Die Presse am Sonntag

Jagd nach der Wahrheit im Washington­er Kartenhaus

Am kommenden Donnerstag wird der ehemalige FBI-Chef JŻmes Comey vor dem Kongress zu den Ermittlung­en seiner Behörde gegen US-Präsident Donald Trump aussagen. Es geht um mögliche Kooperatio­n mit Russland – und die Frage, ob Trump versucht haben soll, den F

- VON THOMAS SEIBERT (WASHINGTON)

Donald Trump ist der Schrecken der Drehbuchau­toren. Der Präsident stehle alle Ideen, klagte kürzlich die Schauspiel­erin Robin Wright, die in der Erfolgsser­ie „House of Cards“(Kartenhaus) an der Seite von Kevin Spacey die Ehefrau des ehrgeizige­n US-Politikers Frank Underwood verkörpert. Im „Kartenhaus“geht es um allerlei dunkle Seiten der Macht in Washington – und Wright macht sich Sorgen, dass die Fantasie der Serienschr­eiber schon bald von den tatsächlic­hen Abgründen der Trump-Regierung überboten wird. „Ich weiß wirklich nicht, was wir noch machen können“, sagte Wright über die Zukunft der Serie.

Mit ihrer Einschätzu­ng, dass das echte Drama in Washington die Grenzen der Vorstellun­gskraft übersteigt, steht Wright nicht allein. Der nächste Akt im absurd anmutenden Polit-Theater steht an diesem Donnerstag bevor: Der von Trump gefeuerte ehemalige FBI-Chef James Comey sagt vor dem Kongress zu den Russland-Ermittlung­en seiner Behörde aus und wird vielleicht auch zu der Frage Stellung nehmen, ob der Präsident versucht hat, diese Ermittlung­en zu beeinfluss­en.

Comeys Auftritt könnte den 45. Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten nach nur wenigen Monaten im Amt in erhebliche Schwierigk­eiten bringen, wenn sich aus der Aussage der Vorwurf der versuchten Strafverei­telung im Amt ergibt. Kein Wunder also, dass das politische Washington so gespannt auf den Auftritt des Ex-Polizisten wartet wie die Zuschauer auf eine neue Folge von „House of Cards“. Selbst die beteiligte­n Hauptperso­nen könnten glatt aus einem Hollywoodf­ilm stammen. Da sind Comey, der scheinbar aufrechte Gesetzeshü­ter, und der Veteran Robert Mueller, der als Sonderermi­ttler Licht ins Dunkel bringen soll. Da ist Michael Flynn, ein ehemaliger General und Trump-Vertrauter, der mit dem russischen Botschafte­r Sergej Kislyak mauschelte und Geld der türkischen Regierung einsteckte. Jared Kushner, der Schwiegers­ohn des Präsidente­n, soll ebenfalls vertraulic­he Kontakte zu den Russen gesucht haben. Und über allen thront Trump, ein selbstverl­iebter Multimilli­ardär mit langem Haar und kurzer Aufmerksam­keitsspann­e, der von Wladimir Putins Einmischun­g in den Wahlkampf profitiert haben soll. Neues WŻtergŻte. Bei den potenziell­en Folgen des Skandals trennen sich Wirklichke­it und Filmkuliss­e allerdings. Bei „House of Cards“holt sich der Zuschauer einfach noch ein Bier, wenn es spannend wird – im echten Drama stehen eine Präsidents­chaft, das Verhältnis von USA und Russland, und die Prinzipien der amerikanis­chen Republik auf dem Spiel. Längst wird die Russland-Affäre mit dem Fall Watergate verglichen, der 1974 den damaligen Präsidente­n Richard Nixon das Amt kostete.

Kurz vor Comeys Auftritt heizte ein wichtiger Akteur die Stimmung zusätzlich an: Wladimir Putin, der russische Datenspion­e auf die USA losgelasse­n haben soll, deutete erstmals einen Einflussve­rsuch seines Landes an. Möglicherw­eise seien „patriotisc­he“Hacker aus Russland am Werk, sagte der Staatschef. Dies erhärtet einen Verdacht, der bereits seit 2016 im Raum steht. Damals bemerkten US-Geheimdien­ste elektronis­che Angriffe auf das Mailsystem der Demokratis­chen Partei von Hillary Clinton. Kurz darauf erschienen auf der Enthüllung­splattform WikiLeaks einige Interna, die Clinton schlecht aussehen ließen. Die Bundespoli­zei FBI, die auch als Inlandsgeh­eimdienst fungiert, kam zu einer eindeutige­n Schlussfol­gerung: Russland sammelte im Wahlkampf Material gegen Trump und Clinton, ließ aber nur die für die ehemalige Außen-

Comeys Auftritt könnte den US-Präsidente­n in erhebliche Schwierigk­eiten bringen.

ministerin Clinton ungünstige­n Informatio­nen an die Öffentlich­keit.

Russische Regierungs­vertreter sollen sich gegenseiti­g gratuliert haben, als sich am 8. November der Sieg von Trump bei der Präsidents­chaftswahl abzeichnet­e. In einem Bericht wählten die amerikanis­chen Geheimdien­ste klare Worte: „Putin und die russische Regierung strebten laut unserer Einschätzu­ng an, die Wahlchance­n des designiert­en Präsidente­n Trump wenn möglich durch eine Diskrediti­erung von Clinton und einen für sie unvorteilh­aften öffentlich­en Vergleich mit ihm zu verbessern.“

Lächerlich, entgegnete Trump. Hier werde mit „Fake News“gearbeitet. Was die Einmischun­gsversuche angeht, sagte er: „Das kann auch irgendjema­nd sein, der in seinem Schlafzimm­er sitzt“und Computer angreift. Allerdings war Trump im Wahlkampf mehrmals mit sehr pro-russischen Bemerkunge­n aufgefalle­n; sein Wahlkampfm­anager Paul Manafort musste wegen angebliche­r Geschäftsv­erbindunge­n nach Russland den Hut nehmen.

Auch nach seinem Amtsantrit­t wurde Trump das Thema Russland nicht los. Sein Sicherheit­sberater Flynn

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