Die Presse am Sonntag

»Scharapowa wollte immer die Unverwundb­are sein«

Die ehemalige Weltrangli­stensieben­te Barbara Schett-Eagle vermisst die großen Persönlich­keiten im Damentenni­s. Die Dopingcaus­a um Maria Scharapowa sieht sie differenzi­ert, von Dominic Thiem schwärmt die Tirolerin.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Die Herrenszen­e befindet sich im Umbruch, begeistert mit dem Aufkommen der Jungen und der Rückkehr der Arrivierte­n. Täuscht der Eindruck oder herrscht auf Damenseite Stillstand? Barbara Schett-Eagle: Bei den Frauen tut sich auch einiges, aber eher abseits des Platzes. Serena Williams ist schwanger, Viktoria Asarenka kehrt nach ihrer Babypause bald zurück, Petra Kvitova´ hat nach dem Messerangr­iff aufuf sie bereits in Paris wieder gespielt. Dann ist da noch die Geschichte mit Maria Scharapowa. Und mit Angelique Kerber schwächelt die Nummer r eins der Welt. Einerseits ist das eine spannende Phase, weil der Ausgang der Turniere sehr offen ist, anderersei­tsrerseits wäre es auch wichtig, wieder mehrehr Persönlich­keiten zu haben. Bei den en Herren gibt es mehr davon. Warum ist das so? Ich glaube, das sind normale Zyklen. Zu meiner aktiven Zeit hat man die Top-Ten-Spielerinn­en wie Graf, Seles, Hingis oder Davenport sogar noch beim Vornamen gekannt. Dass die Spielerinn­en der heutigen Generation so fest in den Köpfen der Fans verankert sind, bezweifle ich. Aber ich sehe auch positive Entwicklun­gen. Die Dichte ist jetzt viel höher als noch vor einigen Jahren. Früher gab es in den ersten Runden noch einige „Blinde“, gegen die du eigentlich nicht verlieren konntest. Heute musst du bei jeder Spielerin aufpassen. Denken Sie, Serena Williams kehrt nochmals auf den Court zurück? Ich habe hier in Paris mit ihrem Coach, Patrick Mouratoglo­u, gesprochen. Er ist davon überzeugt, dass sie zurückkomm­en wird, obwohl auch eine Serena Williams ein Ablaufdatu­m hat. Ich glaube insgeheim ist es ihr Ziel noch einen Grand Slam als Mutter zu gewinnen, das haben vor ihr nicht viele geschafft. Physisch hat sie ein Comeback auf jeden Fall drauf. Wer ist in Abwesenhei­t von Serena Williams die Spielerin, die es in Paris zu schlagen gilt? Der Ausgang des Turniers ist offen wie noch nie. Es gibt einige Namen, die dafür infrage kommen. Switolina, Stosur, Kasatkina, Ostapenko, Kusnetsowa, Muguruza – man könnte ohne Probleme zehn Spielerinn­en nennen, weil es niemanden im Feld gibt, der so stark und konstant spielt, um ein sicherer Tipp zu sein. Es würde mich nicht wundern, würden wir ein neues Grand-Slam-Siegergesi­cht sehen. Die Tschechin Petra Kvitov´a hat nach der Messeratta­cke auf sie ein emotionale­s Comeback gegeben, früher als erwartet. Auch ich war überrascht, dass sie schon in Paris wieder spielen konnte. Und ich war schockiert, dass solch ein Überfall überhaupt möglich ist. Mir ist natürlich sofort die damalige Messeratta­cke auf Monica Seles (Hamburg 1993, Anm.) in den Sinn gekommen,

Barbara Schett-Eagle

wurde am 10. März 1976 in Innsbruck geboren. Seit 2007 ist sie mit dem früheren australisc­hen Profi Joshua Eagle verheirate­t. Die Tirolerin gewann in ihrer Karriere drei Einzel- und zehn Doppeltite­l. Auf Grand-Slam-Ebene war für Schett-Eagle das Erreichen des USOpen-Viertelfin­als 1999 der größte Erfolg.

bestes Ranking

Ihr erreichte Schett-Eagle im September 1999 mit Platz sieben. Auch im Doppel (Platz acht, Januar 2001) stand sie in den Top 10. Seit zwölf Jahren arbeitet Schett-Eagle als für Eurosport. Ihr favorisier­tes GrandSlam-Turnier sind die Australian Open, „dort sind die Leute super entspannt“.

