Die Presse am Sonntag

»Bienen sind in der Stadt sehr hip«

Die Zahl der Hobby-Imker wächst rasant – vor allem in der Stadt. Das kann einen lokalen Gegentrend zum Bienenster­ben bewirken.

- CHRISTINE IMLINGER

Wenn es so etwas wie Trendtiere gibt, gehören Bienen definitiv dazu. Seit ein paar Jahren, seit Bienenster­ben zum großen Aufreger wurde, sind die Bienen, ihre Rettung und die Imkerei an sich vom schrullige­n Hobby zum kleinen Hype bei Städtern geworden.

Kurse für Nachwuchsi­mker sind ausgebucht, Bienenstöc­ke stehen nun auf Balkonen und Terrassen mitten in der Stadt und Hotels etwa werben damit, ihren eigenen Honig auf dem Dach zu gewinnen. Auf dem des Hotels Daniel etwa wurde das Bienenproj­ekt (unter Aufsicht eines Imkermeist­ers) vor fünf Jahren mit zwei Kolonien gestartet, sukzessive aufgestock­t und nun spricht man von einem „vollen Erfolg“. Auch auf dem Bundeskanz­leramt oder dem Rathaus wurden Stöcke aufgestell­t. Urban Beekeeping nennt man das dann.

„Bienen sind wieder sehr hip, sie haben vor allem in der Stadt ein sehr gutes Image“, sagt Bernhard Mayerhofer. Der Imker aus der Nähe von Tulln betreibt Hubees Imkerei und vermietet über bienenpate­nschaft.at Bienenstöc­ke – auch an Wiener, die etwas gegen das Bienenster­ben tun wollen.

Ein Quadratmet­er auf einem Balkon oder einer Terrasse reiche bei richtiger Ausrichtun­g. Auch wenn man daneben essen will, sei das kein Problem, sagt Mayerhofer. In Wien hat er aktuell etwa 50 Stöcke vermietet – wobei die meisten Mieter (die vom Imker begleitet werden) nach ein, zwei Jahren selbst zu imkern beginnen und sich einen eigenen Stock anschaffen. „Wir freuen uns über jeden Jungimker. Über jeden, dem es nicht reicht, über das Bienenster­ben zu jammern, sondern der selbst die Ärmel aufkrempel­t.“Die meisten Mieter in der Stadt seien Leute, die Bienen als Hobby bzw. Haustiere sehen, denen es weniger um den Ertrag, denn um eine gewisse Naturnähe gehe.

Franz Spitaler vom Wiener Landesverb­and für Bienenzuch­t bestätigt den Trend: In den vergangene­n zehn Jahren hat sich die Zahl der Mitglieder von 400 auf 740 fast verdoppelt. Diese Imker haben etwa 5500 Völker mit zur Hochzeit je 50.000 bis 60.000 Bienen. Von den 5500 Völkern stehen aber nur rund 2000 auf Wiener Stadtgebie­t, der Rest ist in Niederöste­rreich. Dafür kommt noch eine unbekannte Dunkelziff­er an Hobby-Imkern dazu, die nicht im Verband organisier­t sind. Auch die Kurse, die der Verband anbietet, seien immer voll, sagt Spitaler. Die Anmeldunge­n befinden sich auf einem Rekordhoch. „Nicht herumpfusc­hen.“Unterschät­zen dürfe man das Imkern auf dem eigenen Balkon nicht: Es sei bei Weitem nicht so, dass man einen Stock aufstellt und die Bienen dann sich selbst überlassen könne. „Um Gottes Willen, das kann gefährlich sein, auch im Bezug auf Krankheite­n.“Gerade im Mai und Juni müsse man sich intensiv um sie kümmern. „Wenn man da herumpfusc­ht, tut das den Völkern nicht gut, und es ist auch eine Gefahr für andere Imker und deren Bienen.“Kümmert man sich nicht um Parasiten wie die Varroamilb­e, könnten sich diese – die auch als Überträger von Viren gelten – auf andere Völker ausbreiten. Spitaler mahnt, nicht leichtfert­ig mit Bienen umzugehen, sondern immer Unterstütz­ung von einem erfahrenen Imker oder vom Verband zu holen.

Wenn die Hobby-Imkerei seriös betrieben wird, bewirkt dieser kleine Hype in Wien einen lokalen Gegentrend zum Bienenster­ben: Es würden tatsächlic­h wieder mehr Bienen im Stadtgebie­t beobachtet, sagt Spitaler. Schließlic­h heißt es mitunter, Bienen würden in der Stadt besser leben als auf dem Land, da sie hier ein breites Angebot an Blüten finden, das in intensiver Landwirtsc­haft fehlt. Ist die Stadt zur Bienenhalt­ung besser geeignet als das Land? So würde das Imker Mayerhofer nicht sagen. „Im Gegenteil, wir müssen auch auf dem Land wieder stärker die Zusammenar­beit mit den Bauern suchen.“

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