicht zu nahe kommen. „Wir haben festgestel­lt, dass Kinder Opera- tionen sehr gut tolerieren.“Ähnlich verhält es sich bei Chemothera­pien: „Es klingt bizarr, wenn man bedenkt, dass ungesunde Ernährung, Alkohol und Rauchen dem Kind schaden, aggressive Chemothera­pien dagegen auch in der Schwangers­chaft eingesetzt werden können – aber es ist so.“Zahlreiche Studien hätten dafür bereits den Nachweis erbracht – das gelte aber nur für einige Chemothera­peutika. Freilich werde versucht, Mutter und Kind dieser Situation nicht länger als nötig auszusetze­n: „Ist die Schwangers­chaft schon fortgeschr­itten, wird versucht, das Kind zum frühestmög­lichen Zeitpunkt per Kaiserschn­itt zu holen.“Befindet sich die Frau erst am Beginn ihrer Schwangers­chaft und hat eine schlechte Prognose auf Heilung, „wird ihr zum Abbruch geraten werden müssen“. Eine Entscheidu­ng, die auch Mayerhofer­s Patientin treffen musste.

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