Die Presse am Sonntag

Noch einmal in die Tasten hauen

Wer wieder einmal auf einer Handytasta­tur tippen will, für den hat Blackberry jetzt endlich ein vernünftig­es Androidger­ät auf Lager. Das neue KeyOne.

- VON NIKOLAUS JILCH

Dieser Text hätte eigentlich auf der Tastatur des neuen Blackberry-Modells namens KeyOne entstehen sollen. Als Meta-Schmäh, der eh nicht sehr originell gewesen wäre. Aber egal. Es kam anders. Vorweg: Wer eine echte, physische Tastatur sucht, wird beim KeyOne endlich wieder fündig. Das Ding hat seine Vor- und Nachteile, aber unter Tastaturha­ndys ist es konkurrenz­los.

Wer aber bloß glaubt, die Tastatur zu vermissen, sollte das KeyOne testen, bevor er es kauft. Es ist so: Nach Jahren mit virtuellen Keyboards sind wir alle konditioni­ert. Und auch wenn es oft zu Fehlern kommt oder die Autokorrek­tur „Danke“auf „Doofsack“ausbessert – dieses Auf-Glas-Tippen funktionie­rt im mobilen Bereich sehr gut.

Aber dennoch: Wer Blackberry kennt, unbedingt eine Tastatur will und sich nicht an Android stört, kann sich das KeyOne getrost holen. Es ist das letzte Handy, das noch von Blackberry­Designern entworfen wurde. Gebaut wird es in China bei einem Lizenzpart­ner. Das ist zuerst einmal ein Vorteil, denn die Verarbeitu­ngsqualitä­t liegt deutlich über der des ersten Blackberry-Androidger­ätes Priv. Schwer. Auch versucht das KeyOne erst gar nicht, sich mit Gaming- oder Multimedia­smartphone­s anzulegen. Der Fokus liegt ganz klar bei den BusinessNu­tzern. Bei Leuten, die E-Mails und Berichte und solche Sachen schreiben müssen, während sie auf die U-Bahn warten. Wobei man sich schon fragen muss: Wer schreibt eigentlich mehr am Handy? Ein Manager, der zum KeyOne greift? Oder seine zwölfjähri­ge Tochter, die gezählte 23 WhatsApp-Gruppen am Laufen hat und trotzdem auf einem iPhone besteht?

Sei’s drum. Das KeyOne schlägt die meisten anderen Smartphone­s locker im Akku-Bereich. Das liegt aber auch am eher schwachen Prozessor (Snap- dragon 625), der wenig Strom verbraucht. Auch Aufladen geht extrem schnell. Der Strom kommt über ein USB-C-Kabel. Der fette Akku trägt aber zum erhebliche­n Gewicht des KeyOne bei. Zwar liegt es gut in der Hand, aber mit 180 Gramm ist es deutlich schwerer als etwa ein iPhone (138 Gramm).

Die Kamera ist sehr gut, was untypisch für Blackberry­s ist. Der Fingerprin­tsensor ist in der Leertaste der Tastatur versteckt und leistet hervorrage­nde und schnelle Arbeit. Die Tastatur an sich ist zwar ein bisschen schmäler, als wir es von den eher breiten klassische­n Blackberry-Geräten kennen. Sie lässt sich aber trotzdem gut bedienen – auch wenn man gegenüber einem Touchscree­n anfangs noch massive Geschwindi­gkeitseinb­ußen sieht. Dafür aber auch weniger Tippfehler. Jede Taste lässt sich doppelt belegen – etwa mit einer App, einem Kontakt oder einer Aktion. Dazu gibt es einen eigenen Knopf an der rechten Seite, der sich ebenfalls frei belegen lässt. Anders als etwa der Knopf am Samsung S8, der den Nutzer leider fix zum Samsung Assistente­n führt. Abwechslun­g. Zwar packt man eine eigene Software-Suite auf das KeyOne – aber die Blackberry-Apps sind durchwegs praktisch und verbrauche­n auch nicht soviel Platz wie das bei anderen Hersteller­n der Fall ist. Als Betriebssy­stem läuft Android 7.1 – und zwar praktisch ohne Veränderun­gen, was eine angenehme Abwechslun­g darstellt. Der Bildschirm ist leider ein wenig mau, wenn man AMOLED gewohnt ist. Fazit: Blackberry ist wieder da – und bringt Abwechslun­g in die langweilig­e Welt der Smartphone­s.

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Reuters Mit dem KeyOne gibt es wieder ein Tastatur-Handy.

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