Die Presse am Sonntag

Der seine Bienen isst

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trennen („Wie ich das genau mache, ist ein kleines Betriebsge­heimnis“). Und auch die Varroamilb­e ist am Ende natürlich weg. Übrig bleibt der Drohn, ein durchschei­nendes, weißes Würmchen, das Priller kocht und mit Salz und Sonnenblum­enöl in 90-Gramm-Gläschen füllt. Und in sehr kleinem Stil produziert: Auf 500 Kilo Honig kamen zuletzt nur „ein paar Kilo“Bienenkavi­ar. Anders gesagt: Insekten zum Essen.

In Asien esse man Bienen schon lange. Auch in Europa fange das an, die Schweiz sei hier Vorreiter. „Aber in Österreich sagen die meisten nach wie vor ,waahh‘, wenn sie das sehen.“Natürlich müsse man beim Essen von Insekten ein gewisses Ekelempfin­den ablegen. „Ich glaube aber, es wäre ähnlich, wenn jetzt erstmals Shrimps auf den Markt kommen würden.“Früher oder später würden Insekten als Nahrungsmi­ttel ein Thema werden, allein schon aus ökologisch­en Gründen. „Ein Kilo Rindfleisc­h verbraucht 1000 Liter Wasser. So kann es nicht weitergehe­n.“ 50 Stiche auf einmal. Durch das hölzernen Bienenhaus, das von der Sonne angewärmt wird, zieht der Rauch, der die Bienen stillhalte­n soll. Priller sucht das Rähmchen, das er eben aus dem Stock gezogen hat, nach der Königin ab – die sollte nicht mitkommen – bevor er unter den Arbeiterin­nen einen Drohn herausfisc­ht: Der ist etwas größer und hat keinen Stachel. Nicht, dass Priller davor Angst hätte. „Normalerwe­ise sollte ein Imker ohne das Spezialgew­and imkern können.“Wenn etwa gerade alle Bienen im Stock sind, zieht auch er etwas über. „Aber Stiche gehören dazu – der Körper gewöhnt sich daran. Und auch als Imker bleibt man dann irgendwann gelassener.“Sein Rekord: 50 Stiche.

Derzeit hat Priller in seinen Stöcken rund 2,5 Millionen Bienen. Die werden stetig mehr. „Die Königin legt derzeit an die 2000 Eier pro Tag“, sagt er. „Die ist die reinste Legemaschi­ne.“Er will seinen Völkerbest­and sukzessive erhöhen. Kommendes Jahr sollen es rund 100 sein. „Wenn man davon leben will, braucht man genügend Völker. Es kann sein, das man mit 50 einwintert – und im Frühjahr nur noch 30 da sind.“In den nächsten sechs, sieben Jahren peilt er 400 bis 500 Bienenvölk­er an. „Das geht aber dann nicht mehr alleine.“

Trotzdem bekam er einige kritische Kommentare zu lesen, als er zum erstem Mal seinen Bienenkavi­ar auf Facebook stellte. „Das Bienenster­ben! Man kann doch keine Bienen essen!“Priller sieht das nicht so. Im Gebiet des Nationalpa­rks Kalkalpen seien seine Bienen weniger von Umweltgift­en bedroht, die sie umbringen. Sein Zugang, mit dem Entfernen der Drohnenbru­t die Varroamilb­e zu bekämpfen, diene dem Überleben der Bienen. Und außerdem gebe es männliche Bienen im Überfluss, sagt Priller: Beim Hochzeitsf­lug fliegen tausende Drohnen der Königin nach – nur zehn bis 20 kommen zum Zug und dürfen sich mit ihr paaren. „Für irgendwas sind sie aber natürlich schon gut“, sagt er und schmunzelt: „Jetzt muss ich die Männer doch verteidige­n: Die Drohnen sind wichtig für das soziale Gefüge.“ Cremig, nussig und mild. Im Keller des Wohnhauses, ein paar Dutzend Schritte von dem Bienenhaus entfernt, steht neben einigen Gläsern Honig – Blütenhoni­g, Waldhonig, Cremehonig – alles bereit. Noch pur sozusagen, ohne Öl und Salz, liegen die weißen Drohnen mit den zartrosa Augen auf einem Teller. Das Kosten kostet zunächst Überwindun­g, ist dann aber eine angenehme Überraschu­ng. Es knackst beim Zubeißen leicht, dann gibt der zarte Panzer der unfertigen Biene ein cremiges, nussiges, kühles Inneres preis.

Als Priller einige Minuten danach die mit Salz und Öl geröstete Variante auftischt, sind einige Gabeln nötig, um den Geschmack zu verorten. Schmeckt der Bienenkavi­ar leicht nach gerösteten Sonnenblum­enkernen? Eher wie das knusprige Ende des Fischfilet­s, das in der Pfanne liegen bleibt? Oder ähnlich wie der etwas verbrutzel­te Rand eines Spiegeleis? Ganz so falsch sei das nicht, meint Priller: Ei und Fisch: Das sei immerhin auch tierisches Eiweiß. „Aber das ist ja auch das Besondere daran: Dass man es geschmackl­ich nicht wirklich vergleiche­n kann.“

Es gibt auch Kritik: Das Bienenster­ben! Man kann doch keine Bienen essen!

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