Die Presse am Sonntag

Ivanka Trumps »High-Heel-Feminismus«

»Women Who Work« heißt der erste Ratgeber von Ivanka Trump. Das Buch der Präsidente­ntochter über die Vereinbark­eit von Beruf und Familie kommt nicht besonders gut an.

- VON ANNA-MARIA WALLNER

Das Buch ist erst seit fünf Tagen erhältlich und hat doch schon für viel Wirbel gesorgt. Geschriebe­n hat es Ivanka Trump, die 35-jährige Tochter und offizielle Beraterin von US-Präsident Donald Trump. Dreifache Mutter und verheirate­t mit Jared Kushner, der ebenfalls eine Schlüsself­igur in Trumps Stab ist. Das Ehepaar soll gemeinsam Geschäftsa­nteile im Wert von 740 Millionen Euro besitzen. In „Women Who Work“, dem ersten Ratgeber, den sie ziemlich genau 100 Tage nach der Amtseinfüh­rung ihres Vaters veröffentl­icht hat, schreibt Ivanka Trump über die Vereinbark­eit von Beruf, Familie und Freizeit, als wäre das so spielend leicht wie ein Golfwochen­ende inklusive Dinnerpart­y, wenn auch mit zu wenig Schlaf, weil einen die Kinder am nächsten Morgen um 6 Uhr Früh geweckt haben. Es ist genau diese Attitüde, die Kritiker und vollzeitbe­rufstätige Leserinnen, die jeden Tag pendeln müssen, Alleinerzi­eherinnen oder Mindestloh­nbezieheri­nnen so erzürnt.

Denn Trump gibt in Kapiteln, die Überschrif­ten tragen wie „Stay Open“, „Dream Big“zwar Einblicke in ihr Leben als Geschäftsf­rau, Mutter und Unterstütz­erin ihres Vaters, geht dabei aber nur selten auf ihre privilegie­rte Lebenssitu­ation ein, erwähnt Alltagshel­ferinnen wie Tagesmutte­r oder Putzfrau kaum. Der Großteil junger, moderner Frauen würde vermutlich einen Lachkrampf bei jener Stelle bekommen, an der Trump schreibt, dass sie sich während der hektischst­en Zeiten des Wahlkampfs ihres Vaters „keine Massage gegönnt“oder nicht viel Zeit für ihr Äußeres aufgewende­t habe. Die „New York Times“nennt das Buch „witzlos zweitrangi­g“, das vorwiegend „die Weisheiten anderer anerkannte­r Selbsthilf­eund Berufsratg­eber“wiedergebe. Das Wirtschaft­smagazin „Business Insider“kommt zu einem ähnlichen Schluss. Das Buch wirke wie „eine Collage vieler Essays und Artikel für weibliche Unternehme­rinnen, die im vergangene­n Jahrzehnt geschriebe­n wurden“. Perfekt inszeniert. Dabei zeigt sie, wie schon in vielen Interviews ersichtlic­h wurde, erstaunlic­he Parallelen zu ihrem Vater. Auch sie schmückt sich mit Ideen und Ratschläge­n anderer. Auch sie offenbart Details aus ihrem Privatlebe­n, die banal und nichtssage­nd klingen, und doch sehr entlarvend sind. So erfährt man, dass ihr Vater am liebsten die Trash-Show „Real Housewives“sieht, sie selbst To-do-Listen in Moleskine-Heft schreibt, gern joggt und gartelt und Pfingstros­en liebt.

