»Bienen sind in der Stadt sehr hip«
Die Zahl der Hobby-Imker wächst rasant – vor allem in der Stadt. Das kann einen lokalen Gegentrend zum Bienensterben bewirken.
Wenn es so etwas wie Trendtiere gibt, gehören Bienen definitiv dazu. Seit ein paar Jahren, seit Bienensterben zum großen Aufreger wurde, sind die Bienen, ihre Rettung und die Imkerei an sich vom schrulligen Hobby zum kleinen Hype bei Städtern geworden.
Kurse für Nachwuchsimker sind ausgebucht, Bienenstöcke stehen nun auf Balkonen und Terrassen mitten in der Stadt und Hotels etwa werben damit, ihren eigenen Honig auf dem Dach zu gewinnen. Auf dem des Hotels Daniel etwa wurde das Bienenprojekt (unter Aufsicht eines Imkermeisters) vor fünf Jahren mit zwei Kolonien gestartet, sukzessive aufgestockt und nun spricht man von einem „vollen Erfolg“. Auch auf dem Bundeskanzleramt oder dem Rathaus wurden Stöcke aufgestellt. Urban Beekeeping nennt man das dann.
„Bienen sind wieder sehr hip, sie haben vor allem in der Stadt ein sehr gutes Image“, sagt Bernhard Mayerhofer. Der Imker aus der Nähe von Tulln betreibt Hubees Imkerei und vermietet über bienenpatenschaft.at Bienenstöcke – auch an Wiener, die etwas gegen das Bienensterben tun wollen.
Ein Quadratmeter auf einem Balkon oder einer Terrasse reiche bei richtiger Ausrichtung. Auch wenn man daneben essen will, sei das kein Problem, sagt Mayerhofer. In Wien hat er aktuell etwa 50 Stöcke vermietet – wobei die meisten Mieter (die vom Imker begleitet werden) nach ein, zwei Jahren selbst zu imkern beginnen und sich einen eigenen Stock anschaffen. „Wir freuen uns über jeden Jungimker. Über jeden, dem es nicht reicht, über das Bienensterben zu jammern, sondern der selbst die Ärmel aufkrempelt.“Die meisten Mieter in der Stadt seien Leute, die Bienen als Hobby bzw. Haustiere sehen, denen es weniger um den Ertrag, denn um eine gewisse Naturnähe gehe.
Franz Spitaler vom Wiener Landesverband für Bienenzucht bestätigt den Trend: In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Mitglieder von 400 auf 740 fast verdoppelt. Diese Imker haben etwa 5500 Völker mit zur Hochzeit je 50.000 bis 60.000 Bienen. Von den 5500 Völkern stehen aber nur rund 2000 auf Wiener Stadtgebiet, der Rest ist in Niederösterreich. Dafür kommt noch eine unbekannte Dunkelziffer an Hobby-Imkern dazu, die nicht im Verband organisiert sind. Auch die Kurse, die der Verband anbietet, seien immer voll, sagt Spitaler. Die Anmeldungen befinden sich auf einem Rekordhoch. „Nicht herumpfuschen.“Unterschätzen dürfe man das Imkern auf dem eigenen Balkon nicht: Es sei bei Weitem nicht so, dass man einen Stock aufstellt und die Bienen dann sich selbst überlassen könne. „Um Gottes Willen, das kann gefährlich sein, auch im Bezug auf Krankheiten.“Gerade im Mai und Juni müsse man sich intensiv um sie kümmern. „Wenn man da herumpfuscht, tut das den Völkern nicht gut, und es ist auch eine Gefahr für andere Imker und deren Bienen.“Kümmert man sich nicht um Parasiten wie die Varroamilbe, könnten sich diese – die auch als Überträger von Viren gelten – auf andere Völker ausbreiten. Spitaler mahnt, nicht leichtfertig mit Bienen umzugehen, sondern immer Unterstützung von einem erfahrenen Imker oder vom Verband zu holen.
Wenn die Hobby-Imkerei seriös betrieben wird, bewirkt dieser kleine Hype in Wien einen lokalen Gegentrend zum Bienensterben: Es würden tatsächlich wieder mehr Bienen im Stadtgebiet beobachtet, sagt Spitaler. Schließlich heißt es mitunter, Bienen würden in der Stadt besser leben als auf dem Land, da sie hier ein breites Angebot an Blüten finden, das in intensiver Landwirtschaft fehlt. Ist die Stadt zur Bienenhaltung besser geeignet als das Land? So würde das Imker Mayerhofer nicht sagen. „Im Gegenteil, wir müssen auch auf dem Land wieder stärker die Zusammenarbeit mit den Bauern suchen.“