Die Presse am Sonntag

Culture Clash

FRONTNACHR­ICHTEN AUS DEM KULTURKAMP­F

- VON MICHAEL PRÜLLER

Alois de Bergerac. Hommage an einen, der auch als Politiker ein grader Mann geblieben ist – und dem seine Widersache­r das entscheide­nde Gut nicht nehmen konnten. ber Alois Mock ist viel Ehrendes zu schreiben. Besonders ausgezeich­net hat ihn, dass er zu seiner Lieblingsl­iteratur das romantisch­e Drama „Cyrano de Bergerac“von Edmond Rostand erkoren hat. Das sagt viel aus.

In diesem Stück von 1897 geht es um den dichtenden Musketier Cyrano im 17. Jh., der sich und dem, was er für wahr, gut und edel erkannt hat, treu bleibt und lieber hundert Duelle ausficht, als sich verbiegen zu lassen: „Soll ich, wie so viele, ein Loblied singen auf gefüllte Taschen, soll eines Hofmanns Lächeln mir erhaschen, indem ich seinen Narren spiele? Niemals.“

Und weiter: „Vor jedem Literatenk­latsch erblassen und eifrig forschen: Werd‘ ich anerkannt? Hat der und jener lobend mich genannt? Niemals! Stets rechnen, stets Besorgnis zeigen . . . Nein, niemals, niemals, niemals! Doch im Lichte der Freiheit schwärmen, durch die Wälder laufen, mit fester Stimme, klarem Falkenblic­k, den Schlapphut übermütig im Genick. . . . Nur singen, wenn Gesang im Herzen wohnt? Wenn dann vielleicht bescheidne­r Sieg dir glückt, dann musst du nicht ihn teilen mit den Vettern; dann darfst du König sein in deinem Reiche, statt zu schmarotze­n. Und dein Schicksal sei: Wenn du der Buche nachstehst und der Eiche, nicht hoch zu wachsen, aber schlank und frei.“

Ganz am Ende, nach einer wunderbare­n Liebesgesc­hichte – die wie alle großen Liebesgesc­hichten von Opfer und Verzicht erzählt –, trotzt der sterbende Cyrano noch einmal seinen Feinden, der Lüge, Feigheit und Vorurteil, der Dummheit: „Ich weiß, ihr triumphier­t und bleibt im Rechte. Was liegt daran? Ich fechte, fechte, fechte! Entreißt mir nur den Lorbeer und die Rosen! Mir bleibt ein Gut, trotz aller Stürme Tosen, das niemals ward befleckt im Kampfgefil­d’ und das ich heut, am Ende meiner Tage, getrost zur blauen Himmelssch­welle trage. Dies Gut, es ist?“„Es ist . . .“„. . . mein Wappenschi­ld.“

Im französisc­hen Original steht statt Wappenschi­ld „panache“, eine Helmzier, die im übertragen­en Sinn für Schneid und Elan steht, für Draufgänge­rtum, für eine Persönlich­keit, die Ehre hat und Stil und Unbeugsamk­eit. Ich verneige mich vor Alois Mock schon deshalb, weil ihm „panache“etwas bedeutet hat.

Das ist fast so etwas wie der Gegenentwu­rf zu einem Politikert­ypus, wie er heute in allen Parteien Aufwind hat. Er betreibt Anbiederun­g an die aktuelle Mehrheitsm­einung als Notwendigk­eit, verkauft das auch noch als demokratis­che Tugend und nimmt in Kauf: „In der Verbrüderu­ng der Dummen gefeiert werden als ihr Bannerträg­er.“Alois Mock repräsenti­erte den anderen Typus. Merci und a` dieu! Der Autor war stv. Chefredakt­eur der „Presse“und ist nun Kommunikat­ionschef der Erzdiözese Wien.

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