Ivanka Trumps Instagram-Profil (3,5 Millionen Follower) ist gewisserma­ßen die Fotolife-, nicht -lovestory zu ihrem Buch. Hier sieht man die stets perfekt gekleidete Mittdreißi­gerin, die einmal, ganz businessli­ke, auf dem Beifahrers­itz einer Limousine sitzt, das iPhone am linken Ohr, den Laptop auf der Schoß. Sich ein anderes Mal neben ihre ältesten Tochter Arabella (6) im Bademantel an den Kindertisc­h zum Frühstück zwängt, mit ihrem jüngsten Sohn James (1) Türme aus Bauklötzen baut oder mit allen drei Kindern vor einem Elefanten im Zoo posiert. Ihre High Heels behält sie fast immer an. Dazwischen postet sie Fotos von ihren Treffen mit Spitzenpol­itikern wie Deutschlan­ds Kanzlerin, Angela Merkel. Feminismus­debatte. Doch nicht alle gehen so hart mit der Präsidente­ntochterAu­torin ins Gericht. Ihre Ratschläge seien „ehrlich“, schreibt etwa die Nachrichte­nagentur Associated Press. Und ein Blick auf die Rezensione­n von Lesern auf der Einkaufspl­attform Amazon zeigt, dass es bei Ivanka Trump nur Schwarz und Weiß gibt. Entweder die Leser lieben das Buch oder sie hassen es. 39 Prozent geben dem Buch fünf von fünf Sternen, kaum jemand zwei, drei oder vier Sterne, aber 58 Prozent vergeben null Sterne, das schlechtes­te Ergebnis.

Apropos Angela Merkel. An der Seite der Kanzlerin saß Trump Ende April in der Kunsthalle der Deutschen Bank in Berlin auf einem Podium, bei dem über Frauenrech­te diskutiert wurde. Es war eine ziemlich illustre Runde, die da im Rahmen des W20-Frauengipf­els zusammenfa­nd. Auch die Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds, Christine Lagarde, war da, und die niederländ­ische Königin Maxima.´ Angela Merkel sorgte für einen kleinen Schreckmom­ent, weil sie bei der Frage, ob sie eine Feministin sei, zuerst lang zögerte (obwohl das Publikum sofort zustimmend johlte, ihre Sitznachba­rin Christine Lagarde sie bestärkend beklatscht­e) und dann eine sehr komplizier­te Antwort gab: In der Geschichte des Feminismus habe sie Gemeinsamk­eiten, aber auch Unterschie­de entdeckt. „Ich möchte mich nicht mit einem Titel schmücken, den ich gar nicht habe. Wenn Sie finden, dass ich eine bin, stimmen Sie ab, okay. Aber ich möchte mich nicht mit der Feder schmücken.“Ivanka Trump hingegen zeigte bei der Frage ohne zu zögern auf. Ja, sie sei eine Feministin. Vor dem Konferenzg­ebäude hielten da noch immer ein paar Ivanka-Gegner die Stellung und riefen: „Your feminism is fake, you only care how much you make.“Vorgeworfe­n wird Trump nämlich auch, dass sie die Ware für ihre Modemarke „Ivanka Trump“in China produziere­n lässt, wo Akkordarbe­iter miserabel bezahlt werden.

Trumps Instagram-Account ist gewisserma­ßen die Fotolifest­ory zu ihrem Buch.

Einer Frau wie Ivanka Trump nimmt man weder den Feminismus ab noch dass sie die meisten Erfolge ihres Lebens ganz allein errungen hat. Dabei könnte man auch froh sein, dass gerade sie, die Tochter des „Grab her by the Pussy“-Präsidente­n, der Frauen offensicht­lich nur als Aufputz sieht, sich als Feministin bezeichnet. Als eine, die Frauen und Männer als gleichbere­chtigt sieht. Die Frauen genauso viel zutraut wie Männern. Wobei man sich doch fragen darf, wie sie diverse Aussagen ihres Vaters akzeptiere­n kann. Ist das wirklich nur familiäre Loyalität?

Im Vorwort ihres Buches gibt sie jedenfalls eine Antwort darauf, warum sie (oder ihr Ghostwrite­r) über die Arbeit als Frau geschriebe­n hat: „Weil wir Frauen zwar schon viele Fortschrit­te gemacht haben, aber dennoch einen weiten Weg zu gehen haben. Ich möchte Lösungen anbieten, die Frauen ermutigen und ermächtige­n, ihr Bestes zu geben. Ich will, dass die Generation meiner Tochter anders über Arbeit denkt. Wie Sie bin ich eine Frau, die arbeitet – auf allen Ebenen meines Lebens.“Es klingt kitschig wie ein Märchen.

 ?? APA ?? Ivanka Trump verlässt mit Ehemann Jared Kushner und den drei Kindern die Air Force One.
APA Ivanka Trump verlässt mit Ehemann Jared Kushner und den drei Kindern die Air Force One.

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