Die Presse am Sonntag

Lachen als Therapie – und Lösung in der Not

Lachyoga, Clowndocto­rs und Co. War Lachen früher verpönt, wird es jetzt gezielt zur Therapie eingesetzt.

- VON EVA WINROITHER

Die Übung sieht befremdlic­h aus. Da steht eine Gruppe Menschen in einem lichtdurch­fluteten Trainingsr­aum – Männer wie Frauen, Alte wie Junge, die Körper in bunten Jogginghos­en und T-Shirts – und schreien, wiehern, lachen ausgelasse­n. Die Trainerin ist kurz davor leicht in die Hocke gegangen, hat ihren rechten Arm im Kreis geschwunge­n, den Mund geöffnet, zuerst zu einem „Haaa“, dann zu einem lauten „Haahhahaha“bis am Ende die ganze Gruppe in ein gekünstelt­es, schallende­s, in jedem Fall lautes Lachen ausgebroch­en ist.

Dem Körper ist das angeblich egal. Das Gehirn kann nicht zwischen künstliche­m und echtem Lachen unterschei­den. Es produziert in jedem Fall Glückshorm­one. Außerdem würde falsches Lachen bald in echtes Lachen umschlagen. Das behauptet zumindest der indische Arzt Madan Kataria. Er gilt als Vater des Lachyoga, bei dem Yogamit Lachübunge­n verbunden werden. Die Trainerin, die sich mit ihrer Gruppe filmte und das Video online stellte, führt es ebenso aus wie die Lachyogagr­uppen und -clubs, die im Internet in Wien schnell zu finden sind.

17 Muskeln im Gesicht und achtzig im ganzen Körper spannen wir an, wenn wir lachen. Wenn Kinder ihre Eltern und Partner sich gegenseiti­g zum Lachen bringen, dann lässt das viel über gesunde Beziehunge­n sagen. Studien belegen, dass das Lachen einen Menschen sympathisc­h wirken lässt – das ist wichtig beim ersten Eindruck. Und nicht wenige Menschen sagen, dass sie das Lachen anderer lieben. La- ´Elisabeth-Louise Vig´ee Le Brun (1755–1842) Es ist keine Schande, wenn man den Namen der Malerin dieses Selbstport­räts (unten) nicht kennt, obwohl sie in zahlreiche­n Museen vertreten ist. Colin Jones hat ihr mit seinem Buch „Die Revolution des Lächelns“ chen wird auch über alle Kulturen hinweg verstanden – wenn es echt und ehrlich ist. Denn auch das Lächeln hat verschiede­ne Facetten, von der Schadenfre­ude bis zum hysterisch­en Lachanfall, zum gekünstelt­en Fotolächel­n, das manche als besonders nervig empfinden. Wo früher (siehe Artikel links) das Lachen verpönt war, wird es jetzt regelrecht gesellscha­ftlich erwartet. Lachen muss sein. Strahlende­s Lächeln ist unter anderem Indikator für einen gesunden, attraktive­n, erfolgreic­hen

Das Gehirn unterschei­det angeblich nicht, ob das Lachen echt oder falsch ist.

Menschen. „Lach doch mal“, hat der „Dance with the Stars“-Moderator zur amerikanis­che Spitzentur­nerin Simone Biles gesagt. Die lächelte breit und antwortete spitz: „Durch das Lachen gewinnt man keine Goldmedail­lien.“

Lachen ist eben auch ein Geschäft. Was sich etwa beim Wunsch nach weißen Zähnen und Ratgebern zeigt, die einem verspreche­n, in dunkeln Zeiten wieder die kleinen, positiven Dinge zu entdecken. Ob das funktionie­rt, sei dahingeste­llt. Einig ist man sich aber bei einem: Lachen hilft dabei, mit Problemen fertig zu werden. Die Clowndocto­rs setzen darauf, wenn sie schwerkran­ken Kindern im Krankenhau­s wieder Lebensmut geben. Wer in furchtbare­n Situatione­n noch lachen kann, der hat schon viel geschafft. (Reclam, 2017) ein Denkmal gesetzt. Dass ihre Modelle lächelten, war für ihre Zeit eine kleine Revolution. Heute fordert jeder Fotograf dazu auf zu lächeln, Stars lassen sich ihre Zähne bleachen. Keiner weiß, dass am Anfang diese Frau stand.

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