Eine Wahlfarce mit gutem Ausgang
Irans Präsident Rohani wird zwar de facto auch in seiner zweiten Amtszeit wenig zu sagen haben. Doch immerhin stimmten seine Wähler für Reformen und gegen die Isolation ihres Landes.
Eines vorweg. Die iranischen Präsidentenwahlen sind weder frei noch demokratisch. Wer das System des Gottesstaates auch nur ansatzweise anzweifelt, landet nicht auf der Kandidatenliste, sondern im Gefängnis. Auch diesmal hat der Wächterrat wieder Hunderte Bewerber aussortiert und keiner einzigen Frau erlaubt, anzutreten. Die Hüter der Islamischen Revolution haben das Feld, auf dem ihre Bürger Demokratie spielen dürfen, eng begrenzt. Doch immerhin ist innerhalb dieser rigiden Schranken eine Wahl zwischen unterschiedlichen theokratischen Härtegraden möglich. Die Iraner haben sich dabei für die gemäßigtste Figur entschieden, die auf dem vorzensurierten Spielplan gestanden ist. Amtsinhaber Hassan Rohani hat die Wahlen schon im ersten Durchgang überraschend deutlich mit rund 58 Prozent gewonnen.
Das sind gute Nachrichten. Denn es hätte weitaus schlimmer kommen können. Sein Herausforderer, der stramm-konservative Ebrahim Raissi, hätte das Rad gern zurückgedreht. Doch die Iraner zogen es vor, sich und Rohani eine zweite Chance zu geben, auch wenn viele seiner Versprechen nach dem Atomabkommen unerfüllt blieben. Die iranische Wirtschaft wuchs im Vorjahr zwar um 6,5 Prozent. Doch unter dem Strich verbesserte sich die Situation für einen Großteil der Bevölkerung kaum oder gar nicht. Die Arbeitslosigkeit stieg sogar. Da lag Rohanis Achillesferse, auf die Raissi gezielt einschlug.
Trotzdem erlag die Mehrheit nicht den Sirenenrufen des reaktionären Klerikers, der erhöhte Direktzahlungen an Arme und eine anti-westliche Widerstandsökonomie angekündigt hatte. Zu groß war die Angst der Iraner, Raissi könnte sie zurück in die Isolation und in dunkelste gesellschaftspolitische Zeiten führen. Rohani ging im Wahlkampf geschickt an die Grenzen des Erlaubten und beschied seinem Rivalen, dass die Ära jener, die auf Hinrichtungen und Gewalt gesetzt hätten, vorbei sei. Die Offenheit erstaunte, denn Raissi, ein Ex-Staatsanwalt mit Blut an seinen Händen, war von Irans Oberstem Führer des Iran, Ayatollah Khamenei, protegiert. Rohani sind nun vier weitere Jahre gegönnt, um sein Reformwerk der kleinen Öffnungsschritte voranzubringen. Seine Durchschlagskraft ist freilich limitiert. Das letzte Wort hat stets Khamenei. Und die Erzkonservativen halten die Hebeln der Repressionsmaschinerie fest im Griff. Sie kontrollieren Justiz, Medien, die Sicherheitskräfte und letztlich auch die Außenpolitik, wie Irans eisenharte Interventionspolitik in Syrien, im Jemen und im Libanon zeigt.
Dennoch setzt die Wahl Rohanis in Zeiten globaler Radikalisierung ein gutes, weil mäßigendes Zeichen. Mit Raissi an der Spitze wäre der Iran womöglich nach innen und außen wieder voll auf Konfrontationskurs gegangen. Und ein solches Szenario kann sich schnell aufschaukeln, vor allem, wenn dem Mann im Weißen Haus nach den Kongresswahlen 2018 tatsächlich ein Amtsenthebungsverfahren drohen sollte. US-Präsident Trump, dessen erste Auslandsreise am Wochenende ausgerechnet zu Irans Erzrivalen Saudiarabien führte, wäre angesichts der Sonderermittlungen zu seiner RusslandConnection vermutlich jede Ablenkung und jeder Konflikt willkommen.