Moderatori­n

Die besten

sind Roger Federer und Novak Djokovi´c. „Ihnen musst du nur das Mikrofon hinhalten. Wortgewand­te, total nette Typen.“Anders ist das etwa mit Kei Nishikori. „Ihm musst du jede Antwort aus der Nase ziehen.“

partner Interview-

auch wenn es bei Kvitova´ eine andere Situation war. Seles hatte lang danach noch Angst davor, dass sie wieder attackiert werden könnte. Ich glaube, dass Kvitova´ noch längst nicht alles verarbeite­t hat. Man hat gesehen, wie emotional sie auf dem Platz gewesen ist. Aber Tennis hilft ihr ein Stück weit sicher dabei, diese Geschichte zu verarbeite­n. Die Causa der von einer Dopingsper­re zurückgeke­hrten Maria Scharapowa erregt die Gemüter. Viele Turniere statten sie mit einer Wildcard aus, die Veranstalt­er der French Open haben ihr diese verwehrt. Welchen Standpunkt nehmen Sie ein? Es gibt zwei Gedanken, aus Spielerinn­en- und Veranstalt­ersicht. Ich bin für das WTATurnier in Linz Turnierbot­schafte schafterin, in dieser Rolle sage ich: „Natür „Natürlich würde ich Scharapowa eine Wildca Wildcard geben.“Speziell kleinere WTA-T WTA-Turniere sind froh, einen solchen Namen präsentier­en zu können, sie ist immer noch eine Ticket-Sellerin, füllt die Ränge. Aus ethischen Gründen würde ich ihr keine Wildcard zugestehen. Wenn jemand gedopt hat, egal, in welcher Form, sollte die Person nicht von jedem eingeladen werden. Roland Garros kann es sich leisten, Scharapowa keine Wildcard zu geben, weil sie sowieso volles Haus haben. Unter den Spielerinn­en hat sich eine große Anti-Scharapowa-Front gebildet. Einige wie Eugenie Bouchard oder Dominika Cibulkova´ haben sich auch öffentlich dazu geäußert, ja. Scharapowa war und ist unter den Kolleginne­n aber nicht wahnsinnig beliebt, sie schließt auch keine Freundscha­ften im Tenniszirk­us, ist gegenüber den anderen sehr kühl. Scharapowa selbst sagt, die Missgunst der Kolleginne­n sei ihr egal. Glauben Sie ihr? Sie macht sich bestimmt ihre Gedanken, aber viel wichtiger ist ihr das Vertrauen ihres Teams, zu dem sie ein ungemein enges Verhältnis pflegt. Sie baute sich damit immer schon ein bisschen einen Schutzschi­ld auf, wollte immer die Unverwundb­are sein. Scharapowa verkörpert­e stets die Unnahbare, das steuerte sie ganz bewusst so. Vielleicht, damit die Spielerinn­en sogar ein bisschen Angst vor ihr haben. Abschließe­nd: Trauen Sie Dominic Thiem in Paris sogar den ganz großen Coup zu? Außer Nadal sehe ich derzeit niemanden, der über ihn zu stellen ist. Es kann wirklich alles passieren. Dominic beherrscht jeden Schlag, bei ihm ist noch lang kein Ende in Sicht. Also ist auch die Spitze der Weltrangli­ste keine Illusion? Das steht im Hinterkopf sicherlich auf seiner To-do-Liste. Spätestens dann, wenn Federer und Nadal aufgehört haben, wird das ein Thema werden.

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