Macron und die Coverboys der Politikmoden
Drei Politikertypen waren zuletzt en vogue: rabiate Populisten wie Trump, kauzige Altlinke wie Sanders & Corbyn und nun Zentristen `a la Macron. Sie alle verkörpern die Sehnsucht nach Veränderung.
Gesellschaften im Umbruch suchen nach Politikern, die zur Stimmung passen. Das wusste schon der gute alte Chateaubriand, ein ziemlicher Opportunist übrigens, doch anders ließen sich Französische Revolution, Napoleon etc. kaum überleben. „Wer der Mann des Landes sein will, muss zuerst der Mann seiner Zeit sein“, meinte der Schriftsteller, Politiker und Diplomat schon vor 200 Jahren.
Jüngst hat Frankreichs neuer Präsident, Emmanuel Macron, das Sprüchlein bei der Angelobung mit auf den Weg bekommen. Eine treffende Zitatauswahl. Denn dieser Mann ist auf der Höhe seiner Zeit. Im internationalen Katalog der Politikmoden ist Macron derzeit der Coverboy. Sein Aufstieg ist phänomenal. In wenigen Monaten stampfte der ehemalige Protege´ des sozialistischen ExStaatschefs Francois¸ Hollande eine eigene Bewegung aus dem Boden und gewann aus dem Stand die Präsidentenwahl. Und bei den Parlamentswahlen greift der 39-Jährige nun nach der absoluten Mehrheit. Das hätte vor ein paar Monaten niemand für möglich gehalten. Macrons Kraft kommt aus der Mitte. Günstige Wechselfälle gaben ihm Rückenwind: der Niedergang der Sozialisten und die Nepotismus-Affäre des konservativen Francois¸ Fillon, der normalerweise in die Stichwahl gegen die rechtsnationale Marine Le Pen vorgedrungen wäre. Doch Macron nützte vor allem eine starke – weltweite – Strömung: den Verdruss über Reformblockaden und Politiker alten Stils. Der Ex-Wirtschaftsminister gab den Anti-Politiker und verbreitete ein lang vermisstes Gefühl: Zuversicht. Imagetechniker. Wie einst Barack Obama trat der gewiefte Imagetechniker mit unbestimmten Inhalten eine Welle des Optimismus los. Das erzeugt Energie, öffnet Chancen für Erneuerung. In die Arena steigen nun auch Laien, die es sich davor auf den Zuschauerrängen bequem gemacht haben. Ob sie tatsächlich in der Lage sind, das System umzuformatieren und neu aufzusetzen? Man darf daran zweifeln, dass Macron die messianischen Erwartungen erfüllen kann. Doch der Versuch allein hat etwas Mitreißendes.
Die globalen Politikmoden wechseln momentan fast schneller als die Jahreszeiten. Ein Zeichen für unruhige Zeiten. Zu Beginn des Frühlings noch schien der Aufstieg aggressiver Rechtspopulisten unaufhaltsam. Doch mit jedem weiteren Amtstag Donald Trumps wurde sein Beispiel abschreckender. Nun folgen eben die zuversichtlichen Zentristen. Doch auch kauzige Altlinke wie Jeremy Corbyn oder Bernie Sanders sind erstaunlich en vogue bei Teilen der Jugend, die Sehnsucht nach authentischer Prinzipientreue und revolutionärem Geist zeigt. Alle drei Politikertypen versprechen Veränderung. Da vergisst man fast, dass immer noch ein viertes, klassisches Modell am Start ist – Marke Merkel, die das Land im Volksparteien-Omnibus durch unstete Zeiten führt. Moden vergehen, Merkel bisher nicht.
Die österreichischen Wahlkämpfer werden wohl eine Melange servieren: mit teilweise umlackierten Altparteien und Spitzenkandidaten, die ein bisschen Macron-Spray auftragen oder die Trump-Welle verdecken und allesamt Anti-Politiker mimen. Internationale Mode auf Österreichs Wahllaufsteg.